Kapitel 17: Predigt

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Kapitel 17: Predigt

"Es tut mir Leid", gab ich leise von mir und schaute weiter auf seine Hände. "Sonst muss ich noch andere Maßnahmen ergreifen." Hat er gerade kurz gelächelt? "Was wäre eigentlich so falsch, dass ich auf die ITS kommen würde?" Der Arzt schaute mich Perplex an. "Auf die ITS würdest du nur kommen, wenn du in einem Lebensbedrohlichen Zustand wärst. Und das bist du nicht", meinte er betrübt, während er mich weiter in Richtung Zimmer schob. Ich habe das Gefühl, das er Müde ist. "Heißt also, dass ich etwas mach.." Er unterbrach mich, in dem er wieder anhielt und sich vor mich stellte. "Vergiss es, Mirella." War er fassungslos von dem, was ich gerade ansprechen wollte?

>Ihm kann es doch egal sein...< "Wieso?" Seine Augen verengten sich und er sah mich über sein Brillengestell an. "Du wirst nicht das tun, was ich auch nicht machen würde." In meinem Kopf sammelten sich ein paar Gedanken und ich dachte nach. "Ist doch sowieso egal, was mit mir passiert. Meinem Onkel ist es ja auch gleichgültig, so wie es aussieht." Er sagte nichts mehr.

Im Zimmer angekommen half er mir in mein Bett. Vor mir stehend, umklammerte er mich und hievte mich aufs Bett. Was Lotta sagte, war mir egal, aber ich lächelte sie Triumphierend an.  "Mirella, ich sage es dir jetzt noch ein letztes mal, wenn du etwas machst, egal was, dann kannst du dir sicher sein, dass ich dich verlegen lasse." Ich schaute ihn an und ich muss ehrlich sein, ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich nickte ihm unsicher zu. Dann half er mir, mich hinzulegen. Mit Schmerzverzertem Gesicht starrte ich ihn an. "Ich warne dich", meinte der Arzt mit einer sicheren Stimme. Ich sagte dazu nichts. >Ist doch eh egal..<

Ich redete kein Wort mit Lotta, als der Arzt aus dem Zimmer verschwunden war. Ich konnte mir schon denken, was sie sagt, wenn ich sie ansprechen würde. Konnte glauben, dass sie mich drauf anspricht, was bei rausgekommen ist, als ich Herrn Seehauser nach der Nachricht wegen meines Onkels gefragt habe. Wenn ich ihr aber erzähle, was passiert ist, würde sie mir wohl auch eine Predigt halten und darauf hatte ich mal so gar keine Lust. Aus dem Grund hörte ich wieder Musik, sonst würde das nicht gut ausgehen.

Ein paar Stunden später, am Abend - ich ließ mein Essen mal wieder stehen - kam Herr Seehauser zur Visite. "Lotta, könntest du uns kurz alleine lassen?", bat der Arzt. Das angesprochene Mädchen rollte mit den Augen, zwengte sich in den Rollstuhl und rollte auf den Flur raus. Der Assistenzarzt setzte sich zu mir auf das Bett und faltete seine Hände ineinander. "Ich mag dich jetzt nicht Zurechtweisen, aber du musst doch selber wissen, dass das Leben nicht immer einfach ist." >Wohl wahr, aber er vergisst da etwas.< "Wenn du etwas machst, ich sage explizit nicht das, an was ich denke, aber dann wirst du mit Sicherheit auf der Intensivstation landen. Möchtest du das?" Ich drehte meinen Kopf zur linken Seite und schaute aus dem Fenster. "Ich will nicht darüber reden." Ich merkte, wie sich Tränen in meinen Augen bildeten und spürte den Drang, ihn aus dem Zimmer zu schmeißen. Doch traute ich mich nicht.

"Mirella, du bist noch so Jung und du hast dein ganzes Leben noch vor dir. Was soll denn werden, wenn du etwas machst, was du nicht willst? Oder noch schlimmer, was wäre, wenn es keine Frakturen gewesen wären, sondern du direkt verstorben wärst?" Es ist doch eine Predigt. "Das wäre mir lieber gewesen, als jetzt hier zu liegen.." Meinen Satz ließ ich mit Absicht in der luft hängen und wischte mir meine Tränen weg. "Du wärst also lieber Tot?" Das letzte Wort sagte er so langsam, das ich schwören konnte, das er es mit Absicht getan hätte. "Ja", sagte ich leise.

"Du würdest also alles weg schmeißen, was du bisher gemacht hast?" In seiner Stimme lag etwas erschreckendes, als ob er mich darauf hinweisen möchte, das ich Naiv oder Dumm wäre. "Was würden Sie denn machen, wenn Sie so Leben würden, wie ich? Mit dieser Krankheit, die so viele belächeln, als wäre es etwas, das von alleine wieder weg geht?" Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung. "Depressionen sind nicht leicht, aber man kann dagegen angehen." Pff. "Depressionen kommen und gehen wann sie wollen. Was wollen sie daran ändern?" Er runzelte seine Stirn und schob seine Brille wieder zurecht. "Du kannst nicht zu allem Ja und Amen sagen, Mirella. Das Leben ist so schön und du kannst nichts dafür. Eine Mutter ist unersätzlich.." Mir liefen die Tränen. "Hören Sie auf, .. bitte."

Nun lag seine Hand auf meiner und ich hatte das Gefühl, dass er es Ernst meinte. "Es ist egal, was andere von dir denken. Du bist nun mal so, wie du bist. Aber sei gut zu dir selbst." Mit diesem Satz ließ er meine Hand los und ging.


BEENDET! Eines Tages - Frederik Seehauser - Klinik am SüdringWo Geschichten leben. Entdecke jetzt