EIGHTYTHREE

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Harrys PoV

Verdammt, ich glaube so viele Gedanken habe ich mir nie um etwas oder jemanden gemacht! Und sogar ich wusste mit der doch nun etwas neuen Situation nicht so richtig umzugehen. Sollte ich mich jetzt ihr gegenüber anders verhalten, würde sie es auch wollen, dass ich sie küsse und berühre, wenn ich das Bedürfnis danach habe? Aber sie hat immer sehr großen Wert auf die Professionalität gelegt. Bestimmt findet sie es besser, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Auch, wenn es mir beinahe unmöglich scheint, sie zu sehen, mit den Gedanken an unsere gemeinsame Nacht, und so zu tun, als ob ich an den Job denke. Ich glaube, jeder andere an meiner Stelle hätte von sich behauptet, etwas ernsthaftes zu empfinden, und allerdings waren diese Gefühle für mich neu und noch nie da gewesen.
Ich putzte mir nach dem Duschen schnell die Zähne.
Ja, wahrscheinlich wäre es auch zuviel, sich jetzt wie ein frisch gebackenen Pärchen anzusehen und ständig zu küssen und Händchen zu halten. Ich bin sowieso nicht der Typ für so kitschige Zeugs. Und schließlich haben wir nur miteinander geschlafen und uns nicht verlobt und drei Kinder versprochen, mit denen wir in ein Einfamilienhaus auf dem Lande ziehen und für immer dort glücklich zusammenleben, oder? Ich hoffe, sie erwartet jetzt nicht zuviel, das wäre Gift für unser Verhältnis zueinander. Alles in allem war ich wahrscheinlich wirklich nicht die Person, die in so einer Lage weiß, was zu tun ist. Deswegen tat ich das, was ich am besten tat, und verhielt mich wie immer. Schließlich würde es dann auch so sein, wie vorher, und so schlecht lief es ja zwischen uns beiden nicht, sonst wären wir uns gestern nicht so nahe gekommen... Ja, das ist das Beste. Wir tun so, als ob nichts großes gewesen ist, auch, wenn es ihr vermutlich noch schwerer fallen würde, als mir... Da ich nunmal doch ein kleines Machoarschloch sein kann und sie eher das weichere Herz hat.

Schließlich kam auch sie fertig aus dem Badezimmer und ohne ein weiteres Wort zu wechseln liefen wir ins Restaurant zum Frühstück.

Catys PoV

Ich stellte mir die ganze Zeit über so viele Fragen. Die wichtigsten waren wahrscheinlich, wie er denn fühlt und denkt, und sich den weiteren Werdegang mit uns vorstellt? Er wirkte während des Frühstücks auch nachdenklich, aber eher kühl und abweisend, er nahm meine Hand nicht, versuchte auch nicht, mich zu küssen und sah mir verdammt nochmal nicht mal länger als für einen Bruchteil einer Sekunde in die Augen! Zumindest ein bisschen mehr hätte ich mir erhofft. Entweder, er war wirklich so ein großes Arschloch, oder er machte sich genauso viele Gedanken wie ich, und wusste nicht so recht. Die Chance stand bei 50:50. Jedenfalls haben wir uns mit Alex und den anderen verabredet, um zu einer Adresse zu fahren, bei der sie einen Unterschlupf vermuteten. Das wäre natürlich super, wenn wir mehr Leute aus der Bande fassen würden, denn irgendwann ist der Kopf des Kartells nicht mehr so weit entfernt...

Als wir auf dem Parkplatz ankamen, eine Straße von der Adresse entfernt, begrüßten wir Alex, Nick und Erik knapp und besprachen unser Vorgehen. Harry und ich hatten die ganze Fahrt über nicht miteinander geredet. Ich hatte auch wirklich keine Ahnung, was ich sagen sollte. Erst kurz bevor wir ankamen meinte er, dass er später nochmal weg muss, und ich sagte nur 'Okay.'.
Von allen dreien war mir definitiv Nick am sympathischsten, Erik wirklich sehr zurückhaltend, dafür ein ziemlicher Kraftbolzen, und Alex war einfach der totale Macho, hatte, wie ich wusste, keinen Anstand, offensichtlich war er auch nicht sehr humorvoll und irgendwie konnte ich ihn in keinster Weise sympathisch finden. Ein Glück, dass wir wirklich nur noch ein kleines bisschen zusammen arbeiten müssen...

"Also dann, ich würde sagen, zwei bleiben draußen und beobachten die Lage, und die anderen drei gehen rein und checken die Lage ab, ob jemand da ist, den wir festnehmen können, oder anderes Beweismaterial zu finden ist." sagte Harry, nachdem wir alle verkabelt waren und wir uns diesmal alle kugelsichere Westen angezogen hatten.

"Meinetwegen bleib ich draußen, ich denke mal, dass ihr da drinnen bessere Arbeit tun werdet, als ich. Ihr seid nunmal die Profis. Dafür, denke ich, werde ich euch zuverlässig Rückendeckung geben können und hier draußen alles genau beobachten." sagte ich und sah fragend zu den anderen. Nick lächelte mich nur zustimmend an, Erik nickte nachdenklich und Harry spielte an seiner Pistole herum, würdigte mich keines Blickes.

"Gute Entscheidung, Süße. Offenbar kennst Du deine Stärken und Schwächen, lass das mal die Männer machen." sagte Alex und grinste selbstgefällig. Ich spürte so allmählich ein bisschen Wut in mir hochkommen, aber verkniff mir ein Kommentar und sah ihn nur unbeeindruckt an.

"Ich verzichte auch, war letztens schon mitten drin, als wir ein paar wichtige Leute von denen festgenommen haben, ich lass euch gern den Vortritt." sagte nun Nick und lenkte damit ein wenig von Alex überflüssigen Worten ab. Harry schwieg und schien gar nicht so richtig zuzuhören, Erik entsicherte seine Waffe und ging weiter, Alex hinterher und wir anderen folgen ihnen.

"Alles klar, das klingt schon fast nach einem Plan. Nick, Caty-" sagte Harry nun, stoppte bei meinem Namen kurz und sah mich nachdenklich und fast etwas besorgt an,

"-dann sucht euch mal sichere Positionen aus, von denen aus ihr eine gute Sicht auf den Eingang und die nähere Umgebung habt." sagte er und inzwischen waren Erik und Alex schon weiter gegangen. Nick folgte ihnen und es entstand ein kleiner Abstand zwischen ihnen und Harry und mir. Ich vermied es, ihn anzusehen, doch bemerkte seinen Blick von der Seite.

"Ich hoffe, das ist okay so für dich. Wenn du nur still beobachtest, sollte dir nichts passieren. Falls irgendetwas ist..." sagte er leise, sodass die anderen nichts davon mitbekamen.

"...dann gib Bescheid. Solange ich auch nur irgendwie in der Nähe bin, setze ich alles daran, dass dir nichts passiert." sagte er besorgt und wir sahen uns kurz in die Augen. Ich nickte. Es geht ja nicht nur um meine Sicherheit - wenn ihm was passiert, wäre das genauso furchtbar!
Wir waren nun fast bei den anderen angekommen, die an der Ecke auf uns warteten, damit wir loslegen können.

"Pass bitte auf dich auf, Harry. Dir darf nichts passieren..." sagte ich noch schnell leise zu ihm und sah ihm in die Augen. Ich durfte gar nicht daran denken, dass er sich eventuell in Gefahr bringen könnte...Er zwang sich ein kleines Lächeln ab.

"Mir wird sicher nichts passieren. Ich muss schließlich noch ne ganze Weile auf dich Acht geben, da kann ich es mir gar nicht erlauben, abzukratzen." sagte er, versuchte mich damit zu beruhigen und wir kamen bei den anderen an.

"Also, das da drüben ist es, ich würde sagen, die beiden gehen unauffällig vor und verschaffen sich ein grobes Bild, gehen in Deckung und geben uns ein Zeichen, sodass wir reingehen können." sagte Alex und sah erst Nick und dann mich an. Wir nickten uns zu und schon liefen Nick und ich gemeinsam los, nicht zu schnell, und wir hatten Glück, dass es eher in einer ruhigen, eher unbefahrenen Seitenstraße lag. Wir schlichen uns an und während Nick sich hinter einem Busch in Deckung brachte, versteckte ich mich hinter der nächsten Ecke des Zauns, an die eine kleine Mauer angrenzente.

"Okay, ich würde sagen, ihr könnt loslegen. Falls sich hier draußen etwa tut, erfahrt ihr es sofort." funkte Nick den anderen zu und schon gingen sie auf den Eingang zu und Erik brach die Tür auf, sodass alle drei ins Haus verschwinden konnten. Wer weiß, was sie da drinnen erwarten würde, ob sie nur ein verlassenes Haus vorfinden? Leer? Oder wirklich Spuren und Beweismittel finden? Was, wenn dort jemand ist, wenn da wirklich Männer von der Bande drin sind, sind sie sicher auch bewaffnet... Ich hoffte so sehr, dass sie dort heil rauskommen, ohne Schwierigkeiten, ohne Schießerei. Und vor allem wollte ich Harry nicht verletzt sehen müssen... Oder schlimmer. Bei dieser Vorstellung drehte sich mein Magen um und mir wurde schwindelig. Mein Herz schlug heftig. Ich spürte fast jeden seiner Schritte, die sich so langsam von mir entfernten, und hoffte mit jedem, dass es der letzte weiter hinein in dieses Haus gewesen ist, und er wieder zurück zu mir, wieder nach draußen, kommt...

the job [h.s.] #Wattys2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt