EINLEITUNG

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Catys PoV

"Guten Morgen mein Engelchen." sagte Taylor als ich fast fertig angezogen in die Küche kam und gab mir einen kleinen Kuss auf die Wange.

Was für ein Spießer er manchmal sein konnte... Upps, das waren echt die falschen Gedanken über meinen Freund! So schlimm war es ja auch nicht. Ich wusste definitiv, dass ich mich glücklich schätzen konnte, so jemanden zu haben! Er war sehr lieb und für viele Mütter wahrlich ein Traum von Schwiegersohn. Dennoch würden mir eine herzliche Umarmung und ein richtiger Kuss am Morgen nicht missfallen...

"Morgen." sagte ich leicht lächelnd und machte mir eine Tasse Kaffee.

Ohja, Kaffe konnte definitiv einen Morgen retten, besser gesagt jeden Morgen! Am besten mit Zucker und Milch.

Aber es war schon manchmal kompliziert, morgens an einen Kaffe zu kommen, wegen dieser ultra-modernen Hightech-Kaffeemaschine, okay, das solide Wort 'Kaffeemaschine' klang schon fast abwertend für dieses teure Designerteil, das natürlich sein musste, weil hier alles so mega moderne und teuere Designerteile waren, die das ganze Haus, in dem Taylor und ich lebten, bestückten. Besser gesagt, Haus in dem Taylor lebte, da ich erst vor drei Wochen richtig zu ihm gezogen war.

Ganz ehrlich: von Tag zu Tag wurde es nerviger, immer jedes Knöpfchen behutsam zu drücken und aufzupassen, nicht seine ganzen Handabdrücke auf den Hochglanzfronten zu hinterlassen, aber so lebte er eben, und die einzige Möglichkeit zu entkommen war meine Arbeit, die ich wirklich liebte. Die war ehrlich gesagt oft spannender als man denkt, und es war schon ein cooles Gefühl, echte Gerichtsprozesse gegen die Schuldigen zu gewinnen und als verdienter Gewinner den Verlierern ins Gesicht zu grinsen. Okay, klingt arroganter als es ist, und wirklich oft, also, eigentlich nie, grinse ich den Verlierern ins Gesicht, aber es machte mich einfach stolz.

Inzwischen hatte ich den Kaffee ausgetrunken und packte mir etwas zum Essen ein.

Die Sachen musste ich natürlich erstmal in dieser riesigen Küche und in diesem riesigen Kühlschrank mit mindestens achtzig Fächern finden.

Dann packte ich meine Aktentasche, zog mir meine Schuhe an und schnappte mir meine Jacke.

"Bis dann, Tay." sagte ich leicht lächelnd und küsste ihn kurz.

Wie immer fühlte ich keinerlei Schmetterlinge tanzen oder ein klischeehaftes Kribbeln oder sowas, denn es war Routine. Wir konnten einander vertrauen und wir waren ein super Team, das war doch besser und bedeutender als alles andere, oder?

"Bis dann." sagte er lächelnd, ich verließ das hyper-moderne-architekten-prollo Haus, stieg in meinen schnuckelig kleinen schwarzen Wagen und fuhr los ins Büro.

Dieses Auto kaufte ich mir von meinen ersten Gehältern, die ich verdient hatte, da wohnte ich noch in einer WG mit meinen besten Freundinnen Anni und Franzi, welche es nach dem Studium aber erstmal in verschiedene Richtungen führte.

Das Auto war ein echtes, kleines Zuhause für mich, in diesem kalten, modernen Würfel von Taylors Haus fühlte ich mich nie wirklich zuhause... Besonders fiel mir das seit ich eingezogen bin auf. Naja, aber es ging mir gut! Denkt doch mal an Weltprobleme wie hungernde Kinder und kranke Menschen, Menschen, die abseits der Zivilisation leben mussten und denen es wirklich dreckig ging... Dagegen hatte ich wirkliche Luxusprobleme!

Nach 15-minütiger Fahrt kam ich gegen 10Uhr beim Amtsgerichtshof an.

Ohja, ich war wirklich erfolgreich, keine Ahnung warum, aber man hielt mich wohl für besser als andere Anwälte, ich hatte eine Quote von ca. 90% gewonnenen Fällen. Und nein, ich suchte mir nicht wie andere die eindeutigsten Fälle heraus und vertrat dann diese vor Gericht.

Ich war inzwischen Pflichtverteidigerin geworden, das heißt, ich bekomme die Fälle von denen zugeschoben, für die andere Anwälte zu teuer waren oder die es nicht für nötig hielten, etwas für Anwälte zu bezahlen. Ich bekam mein festes Gehalt sowieso vom Gericht und ich sah nie auf die Menschen herab, die sich keinen Anwalt mit Ruf und einer Vielzahl von Kanzleien finanzieren konnten oder wollten, im Gegenteil, ich fand es bei manchen Anwälten echt unnötig übertrieben, für diese viel Geld zu bezahlen und trotzdem den Prozess am Ende zu verlieren.

Ich wollte unter anderem auch beweisen, dass gute Anwälte nicht immer teuer und berühmt sein müssen.

Ok, berühmt war ich schon ein wenig geworden, wenn man es so nennen will, weil ich auch einige große Fälle bekam und diese auch mit dem Fernsehen und Radio verbunden waren, daher wurde ich sogar ab und zu interviewt und was ich so mitbekam, fanden die Leute mich echt sympathisch, ich war stolz darauf wirklich keine eingebildete, abgehobene und geldgeile Anwältin zu sein, auch wenn es genügend Leute gab, die falsche Vorurteile über mich hatten. Aber ehrlich, man kann ja auch nicht von allen geliebt, verehrt oder vergöttert werden!

the job [h.s.] #Wattys2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt