Kapitel I

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"Trina, träumst du?"

Sie blinzelte. Woher kam die Stimme?

"Hallo, Trina, wach auf! Es ist schon seit zwei Stunden dunkel."
Schlagartig schlug sie die Augen auf und erblickte Caitlin, die mit ihren tiefblauen Augen sorgenvoll auf sie herabblickte. Caitlin runzelte die Stirn und sagte: "Du musst ja ordentlich über die Stränge geschlagen haben, wenn du den Sonnenuntergang verschläfst."
Trina setzte sich auf, sah sich um und grinste: "Joar, es ist ein bisschen ausgeartet. Aber das Döschen ist immer noch geschlossen."
Caitlin lachte über die Anspielung von Trinas Jungfräulichkeit: "Man, man, man, hast du eine Disziplin. Ich wäre schon hundertmal eingeknickt. Bei den ganzen Typen, die dir Avancen machen."
Sie leckte sich über die rotgeschminkten Lippen.
"Ha, du hattest sie doch schon alle: Raven, Seraphin, Seth, Bennet...Soll ich weitermachen?", neckte Trina ihre blonde Freundin.
Caitlin schüttelte ihren hübschen Kopf. "Tja, ich hätte mich nicht so leicht rumkriegen lassen sollen...Aber leider habe ich nicht deine Selbstdisziplin", seufzte sie, "Aber genug jetzt, zieh dich an, der Unterricht beginnt gleich."
"Ja, du hast Recht", sagte Trina und stand von ihrem Bett auf. Sie schlürfte schlaftrunken Richtung Bad und stolperte einige Male über ihre achtlos fallengelassenen Klamotten vom Vorabend. Leise fluchend verschwand sie im Badezimmer, schloss die Tür hinter sich und stellte die Dusche an. Es dauerte immer einen Augenblick bis das Wasser heiß war, deswegen stellte sie sich vor den bodenlangen Spiegel und betrachtete sich ausgiebig.

Auf ihrem schlanken, straffen Körper, mit den kleinen, festen Brüsten zeichneten sich die Bissmale der vergangenen Nacht ab. Sie stachen rot von ihrer ansonsten ebenmäßigen, hellen Haut hervor und waren überall auf ihrem Körper verteilt. Sie strich
vorsichtig über die Stellen an ihrem Hals, ihren Brüsten, ihrem Bauch und spreizte leicht die Beine um an die winzigkleinen Bisswunden zwischen ihren Schenkeln zu gelangen. Ein kurzer Schauer durchfuhr sie, als sie die empfindlichen, wunden Stellen nahe ihres Intimbereiches berührte. Sie lächelte, als die Erinnerungen von letzter Nacht wiederkehrten: überall Blut und nackte Haut, es riecht nach Sex, einer einzigartigen Mischung aus Schweiß, Speichel und anderen Körperflüssigkeiten, durchzogen von Pheromonen. Sie atmete tief ein, doch ihr stieg bloß der feuchte Dampf der Dusche in die Nase.
Das holte sie in die Gegenwart zurück.
Trina öffnete ihren Zopf, die kastanienbraunen Haare fielen ihr auf die Schultern. Sie schüttelte ihr Haar aus und stieg unter die Dusche.
Das heiße Wasser tat gut, es spülte sämtliche Spuren des gestrigen Abends davon, selbst die Bissspuren spannten nicht mehr so.
Sie vollführte ihr übliches Badprogramm bestehend aus: Duschen, Eincremen, Haare föhnen, Zähne putzen, Schminken.
Dann zog sie ihre Schuluniform an, die eine weiße Bluse, einen schwarzen Blazer und einen schwarzen, kurzen Rock beinhaltete. Typisch Amerikanisch, dachte sie spöttisch, während sie ihre heißgeliebten, schwarzen Pumps anzog. Caitlin war so nett gewesen und hatte ihre getragene Kleidung von gestern weggeräumt, allerdings war sie schon vorgegangen, um keinen Anschiss wegen Zuspätkommen zu riskieren. Trina packte fix ihre Schulsachen zusammen und ging dann aus dem Zimmer, das sie sich mit Caitlin teilte. Eilig ging sie die Flure, des riesigen, alten Schlosses entlang, um zu dem Schultrakt zu gelangen. Ihre hochhackigen Schuhe klackten auf dem steinernen Boden. Als sie einige Minuten später ankam, klopfte sie selbstbewusst an die Tür, wartete nicht auf eine Antwort, sondern machte sie schwungvoll auf und trat ein.

Ein leises Geraune ging durch die 17köpfige Klasse und Amon Matthews, der Geschichtslehrer schaute sie verärgert an, als sie eintrat und zu ihrem zugewiesenen Platz schritt. Dabei murmelte sie eine Entschuldigung in Richtung Lehrerpult und versuchte möglichst unschuldig drein zu blicken, wobei sie sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Drei der zehn anwesenden Männer hatten gestern versucht sie zu vögeln und sie spürte förmlich, wie sie mit Blicken von eben diesen Verehrern ausgezogen wurde.
"Nun denn, da Fräulein Silver auch den Weg zu uns gefunden hat, können wir ja endlich beginnen", stichelte Mr. Matthews mit einen kurzen Blick auf Trina.

Seit annähernd einhundert Jahren unterrichtete er Geschichte in den Abschlussklassen und jedes Mal war es dasselbe. In der Vervollständigungsphase, in der den 18jährigen ein Jahr lang jeden Monat Vampirblut verabreicht wird, spielen die Hormone verrückt. Annähernd jeden Abend gibt es wilde Orgien, in denen die Sexualität in allen Formen und Varianten erkundet wird. Früher hatte er diesem Treiben beigewohnt und es ausgenutzt, dass die jungen Dinger keinerlei Erfahrungen hatten. Doch seit dabei ein Mädchen durch diverse Praktiken zu Tode gekommen war, herrschte ein Verbot für die Lehrer dort mitzumischen. Doch sobald die komplette Verwandlung vollzogen war wurde es toleriert, dass die Lehrer sich mit den blutjungen Vampiren vergnügten, da sie dann über ausreichende Regenerationsfähigkeiten verfügten.

Regenerationsfähigkeiten, die dann auch dringend benötigt sind.

BlutsMacht - Die ZeremonieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt