Kapitel XII

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"Du spinnst! Willst du mich verarschen?"

"Keineswegs! Hast du ihm versprochen, dass er als erster ran darf oder irgendwas?"

"Nein, hab ich nicht. Ich habe Spaß gemacht, als er erzählte, dass er nach England geht. Da machte ich einen auf enttäuscht und sagte, dass ich dachte, dass er und ich füreinander bestimmt sind und so ein Quatsch. Mehr nicht. Also nichts anderes, als wir sowieso schon miteinander getan haben."
Den letzten Satz sagte sie undeutlich und leise, doch Lucien hatte ihn dennoch genauestens verstanden.
Wieder lachte er. "Du bist ja drauf. Wie kannst du ihn denn bloß so willenlos machen? Der arme Kerl."
"Wie bitte? Ich hab ihn ja nun nicht an mein Heiligtum gelassen! Und ein Versprechen, dass er meinem Jungfern Dasein ein Ende bereiten darf, hab ich ihm auch nicht gegeben."

"Du kannst einem Mann doch nicht den kleinen Finger geben,  und dann nicht daran denken, dass er womöglich die ganze Hand, oder eher, die ganze Frau will."
"Hä? Ich versteh nur Bahnhof. Ist ja nicht so, dass wir etwas schier unglaubliches miteinander getan haben."
"Du bist kein männlicher Vampir-Frischling und kannst es wohl kaum beurteilen. Er scheint verliebt zu sein..."

"Du übertreibst massiv, Lucien. Du sprichst von Ares, Mister Ich-kann-alles-und-jede-haben", erinnerte Trina ihn.

"Tja, selbst der härteste Kerl kann bei einer besonderen Frau wie zum Beispiel dir, schwach werden. Und wenn ich das Gespräch zwischen Mr. Banks und Mr. Morlet richtig belauscht habe gestern Abend, bist du sogar eine sehr besondere Frau mit einer ziemlich imposanten Zukunft."

"Ach ja? Was hast du denn so auf geschnappt", fragte Trina höchst interessiert und kniff die Augen zusammen.

"Ich weiß von deinem "extra" Blut, davon, dass du in der Lage wärst eine ziemlich große Heerschar von uns anzuführen, was einigen gefährlich werden könnte und andere ziemlich sauer aufstoßen lässt. Aber dass es dazu einige Vorbereitung braucht und du willensstark sein musst", erzählte Lucien bereitwillig.

"Ah ja, okay...Ist ja interessant," sagte Trina gespielt skeptisch.

"Das hab ich mir auch gedacht. Und falls du wirklich so ein hohes Tier werden solltest, ist es umso wichtiger, dass du Ares klar machst, dass es zwischen euch nichts beständiges ist."

"Wieso sollte es nicht? Ich empfinde sehr viel für ihn. Mehr als für einen anderen."

"Allein die Tatsache, dass du für andere auch etwas empfindest, zeigt, dass ihr keine Gefährten für die Ewigkeit seid. Und außerdem ist es das Vampirblut, das deine Gefühle hochkochen lässt."

"Vielleicht ja nicht im herkömmlichen Sinne.. ", warf Trina ein, "dennoch denke ich, dass ich immer etwas für ihn fühlen werde. Das wurde mir vorhin bewusst, als wir noch beieinander lagen und geredet haben."

"Wenn du meinst...Aber was wäre, wenn ich dich jetzt verführen würde Trina? Würdest du drauf eingehen?"

"Ich denke schon, ja! Was aber weniger mit Ares zu tun hätte, sondern schlichtweg mit dir. Einzig, weil ich mir vorstellen könnte, für dich auch etwas zu empfinden", sagte sie unverblümt und senkte den Kopf.

"Du könntest dir vorstellen, für mich auch etwas zu empfinden?" Er schüttelte ungläubig den Kopf und dachte dann kurz nach. "Sag mal, hast du das Gefühl auch noch bei anderen?"

"Ja! Bei einigen schon. Wieso fragst du?", hakte sie nach und starrte in seine saphirblauen Augen. Ein seltsamer Glanz war in ihnen verborgen.

"Du solltest mit Mr. Morlet darüber reden, das ist etwas ungewöhnlich, Trina. Eigentlich solltest du nur dieses körperliche Verlangen spüren und nicht irgendwelche Gefühle," antwortete er und starrte zurück.

"Woher willst du wissen, dass das ungewöhnlich ist? Studierst du die Verhaltensweisen der Vampire oder was?"

"Naja, so etwas in der Art. Ich werde nach meinem Abschluss als Mr. Banks offizieller Assistent agieren."

"Na, herzlichen Glückwunsch! Das bedeutet, dass du hier bleibst?", fragte sie und blickte noch immer unablässig in seine Augen. Irgendetwas war an ihnen komisch.

Er nickte lediglich und schaute auf Trinas Uhr. "Wir sollten jetzt hoch gehen", sagte er und gähnte.

"Na schön. Reden wir morgen weiter", entschied Trina.

"Mal sehen, was morgen anliegt. Versprichst du mir gleich nach Einbruch der Dunkelheit zu Mr. Morlet zu gehen? Oder wenigstens zu Mr. Banks. Es könnte wichtig sein, Trina. Und wenn du möchtest, komme ich mit dir," bot Lucien ihr an.

Sie lachte: "Also das werde ich schon noch alleine schaffen, aber danke für dein Angebot."

Lucien stand auf und hielt Trina seine Hand hin. Sie nahm sie und er half ihr auf.
"Wie galant", bemerkte sie und bedankte sich mit einem Knicks. "Ebenfalls", grinste er und gemeinsam gingen sie die Treppen zum Wohnbereich der beiden Abschlussklassen hinauf. Dann trennten sich ihre Wege, denn die Zimmer der höheren Klasse waren im Turm und die von Trinas Klasse im Mittelgang. Sie gab Lucien unvermittelt einen Kuss auf den Mund und sagte: "Leite den mal bitte an Ares weiter."
"Äähm, ja, ist klar", er schüttelte seinen Kopf und ging mit gerunzelter Stirn davon.

BlutsMacht - Die ZeremonieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt