Kapitel XXIV

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Zwei Stunden voller bangem Warten vergingen, in denen immer wieder ein energisch piepsender Alarm in Rubins Zimmer los ging, woraufhin zwei Krankenschwestern und ein Arzt in sein Zimmer stürmten. Das Krankenpersonal war spezialisiert auf die Physis von Vampiren und loyal gegenüber Mr. Morlet.

Nach diesen zwei Stunden kam eine der Schwestern zu ihr und sagte leise: "Sie dürfen zu ihm, Miss."
Sofort sprang sie auf und eilte an sein Bett. Dort lag er... Regungslos. Leblos.

"Nein! Rubin!" Tränen rannen ihr übers Gesicht. Sie beugte sich über ihn und legte ihren Kopf auf seine Brust. Er atmete nicht und hatte keinen Herzschlag. Ihre Tränen tropften auf das weiße Laken, mit dem er zugedeckt war. Sie waren blutrot. Wie passend, dachte sie höhnisch. Traurig sah sie Rubin ins Gesicht. Er war tot und sie war Schuld daran. Es war einfach nur schrecklich. Sie legte ihren Kopf wieder auf seine Brust und schloss die Augen. Voller Trauer dachte sie an ihn, an die schönen Momente, die sie hatten...Bis:
"Trina, dein Kopf ist verdammt schwer und ich bin tierisch hungrig. Hast du zufällig etwas zu essen dabei?"
"Was zum...? Rubin?" Freudig drehte sie sich zu ihm um.
"Rubin, du lebst..?! Oh man, ich bin so froh, ich hatte schon gedacht...Es tut mir so furchtbar leid."
Seine Augen wirkten leer und hatten ihre Ausstrahlung verloren.
"Leben? Ich denke, das tue ich dank dir nicht mehr."
"Oh, Rubin, ich bin echt untröstlich. Es ist mit mir durchgegangen, ich habe es gar nicht richtig wahrgenommen."
"Ja, ist mir aufgefallen. Wie ist das denn nun mit dem Essen?", fragte er.
"Ich organisiere dir sofort etwas. Warte kurz..."
Sie rannte hinaus auf den Flur und rief nach der Krankenschwester. Die kam gerade aus einem Raum und hatte eine Blutkonserve in der Hand, die sie Trina auch prompt hin hielt: "Für Ihren Freund."
"Seine erste Mahlzeit sollte schon etwas besonderes sein", wandte Trina ein.
"Besonders haben wir hier leider nicht, Miss. Außerdem braucht er dringend eine Stärkung. Er muss ja nur ein bisschen davon trinken. Dann kann er gehen und seine erste richtige Mahlzeit einnehmen."
Genervt nahm Trina die Konserve und ging zu Rubin zurück.

"Gute oder schlechte Nachricht zuerst?", fragte sie ihn.
"Hä? Die schlechte bitte als erstes,"antwortete er.
"Dein erstes Mahl wird dieses hier", sie hielt die Blutkonserve hoch, "sein."
Er verzog das Gesicht.
"Ja, ja, ich weiß. Das Gute ist, du musst lediglich zu Kräften kommen, dann kannst du gehen und richtig futtern."
"Na gut, dann gib mal das Dosenfutter her", seufzte Rubin und nahm die Konserve entgegen.
"Das Zeug ist ja kalt", maulte er und steckte sich das Mundstück der umgebauten Verpackung in den Mund und öffnete das Ventil, damit das Blut zu fließen begann. Angewidert nahm er einige Schlücke und schleuderte den Plastikbeutel dann einfach gegen die Wand. Der restliche Inhalt verteilte sich quer durchs Zimmer. Trina duckte sich und grinste Rubin an.
"Du bist ja drauf. Na los, komm jetzt."
Sie nahm seine Hand und wollte ihm auf helfen. Doch er zog sie erst an das Bett und dann auf sich rauf. Dann setzte er sich aufrecht hin,umfasste ihren Po und schob sie an sich. Sie legte ihre Hände an seine Wangen und küsste ihn. Vorsichtig biss sie auf seine Unterlippe. Das ließ ihn aufstöhnen: "Oh, Trina!"
Sie lächelte ihn an. "Lass uns gehen, dann suchen wir dir etwas zu Essen."
"Und dann Trina? Was machen wir danach?"
"Schauen wir mal, Rubin. Erst einmal müssen wir dafür sorgen, dass der Glanz in deine Augen zurückkehrt. Also los."
Sie stand auf, Rubin folgte ihr auf wackligen Beinen. Sie gingen den Flur entlang, von der Schwester keine Spur. Gerade waren sie dabei die Krankenstation zu verlassen, da kam ihnen Mr. Morlet entgegen. "Aaah, wie ich sehe, hatten Sie sehr großes Glück, Mr. Hayes. Und übel nehmen Sie Ms.Silver das anscheinend auch nicht." Der Schulleiter lächelte. "Gut, gehen Sie. Ihre Freundin wird Sie mit Sicherheit darauf hinweisen, was Sie beachten sollten, wenn Sie sich nähren." Dann ging er an ihnen vorbei in den Aufenthaltsraum der Krankenschwestern. Trina zog Rubin mit sich. "Was hältst du denn von Caitlin als erstes Opfer?", fragte Trina.
"Oh, sehr viel! Lieber wärst mir natürlich du, aber man kann ja nun mal leider nicht alles haben."
"Leider nicht, das stimmt. Und Caitlin kann eine Ablenkung ganz gut gebrauchen, deswegen rate ich dir: Schnapp sie dir Tiger."

Sie waren vor Caitlins und ehemalig Trinas Zimmer angelangt. Die Tür war nicht abgeschlossen, was bedeutete, dass Cait da war.
"Gut, Rubin, am besten bekommst du sie aus ihrer Depression, wenn du mit nackten Oberkörper rein gehst. Sei lieb, aber bestimmt. Geh einfach auf sie zu, drück sie sanft aufs Bett und verführ sie. Falls das nicht klappt: ihre Schwachstelle ist ihr Nacken. Da knickt sie immer ein. Und jetzt..", sie knöpfte sein Hemd auf und strich sanft über seine Brust und die noch nicht ganz verheilte Wunde, die sie ihm vor wenigen Stunden erst zugefügt hatte.
"Ich will aber dich und nicht Caitlin", flüsterte er leise.
"Ich weiß. Und schon ganz bald wirst du mich besitzen können, Rubin. Allerdings ist es dafür noch zu früh...", erklärte sie ihm.
"Denkst du, ich bin schwach?", fragte er und demonstrierte ihr das Gegenteil, in dem er sie um den Hals fasste und an die Wand neben der Tür drückte.
"Nein", röchelte sie, "nein, das denke ich gewiss nicht."
Er schwankte und ließ sie los.
"Nähr dich jetzt erstmal, aber denke daran, immer die Kontrolle über dein Körper zu haben. Sonst endet es wie vorhin bei dir", sagte sie und massierte ihren Hals. Sie drückte ihm einen Kuss auf die Lippen, klopfte an Caits Tür, schob sie auf und schubste Rubin hinein. Dann schloss sie die Tür wieder.

Trina überlegte, was sie jetzt machen sollte. Zu Ares oder zu Lucien gehen? Oder zu einem anderen? Oder sich schlafen legen? Sie entschied sich gegen das Schlafen, schließlich gab es etwas zu feiern. Immerhin war heute ihre erste Nacht als Vampir, auch wenn die Geschichte mit Rubin einen bitteren Beigeschmack hinterließ und die Nacht nicht mehr allzu lange andauerte.

BlutsMacht - Die ZeremonieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt