Kapitel XVII

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An der rauhen, gemauerten Wand abstützend gelang es ihr, ein paar Meter zurück zu legen. Sie war fast an der runden, großen Treppe angelangt, als Lucien zu ihr aufschloss, sie kurzerhand wieder auf seine Arme hob und sie die Treppe runter trug. Sie schimpfte den ganzen Weg über wie ein Rohrspatz und versuchte sich runter zu winden. Er hielt sie jedoch mit sanftem Druck fest. "Lass mich sofort herunter. Ich will nicht, dass du mich anfässt."

Lucien verzog keine Miene. Erst als er sie vor dem Büro des Schulleiters absetzte, hielt er sie an den Schultern und schüttelte sie leicht: "Jetzt komm mal wieder klar! Für mich und Ares ist das auch nicht einfach. Das kratzt ganz schön an unserem Ego, von diesen Hexen so benutzt worden zu sein. Was meinst du denn, wie wir uns fühlen? Ganz besonders, da ich dich eigentlich zu ihm bringen wollte, damit du dich in angenehmer Gesellschaft erholen kannst." Dann klopfte er an die Bürotür. Mr. Banks öffnete ihnen. "Was ist denn? Ich unterrichte Mr. Morlet gerade über den Vorfall. Kommt später wieder."

"Ich muss mit Ihnen sprechen, Sir", sagte Trina. Mr. Banks seufzte: "Na gut, komm herein. Lucien du holst bitte Ares her und wartest vor der Tür."

Lucien nickte und ging.

Trina schlürfte langsam ins Büro und setzte sich auf einen Stuhl an Mr. Morlets Schreibtisch. Keineswegs überraschend: auch ein altes, klobiges Pult aus dem gefühlten Mittelalter. Der Schulleiter guckte Trina fragend an: "Was kann ich für Sie tun, Miss Silver?"

Mr. Banks antwortete an Trinas Stelle: "Sie ist auch an dem Vorfall beteiligt. Mr. Seale hatte die glorreiche Idee, sie zu Mr. Walker zu bringen. Allerdings waren dort schon Ms. Parker, Ms. Seabold und Ms. Wood. Ich weiß nicht, ob das schon unter Einfluss war oder freiwillig. Jedenfalls haben diese überheblichen Gören spätestens dann ihre Macht gebündelt und Mr. Walker und Mr. Seale unterworfen. Was dann folgte ist Ihnen wohl klar, Sir."

"Wie bitte? Sie haben es tatsächlich noch einmal gemacht?!" Trina erlebte Mr. Morlet zum ersten Mal aufgebracht. "In der Tat, Sir. Wie es mir scheint, aus niederen Beweggründen", bestätigte Mr. Banks.

"Ja...Ja, in der Tat, für solch ein Fehlverhalten aus niederen Gründen ist Ms. Wood durchaus der Typ", bedachte Mr. Morlet und griff zu dem Telefon auf seinem Schreibtisch. Er wählte eine Kurzwahl und wartete, bis abgehoben wurde. "Mrs. Caffarelli, bitte bringen Sie Ms. Wood, Ms. Parker und Ms. Seabold in den kleinen Aufenthaltsraum am Speisesaal. Warten Sie dann auf mich und sorgen Sie dafür, dass sie nicht miteinander reden. Danke." Er legte auf. Dann wandte er sich wieder Trina zu: "Nun, Ms.Silver. Sie haben in den letzten Tagen enorm viel Aufsehen erregt. Ich hoffe, dass sich das wieder legt und bitte Sie, Sich doch ein bisschen zurück zu nehmen. Sie werden in naher Zukunft ohnehin viel Aufmerksamkeit erhalten."

Trina nickte: "Es tut mir leid, Sir, wenn ich Ihnen Umstände bereitet habe, allerdings habe ich nichts getan, um vermehrt die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Ich habe mich verhalten wie immer, aber wenn Sie darauf bestehen, werde ich mich natürlich zurücknehmen."

"Hm, naja. Ich möchte selbstverständlich nicht, dass Sie Sich unnatürlich verhalten, aber es wäre dennoch von Vorteil, wenn Sie ein bisschen weniger im Mittelpunkt stehen würden", gab Mr. Morlet zu, dann sprach er Mr. Banks an: "Holen Sie jetzt bitte die beiden jungen Männer dazu."

Mr. Banks nickte, öffnete die Tür und streckte den Kopf raus, um nach zu sehen, ob Lucien und Ares da waren. Hinter dem Genealogie Lehrer kamen die beiden herein. Trina wollte sie nicht anschauen, konnte jedoch nicht anders. Ares sah schrecklich aus: die Wangen eingefallen, die Lippen blass und die Haare waren wirr. Er tat ihr leid. Doch auch Lucien war nicht ganz auf der Höhe. Er wirkte müde und abgeschlagen. Mr. Banks stellte sich an die Tür, Ares setzte sich auf den anderen Stuhl, neben Trina. Lucien stand hinter ihm, eine Hand auf der Lehne. Er lächelte Trina an. Trotz ihrer Schimpftiraden und Unterstellungen war er ihr nicht böse. Versöhnlich lächelte Trina zurück. Sie war sich mittlerweile sicher, das die beiden vorhin kein freien Willen hatten und griff nach Ares seiner Hand, die er auf dem Schoß liegen hatte. Überrascht schaute er Trina an, wirkte dann aber irgendwie gelöst und entspannt und drückte ihre Hand.

Trina hörte sich Ares und Luciens Versionen des Geschehens an, was ihre Vermutung bestätigte, dass die beiden keine andere Wahl hatten.

"Nun denn. Ich werde jetzt hinunter gehen und in Erfahrung bringen, was die Beweggründe aus Sicht der Mädchen waren. Ihnen beiden", Mr. Morlet deutete auf Lucien und Ares, "wird Mr. Banks jetzt Blut abnehmen, um die Bestätigung einzuholen, dass Sie unter Einfluss standen. Und Ihnen dreien rate ich, sich möglichst bald schlafen zu legen, um sich ausreichend zu erholen. Die Sonne wird in etwa zwei Stunden aufgehen."sagte er.

BlutsMacht - Die ZeremonieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt