Die Woche verging rasch. Sie lernte überwiegend und zweimal traf sie sich mit Lucien.
Kendrick verhielt sich ihr gegenüber professionell im Unterricht, warf ihr lediglich einige zusätzliche Blicke zu. Am Samstag wurde sie zu Corvin zitiert. Er stand ausnahmsweise nicht am Kamin, als sie in seine Gemächer eintrat, sondern saß inmitten von Büchern.
"Sagen Sie mir bitte nicht, dass das alle Bücher sind, in denen etwas über die alten Vampire steht", hoffte sie.
"Doch! Und ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen", grinste er. Mit so vielen Aufzeichnungen hatte sie nicht gerechnet. Es waren bestimmt vierzig Bücher, uralte, neuere, alles dabei.
"Ich habe sie für dich sortiert und die vierte Generation außer Acht gelassen. Aber falls du die auch noch haben möchtest, das sind etwa hundert weitere Bücher und die stehen in der Bibliothek", berichtete er.
"Danke, aber ich denke, das wird genügen", seufzte sie.
Sie nahm ein Buch vom höchsten Bücherstapel und blätterte es durch. Es war ein Geschichtenbuch.
"Ähm, Sir, Bücher dieser Art werden mir nicht unbedingt helfen", sagte sie und hielt das Buch hoch. Er nickte.
"Das stimmt, deswegen stehen sie auch dort. Ich denke, du kannst dich auf diese hier beschränken."
Corvin zeigte auf drei Stapel. Es waren trotzdem noch um die zwanzig Bücher. Trina seufzte erneut und ließ sich neben Corvin fallen. Er reichte ihr ein Buch und sie begann zu lesen. Es war die Kopie eines Tagebuches von Nero. Nach einigen Seiten legte sie es erschüttert weg. Verwundert sah Corvin sie an und fragte: "Was ist denn?"
"Ach, das ist ziemlich harter Stoff. Und vielleicht sollte ich mich zuerst auf diejenigen konzentrieren, die auch sicher noch existieren und zu der Versammlung erwartet werden. Kann ich die Bücher mit auf mein Zimmer nehmen?"
"Natürlich!" Sie schnappte sich einen Stapel und lief dann mit übermenschlicher Geschwindigkeit zu ihrem Zimmer. Trina brauchte drei Läufe und schloss sich dann wieder ein,damit sie ihre Ruhe hatte. Konzentriert las sie eine Art Notizbuch von Seere. Es war extrem brutal. Er schilderte einige Massaker.Kurz vor Sonnenaufgang pochte jemand an ihre Tür. Höchstwahrscheinlich Lucien. Sie schloss die Tür auf und ihre Mutter, Mae stand dort. Trina umarmte sie stürmisch. Mae lächelte und schloss sie in ihre Arme.
"Komm doch herein", bat sie sie.
"Nein, das geht nicht. Es ist schon zu spät. Ich wollte dir nur eben Bescheid sagen, dass dein Anliegen, shoppen zu gehen, genehmigt wurde. Hier ist die Liste. Du kennst das Prozedere ja. Ausfüllen was du brauchst, wieviel und warum. Caitlins Antrag wurde auch zugestimmt, allerdings darf sie erst eine Woche vor den Prüfungen bestellen."
Dankend nahm Trina den Zettel und ihre Mutter verabschiedete sich. Trina sah ihr nach. Mae war eine der ältesten Mütter. Sie hatte dunkles, gewelltes Haar, braune Augen und eine positive, gütige Ausstrahlung. Außerdem roch sie immer so nach Honig. Ein Sonnenstrahl traf sie von hinten. Autsch, verdammt. Trina fauchte, sprang zum Fenster und machte die Gardine zu. Es roch jetzt nach verbrannten Fleisch. Wie gräßlich, dabei heilte ihre Wunde bereits. Sie ging zurück zur Tür, drehte den Schlüssel herum und zog sich aus. Dann legte sie sich ins Bett, zusammen mit der Liste, einem Stift und einer Taschenlampe. Sie schrieb auf, was sie alles benötigte...Neue Unterwäsche, Ausgehkleidung, Schuhe, vielleicht ein oder zwei neue Taschen, etwas Make-Up und Schmuck. Zur Begründung schrieb sie jedes Mal: Anweisung von Mr. Blom. Trina wusste, dass Mrs. McLean diese Anträge bearbeitete und diese war verdammt knauserig. Warum wusste sie nicht, sie musste die gesamten Auslagen doch sowieso zurückzahlen. Schließlich legte sie die Sachen beiseite und schlief ein.Trina war früh wieder wach, sie wollte ihren Antrag schnellstmöglich bearbeitet wissen, da ihre Kleiderauswahl langsam begrenzt war. Ein Kleid hatte Lucien zerrissen, eins hatte sie bei Kendrick liegen lassen. Sie beschloss, den Zettel Mr. Morlet zu geben, um auf die Dringlichkeit hinzuweisen. Doch Trina war nicht die Erste an diesem Abend bei dem Schulleiter. Als sie eintrat, saß Kendrick bereits auf einem Stuhl. Er zwinkerte ihr zu und Mr. Morlet sagte: "Sie kommen wie gerufen, Ms. Silver. Ich habe gerade mit Mr. Blom über Sie gesprochen. Er hat Ihnen ja bereits Bescheid gegeben, dass Ihr zusätzlicher Unterricht bei ihm stattfinden wird, richtig?"
"Ja, Sir, das hat er."
"Gut, haben Sie da etwas für mich?", fragte er und deutete auf den Zettel in ihrer Hand.
"Ja, Sir. Mein Anliegen nach neuer Kleidung ist das und ich wollte es Ihnen direkt geben und auf die Dringlichkeit hinweisen", sagte sie. Mr. Morlet runzelte die Stirn und warf einen Blick drauf. Dann lächelte er und wandte sich zu Kendrick. "Mr. Blom, Sie haben heute einen Auftrag." Der Schulleiter ließ ihn erstmal im Dunklen, ging zum Telefon und wählte eine Nummer. Als jemand abnahm, sagte er: "Hallo Ramon. Können Sie heute eine Einkaufstour ermöglichen? So in einer Stunde? Das Geld bekommen Sie dann wie immer. Ja... Ja...In Ordnung. Gut, ich danke Ihnen. Auf Wiederhören."
Zu Trina und Kendrick gewandt, erklärte er: "Sie werden Sich gleich auf den Weg zum örtlichen Einkaufszentrum begeben und für Ms. Silver Kleidung besorgen."
Trina freute sich und verpasste dem mittlerweile neben ihr stehenden Kendrick einen Ellbogenstoß in die Rippen, als der Schulleiter sich umdrehte und hinsetzte.
"Nun gut, Mr. Blom, Sie informieren mich bitte regelmäßig über Ms. Silvers Stand. Und Ms. Silver, Sie dürfen Sich gleich ordentlich austoben." Die beiden nickten und gingen dann hinaus. An der Treppe teilten sie sich auf und verabredeten sich für gleich in der Eingangshalle.Trina lief nach oben und zog sich ihre Lieblingsjeans an. Dazu eine grün-durchsichtige Bluse und ein Blazer drüber. Zufrieden drehte sie sich vor dem Spiegel und eilte dann wieder in die Eingangshalle. Kendrick stand dort und unterhielt sich mit einer Schülerin, die eine Klasse unter ihr war. Trina wartete etwas abseits und beobachtete die beiden. Die Kleine schmiss sich aber ganz schön an ihn heran. Immer wieder fuhr sie sich durchs Haar und über ihr Dekolleté und schmachtete ihn an. Kendrick flirtete mit ihr. Trina räusperte sich leise und bekam dafür einen bösen Blick von der Jüngeren zugeworfen.
Kendrick verabschiedete sich von ihr: "Bis nächste Woche, Roxy." Und kam dann auf die lachende Trina zu.
"Was ist denn?", fragte er.
"Du Mädchenschwarm...", lachte sie.
Er grinste nur und nahm sie an die Hand. So führte er sie hinaus und kaum, dass sie im Auto saßen, fingen sie an zu knutschen und zu fummeln.
"Wir sollten besser pünktlich da sein, Trina", sagte er zwischen zwei Küssen. Sie nickte und lehnte sich dann zurück.
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BlutsMacht - Die Zeremonie
VampireEin Internat in Nordamerika, das sich um die Vampirgeborenen, die Halblinge kümmert und sie von Kind an zu möglichst erfolgreichen und einflussreichen Vampiren formt. Genau auf diesem Internat durchlebt die 18jährige Trina gerade die "Verwandlungsph...