Der neue Lucien gewann. Er packte ihre Hände und hielt sie fest.
"Lucien...Komm zu dir! Vergiss Auriel, vergiss Kendrick, wichtig sind doch nur wir beide...", versuchte sie ihn zur Besinnung zu bringen. Doch er lachte nur spöttisch, brachte sein Gesicht dicht vor ihres und flüsterte: "Ich liebe dich, Trina. Ich liebe dich wirklich. Aber ich kann es nicht tolerieren, dass du jemanden anderen mir vorziehst. Nicht, nachdem ich so viel für dich getan habe. Aber glaub mir, sobald ich wieder bei dir bin, wirst du nur mir gehören."
Jetzt war sie diejenige, die lachte.
"Sobald du wieder bei mir bist, ja? Das wäre dann nächstes Jahr."
"Nächstes Jahr? Wieso?", wollte er wissen.
"Weil Auriel mich nächstes Jahr holen wird. Wie du bereits festgestellt hast, habe ich ihn kennengelernt und er war dermaßen von mir fasziniert, dass er beschlossen hat, mich nach der Schule zu sich zu holen. Höchstpersönlich will er mich abholen. Und er will dann Dinge mit mir machen, die..."
"Halt den Mund!", unterbrach er sie, "das hast du gerade erfunden."
"Schön wärs, Lucien. Aber leider ist das die Wahrheit. Spätestens in einem Jahr wirst du es ja herausfinden. Er will Sachen mit mir machen, Sachen für die du Amon getötet hast", klärte sie ihn auf. Er ließ sie los und setzte sich neben ihr hin. Trina setzte sofort nach, in der Hoffnung, ihren Lucien wieder zum Vorschein bringen zu können: "Du musst mir glauben. Wie könnte ich so etwas erfinden? Und wie gesagt, spätestens in einem Jahr, hättest du die Gewissheit. Lucien, er ist gefährlich."
Wieder sah sie ein Aufflackern in seinen Augen. Kurzerhand setzte sie sich auf seinen Schoß und küsste ihn. Zärtlich. Er erwiderte den Kuss. Dann hauchte sie in sein Ohr: "Ich liebe dich auch, Lucien. Bleib bei mir..."
Gequält stöhnte er auf und fing an zu zittern. Sie drückte ihn an sich. Ihre Worte schienen zu wirken. Als er aufhörte zu zittern, sah sie wieder in seine Augen. Sie waren immer noch leer und völlig ausdruckslos.
Trina hatte verloren, sie hatte Lucien verloren.
Ihren Lucien.
Zurück blieb ein Schatten seiner selbst. Immerhin liebte er sie noch. Zumindest behauptete er das. Sie sah ihn voller Sorge an und strich ihm liebevoll durchs Haar. Er sagte kein Wort.
"Lucien...", seufzte sie, "Lucien, warum hast du das nur gemacht?" Er antwortete nicht, aber legte seine Arme sanft um ihre Taille und küsste ihr Schlüsselbein. Dann legte er seinen Kopf auf ihre Brust und sagte: "Ich vermisse ein wenig deinen Herzschlag. Und ich werde dich vermissen. Es tut mir leid, aber es gibt kein Zurück. Vielleicht sehen wir uns ja wirklich nächstes Jahr wieder. Aber ich glaube nicht, dass du dann schon so weit bist, dich nur auf mich einzulassen. Doch ich werde warten. Ich werde warten, Trina, denn du bist es wert. Und irgendwann, vielleicht in fünfzig, vielleicht in hundert oder in tausend Jahren, wirst du nur mir gehören. Ich weiß, dass du viel für mich empfindest, aber halt noch nicht genug. Ares war schon bei dir, oder?"
Er sah zu ihr hoch. Sie nickte. Seine Worte berührten sie. Und sie konnte kein Ton herausbringen. Lucien drehte sich und setzte Trina neben sich ab. Er stand auf und kramte in seiner Hosentasche rum. Dann zog er ebenfalls ein Schmuckkästchen hervor. Es war kleiner als Ares seins. Er öffnete es und hielt es ihr hin. Darin lag ein paar Ohrringe. Sie schienen silber und zwei blutrote Steine hingen herab. Er hatte einen komplett anderen Geschmack als Ares, düsterer, geheimnisvoller.
"Keine Angst, es ist Weißgold, du kannst sie ruhig anfassen", lächelte er. Vorsichtig nahm sie sie heraus und sah sie sich an.
"Es sind Granate, nicht besonders wertvoll, doch diese Farbe ist einzigartig."
"Danke, Lucien, sie sind wunderschön", schwärmte sie und nahm ihre Stecker heraus, um die neuen Ohrringe auszuprobieren.
Das Rot der Steine passte hervorragend zu dem Braun ihrer Haare und dem Grün ihrer Augen. Sie drehte sich wieder um zu Lucien. Er war nicht mehr da und ihre Tür stand offen.
Nein, so nicht, Freundchen, dachte sie, legte die Ohrringe zurück, machte ihre Stecker wieder rein, schloss dann ihre Tür und eilte in übermenschlicher Schnelligkeit zu seinem und Ares Zimmer. Sie hatte Glück, er war da und rechnete überhaupt nicht mit ihr.
"Was...", stieß er erschrocken aus, als sie ihn plötzlich umarmte. Seine erste Reaktion war, sie zu Boden zu werfen, sich auf sie zu stürzen und seine Zähne angriffslustig zu blecken.
Dann erkannte er sie.
"Trina...Erschreck mich doch nicht so."
Sie lachte: "Ja, eine ganz blöde Entscheidung."
"Ich bin froh, dass du zu mir gekommen bist", lächelte er und beugte sich hinab, um sie zu küssen.
"Ich konnte gar nicht anders", hauchte sie und erwiderte seinen Kuss, der schnell sehr leidenschaftlich wurde. Sie spürte seine schnell hart werdende Männlichkeit. Schnell entkleidete sie sich und gab sich ihm hin. Sie wollte unvergesslich für ihn sein. Sein schweres Keuchen bestätigte und erregte sie.
"Oh, Lucien...", kam von ihr. Sie hörte sich an wie eine schnurrende Katze. Es dauerte nur noch einige weitere Stöße, bis sie und darauf auch er kam. Lucien sackte auf ihr zusammen, er glühte.
Zufrieden fragte sie: "Willst du mich wirklich verlassen?"
Er zuckte zusammen und stieg von ihr herunter. Dann sah er sie an und sagte: "Ich muss, es gibt kein Zurück. Aber ich werde zu dir zurückkommen, Trina."
Sein Blick wanderte zu seinem Wecker auf dem Nachttisch.
"Du solltest jetzt gehen, es wird gleich hell."
"Aber vielleicht möchte ich ja lieber bei dir bleiben", warf sie ein. Er seufzte.
"Na, schön, dann bleib. Bei deinem Dickkopf könnte ich dich eh nicht dazu bewegen, deine Meinung zu ändern."
Lucien stand auf und schloss die Vorhänge. Dann legte er sich neben Trina, die sich in seinen Arm drehte und ein Bein angewinkelt auf ihm ablegte. Recht schnell schliefen sie ein.
Als sie erwachte, war er nicht da. Sie ging unter die Dusche und suchte anschließend ihre Sachen zusammen. Bis auf den Slip zog sie sie wieder an und machte Lucien sein Bett. Danach ging sie zu seinem Schreibtisch und hinterließ folgende Nachricht: Lucien, wenn wir uns nicht mehr sehen: Vergiss nicht, zu mir zurückzukehren! Noch mehr würde ich es natürlich begrüßen, wenn du deine Meinung änderst, aber bei deinem Dickkopf... Ich liebe dich und werde sehnsüchtig warten. Du bist mein Ein und Alles, mein Herz, meine Welt...TrinaDann ging sie zurück in ihr Zimmer.
Zwei Tage später, sie hatte weder Lucien noch Kendrick gesehen, wurden die Ergebnisse der Klausuren bekannt gegeben. Trina war nicht überrascht, dass sie in fast allen volle Punktzahl erreicht hatte, schließlich hatte sie auch wie eine Wahnsinnige dafür gebüffelt. Sie war mit Abstand die Beste und erntete neidische Blicke von ihren Klassenkameradinnen. Von ihren Freundinnen hatte sie sich bereits vor Wochen losgesagt, da sie spätestens, wenn sie die Verwandlung hinter sich hatten, zu Konkurrentinnen werden würden. Weibliche Vampire untereinander verstanden sich nie. Man konnte wohl mal einige Stunden friedlich mit anderen Vampirinnen verbringen, doch auf Dauer endete das immer in einer, meist ziemlich blutigen, Auseinandersetzung. Zumindest stand es so in sämtlichen Büchern.
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BlutsMacht - Die Zeremonie
VampirosEin Internat in Nordamerika, das sich um die Vampirgeborenen, die Halblinge kümmert und sie von Kind an zu möglichst erfolgreichen und einflussreichen Vampiren formt. Genau auf diesem Internat durchlebt die 18jährige Trina gerade die "Verwandlungsph...