32 - schau, dass du es wirst

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Dylan

Okay, fuck Dylan. Du hast es echt richtig versaut... Erst sagst du deinem besten Freund, den du niemals wieder um nichts in dieser ganzen scheiß Welt wieder verlieren wolltest, dass du ihn liebst. Dann merkst du, dass du doch auf Rosa stehst, willst es ihm schonend beibringen und ihn auf keinen Fall verletzten... Dann tust du keins von beidem, klatschst ihm die Info quasi ins Gesicht wie ne Ohrfeige und flirtest danach einfach mit Rosa, als wäre nichts gewesen und schiebst sie dann auch noch ab, weil du doch merkst, dass das nichts werden kann und du scheiße gebaut hast. Und jetzt sitzt du hier auf deinem Bett, ohne irgendwen, verdammt noch mal alleine und denkst im Ernst drüber nach, was du falsch gemacht hast?! Sag mal wie verschissen ist dein Charakter bitte!?

Meine Gedanken rasten in meinem Kopf, als wären sie ein Schnellzug, der keines Falls vor hatte, anzuhalten oder an irgendeiner Haltestelle einen Stopp einzulegen. Sie fuhren weiter und weiter und weiter. Mein Kopf dröhnte, als würden mir gerade tausende Stimmen auf einmal ins Ohr schreien und mir sagen, wie ehrenlos ich war. Doch die lauteste von den ganzen Stimmen, war meine eigene, die mir sagte, ich solle mich endlich zusammenreißen... Doch wie reißt man sich zusammen, wenn man gerade alles verloren hat, was man sich vorgenommen hatte, nie wieder loszulassen? Wie reißt man sich zusammen, wenn man seinen besten Freund, seinen Bruder, seinen Seelenverwandten und vielleicht sogar seinen Schwarm verloren hat? Wie? "Wie?", flüsterte ich.

Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu verscheuchen. Dylan du hast dir was versprochen! Ich stand auf, ging ins Badezimmer, schmiss mir ne Hand voll Wasser ins Gesicht, trocknete es kurz darauf mit einem Handtuch wieder. Ich beruhigte mich langsam wieder, sah in den Spiegel. Ich fuhr mir übers Kinn, an dem sich ein leichter Bart zeigte. Weil ich sowieso Ablenkung brauchte, ging ich zu meinem Koffer, suchte Rasierer und Rasierschaum aus meiner Kosmetiktasche und ging zurück ins Bad, um mich zu rasieren.

Thomas
Mittlerweile lag ich in meinem Bett, hatte aufgehört zu heulen, dachte nur noch stumm nach.
Dylan ist weg hörst du?! Er ist weg. Er hatte ja auch allen Grund dazu. Ich mein... Schau dich doch mal an Thomas.
Irgendwas in mir, sprach mit mir, in einer seltsam ruhigen Stimme. Ich weiß es klingt verrückt, aber es sprach tatsächlich eine Stimme zu mir, die ich nicht kontrollieren konnte, mir aber seltsam bekannt vorkam. Als ich realisierte, wem die Stimme gehörte, verkrampfte sich mein Magen. "Dad?", flüsterte ich.
Tss... Du warst schon immer ein Schwächling. Widerlicher Abschaum. Einen Dreck wert.
"Warum sprichst du mir mir? Geh! Ich hab dich vertieben. Ich wollte dich nie wieder sehen!", sprach ich aufgebracht zu der Stimme in meinem Kopf.
Heul nicht rum. Du bist eine Schande Thomas! Allein schon dass du schwul bist ist eine Schande!
"Du homophobes Schwein!"
Und noch dazu mit... So einem...
"ES REICHT!", schrie ich.
... Idioten...
"HALTS MAUL!"
... Arschloch...
"HALT DIE FRESSE HAB ICH GESAGT!"
... Mistkerl.
"VERDAMMT ES REICHT! DU BIST DER MISTKERL! DU BIST DER IDIOT! DU BIST DAS ARSCHLOCH! DU HAST DEINE FRAU UND DEINE KINDER BELEIDIGT, VERPRÜGELT UND GEDEMÜTIGT! DU BIST EIN EHRENLOSER BASTARD! EINE SCHANDE!" Ich schrie mir die Seele aus dem Leib. Genau das wollte ich ihm früher schon immer mal sagen. Ich begann zu schluchzen, erneut zu heulen und um mich zu schlagen, wie ein Gestörter. Ich schrie und schrie, als wäre es die letzte Möglichkeit meinem 'Vater' alles zu sagen, was ich ihm schon immer an den Kopf werfen wollte: "Nur weil du nie wirklich Liebe empfunden hast, weil du ja viel lieber Drogen genommen hast und doch an deinen Kindern und deiner Frau vergriffen, heißt das nicht, dass ich nicht glücklich werden darf! Also halt einfach 's Maul!"
Ach... Hat jemand gesagt, dass du nicht glücklich werden darfst?
"Nein, aber du beleidigst die ganze Zeit mein Glück, also Dylan." Ich wurde ruhiger. Das grade eben hatte ich nicht erwatet.
Ach und bist du glücklich?
"Nein.", murmelte ich jetzt leise, schluckte. Er hatte recht. Ich war nicht glücklich.
Dann schau' dass du es wirst.
Und das war das letzte, was ich von der Stimme an diesem Tag hörte. Meine Gefühle und Gedanken mischten sich.
Hatte er mich nicht vorhin noch beleidigt? Warum wollte er dann auf einmal, dass ich glücklich wurde? Aber er hatte wirklich recht. Dylan machte mich nicht glücklich. Zumindest gerade nicht.
Sonst hatte er mich immer zum glücklichsten Menschen der Welt gemacht, wenn er mich in seine starken Arme geschlossen hatte, mir dieses Gefühl von Sicherheit und zu Hause so gegeben hatte, wie es nichts anderes auf der Welt hätte besser tun können. Nichts. Oder wenn ich ihm in die Augen sah. Seine schönen, hellbraunen Augen, die immer so lebendig und motiviert funkelten, wie die von einem kleinen Jungen, der gerade irgendetwas ausgefressen hatte.
Doch im Bus hatte jeglicher Glanz in seinen Augen gefehlt, jegliches Gefühl in seinem Kuss und jegliche Bedeutung in seinen Worten... Und jegliches Glück in meinem Herzen.
Die Sache mit meinem Vater verwirrte mich noch zusätzlich... War er doch kein Biest? Aber wieso hatte er mir dann gesagt, ich wäre ein Schwächling, nur Dreck...? Ich verstand die Welt nicht mehr. Mit brummendem Kopf und schmerzendem Herzen, schlief ich dann irgendwann ein.

Alle guten Dinge sind 4?! (Dylmas) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt