Kapitel 45: Aussehen

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Kapitel 45: Aussehen

Diese Nacht war irgendwie anders. Ich wachte öfter auf als sonst und konnte danach nicht sofort wieder einschlafen. Es war komisch. Ich habe hier in der Zeit in diesem Krankenhaus viele Menschen kennen gelernt und sie alle sind vor mir gegangen. Wieso war ich auch so Dumm und bin aufgestanden? Obwohl er es mir verboten hat? Er hat mir damit gedroht, mich verlegen zu lassen. Was wäre, wenn es wirklich soweit gekommen wäre? Was ist, wenn es noch so kommt?

Am Morgen wachte ich wieder wie gewohnt gegen halb Neun Uhr auf. Er saß an meinem Bett, wie immer. Er begrüßte mich, so wie immer. Es ist schon so zur Routine geworden, dass ich mich langsam daran gewöhnt hatte, nicht in meinem Bett aufzuwachen. "Guten Morgen", blinzelte ich ihn an. "Wie geht es dir?" Wie wird es sein, wenn ich Entlassen wurde? Er würde nicht, wie jetzt, Morgens neben meinem Bett sitzen und mich fragen, wie es mir geht. "Gut", sagte ich monoton. Auch wenn er zum Freund wurde, wird es nicht das gleiche sein. "Klingt so, als könnte es besser sein?" Ja, das könnte es tatsächlich. Ich nickte. "Hast du Schmerzen?"

Dieses Wort könnte es beschreiben. "Ich würde nicht sagen, dass es schmerzt. Es ist eher ein ziehen." Ich schob meine Decke nach unten und zeigte auf meine Wunde. Der Assistenzarzt zog sich blaue Handschuhe an, schob mein Hemd nach oben und zog am Pflaster. >Bitte, bitte lass es nicht Entzündet sein, das kann ich jetzt gar nicht gebrauchen.< "Sieht aber soweit ganz gut aus. Wenn es brennt und zieht, ist es ein gutes Zeichen. Es heilt." Mein Blick richtete ich auf ihn. Er klebte das Pflaster wieder auf meine Haut und zog das Hemd runter.

"Könnten Sie mir das Gestell höher machen, bitte?" Es nervte irgendwie, wenn ich nur im Bett lag. "Ja, sicher." Er beugte sich halb über mich und ich hörte ein kurzes Klick. "Danke." Er lächelte mich wieder an und setzte sich dann wieder auf den Stuhl. "Möchtest du was essen?" Ich verneinte seine Frage und vernahm rechts von mir Aiana's behandelnden Arzt. Jetzt war es auch bei ihr soweit. Ich spürte, wie mich jemand beobachtete. Das konnte ja nur er sein.

Ich hörte dem Arzt zu, wie er mit meiner Bettnachbarin sprach, bis er sie mitnahm. Sie schmunzelte kurz in meine Richtung und war aus dem Raum verschwunden. "Was ist los, Mi?" Mein Blick schnellte in seine Richtung. "Weiß nicht. Wenn sie heute entlassen wird, dann bin ich wieder alleine. Ich meine, ich bin noch dreizehn Tage hier, wenn alles gut geht." Er zog seine Stirn in Falten. "Was soll denn schief gehen?" Ich rollte mit den Augen. "Na, wenn ich wieder so dumm bin und aufstehe?" Er fing an zu lachen und schloss für kurze Zeit sogar seine Augen. "Mi, es ist sogar gut, wenn du aufstehst. Oder willst du ins Bett machen?" Irgendwie hatte er ja recht und das war sein Okay.

"Wenn ich aufstehen darf, dann entschulige mich bitte." >Habe ich ihn gerade geduzt?< Ich robbte zur Bettkante und stand auf. Es fühlte sich im ersten Moment komisch an, weil die Narbe zog. Aber er sagte, dass es gut aussieht. Im Badezimmer angekommen, knipste ich das Licht an und schaute in den Spiegel, der über dem Waschbecken hing. "Oh mein Gott!" Das durfte nicht wahr sein.

Ich schaute zur Tür, in dem mein behandelnder Arzt stand, als meine Stimme lauter wurde. "Sehe ich wirklich so scheiße aus, wie ich aussehe?" Sein Blick deutend, stand er wohl kurz vor einem Herzinfarkt, aber er fing an zu lachen. "Naja, die paar Haare die da abstehen." Paar Haare? "Augenringe bis nach Jericho, fettiger Haaransatz und dazu kommt noch, dass ich total scheiße aussehe."


BEENDET! Eines Tages - Frederik Seehauser - Klinik am SüdringWo Geschichten leben. Entdecke jetzt