Sie öffnete die Tür zu ihrem Zimmer und sah, dass durch das kleine Fenster ein Strahl helles Sonnenlicht hereinfiel. Rasch schloss sie die schwere Gardine und es war stockfinster im Raum. Caitlin hatte die Vorhänge ihres Himmelbettes zugezogen und schlief fest, ihrem Atmen nach zu urteilen. Trina schlich ins angrenzende Bad und drehte die Dusche an. Ihre Klamotten warf sie achtlos auf den Boden. Die werde ich gleich wegräumen, nicht dass Cait wieder mault, dachte sie und zog das Zopfgummi aus dem Haar. Ihre Haare dufteten noch frisch nach ihrem geliebten Kokosnussshampoo, doch sie fühlte sich schmutzig. Eilig stieg sie in die Dusche und genoss das warme Wasser. Fünf Minuten stand sie einfach nur unter dem Wasserstrahl, bis sie anfing sich abzuseifen, ihre Haare zu waschen und sich zu rasieren. Schließlich stellte sie das Wasser aus, trocknete sich ab, cremte sich ein, putzte ihre Zähne und flocht ihre Haare zu einem Zopf. Auf dem Weg zu ihrem Bett hob sie ihre Schmutzwäsche tatsächlich auf und legte sie in den Korb. Dann huschte sie leise in ihr Bett, zog die Vorhänge zu und legte sich unter die Decke. Sie schlief nackt. Sie hatte vor kurzem erst herausgefunden, dass das ziemlich bequem war. Nichts verrutschte oder schnitt ein, ganz besonders, da sie die Bauchlage mit einem abgewinkelten Bein bevorzugte. Genau so legte sie sich hin und kam gar nicht erst dazu an irgendetwas zu denken, schon war sie eingeschlafen.
Sie erwachte, als es laut an der Tür klopfte. Caitlin gab einen spitzen Schrei von sich. So unsanft aus dem Schlaf gerissen zu werden, war sie nicht gewohnt. Es klopfte wieder, dieses Mal etwas vorsichtiger. Trina gähnte. Wer war denn verrückt genug sie so zu wecken? Sie schlüpfte durch die Vorhänge und band sich das Laken, welches ihr im Moment als Decke diente, um. Dann ging sie zur Tür. Caitlin blickte finster aus ihrem Bett. Sie hatte den Kopf durch den dicken, lichtundurchlässigen Stoff, der jeweils ihre beide Betten umgab, gesteckt und sah ziemlich zerzaust aus. Trina warf noch ein Blick zur Uhr, die neben der Tür war, 20:30 Uhr. Also war die Sonne erst vor ein paar Minuten untergegangen. Wer zum Teufel war so bescheuert und stand am Wochenende so früh auf? Es klopfte erneut. "Ja, ja, nur die Ruhe", gähnte Trina und öffnete ihren Zopf, bevor sie die Tür aufmachte.
Dort stand Lucien.
Trina schlug die Tür wieder zu.
"Wer ist das denn?", wollte Caitlin wissen.
"Jemand, der gleich einen Kopf kürzer ist", antwortete Trina. "Mach auf, Katrina", ertönte es belustigt von der anderen Seite der Tür."Katrina?", Cait lachte. "Wer ist denn lebensmüde genug, dich so zu nennen?"
"Jemand, der gleich zwei Köpfe kürzer ist", fauchte Trina und riss die Tür auf. Ihre vom Zopf stark gewellten Haare flogen ihr ins Gesicht, sie trat einen Schritt auf den kalten Flur, auf Lucien zu und tippte ihm auf die Brust. "Wenn du es noch einmal wagst, mich bei diesem Namen zu nennen oder uns dermaßen zu wecken, kann ich für gar nichts garantieren!"
Lucien grinste amüsiert, als Trina vor lauter Aufregung und Schwung ihr Laken festhalten musste. Sie funkelte ihn böse an. Dann strich sie ihr Haar zurück und versuchte ihre Souveränität wieder zu gewinnen. "Was möchte der Herr denn um diese Zeit?" fragte sie ihn.
"Zieh dich an. Mr. Banks erwartet uns."
"Mr. Banks? Schon wieder?" kam Caitlins Stimme aus dem Zimmer.
"Du bist echt nervig, Lucien", stöhnte Trina und drehte sich wieder Richtung Zimmer.
"Beeil dich bitte. Oh und Trina..?"
Sie blieb stehen und schaute Lucien an. "Ja..?"
Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf den Mund. "Von Ares", fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.
"Ares hätte das besser umgesetzt", erwiderte sie kühl.
"Ja, Ares hätte dir den Kuss wahrscheinlich woanders aufgedrückt", brummelte Lucien.
Trina lachte und verschwand dann im Zimmer.
Genau neun Minuten später ging die Tür wieder auf und Trina trat zu dem an der Wand lehnenden Jungvampir. Sie hatte eine enganliegende Hüftjeans und eine schwarze figurbetonende, kurzärmlige Bluse an. Ihre Haare umrandeten wild ihr Gesicht, welches sie nur wenig geschminkt hatte. Lediglich ihre Augen hatte sie schwarz umrandet und die Wimpern getuscht. Dazu trug sie, wie immer, ein Paar schwarze, hochhackige Pumps.
"Wir können", sagte sie und schritt voran. Lucien kam hinter ihr her und holte schnell auf.
"Und das hier ist nicht von Ares, sondern von mir", witzelte er und gab ihr einen ordentlichen Klaps auf den Arsch, der von ihrer Jeans extrem betont wurde.
"Ey! Das tut weh", jammerte sie und rieb die getroffene Stelle.
Er lachte und ging weiter, dieses Mal lief sie ihm hinterher und er sorgte dafür, dass sie ihn nicht aufholen konnte. Den ganzen Weg lang. Doch dieses Mal ging es nicht zu Mr. Banks Klassenraum. Stattdessen schlug er den Weg zu den Lehrerquartiern ein.
"Äääh, Lucien?"
"Was ist?"
"Dir ist bewusst, dass dieser Trakt für uns verboten ist?"
"Ja, stell dir vor, das ist mir bewusst. Aber Anweisungen sind Anweisungen!"
Er zuckte mit den Schultern. "Und man ist des öfteren auf Anweisung hier, sobald man verwandelt wurde. Ganz besonders oft sind die Mädels hier."
Trina zog die Augenbrauen hoch.
"Naja, wie auch immer, komm jetzt", sprach er und ging voraus.
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BlutsMacht - Die Zeremonie
VampirgeschichtenEin Internat in Nordamerika, das sich um die Vampirgeborenen, die Halblinge kümmert und sie von Kind an zu möglichst erfolgreichen und einflussreichen Vampiren formt. Genau auf diesem Internat durchlebt die 18jährige Trina gerade die "Verwandlungsph...