Kapitel 61: Sorgen und knurrender Magen

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Kapitel 61: Sorgen und knurrender Magen

"Entschuldige, dass ich dich vorhin so angebrummt habe", sagte ich leise. Er hob seinen Kopf. "Ist schon gut, Mi. Wirklich." Ich ging einen Schritt in den Raum und schloss die Tür hinter mir. "Kann ich mit dir reden?" Er nickte. "Natürlich, das weißt du." Ich setzte mich auf den Stuhl vor ihm. "Ich habe mich vorhin bei Josephine entschuldigt und habe ihnen gesagt, was ich von ihren Mobbingattacken halte." Er lächelte mich an. "Freut mich, dass du es alleine geschafft hast." Ja, da war ich selber immer noch überrascht, dass ich es alleine hinbekommen habe, aber von nichts kommt ja bekanntlich nichts. "Da gibt es aber noch etwas", gestand ich. Er hob eine Augenbraue hoch. "Meine Narbe ist entzündet und sie tut fürchterlich weh."

Ich hob mein T-Shirt hoch. Es war rot, geschwollen und es brannte. Er machte große Augen und auf seiner Stirn bildeten sich rillen. Er zog sich Handschuhe an und ich legte mich auf die Liege. Er tastete die Narbe ab und ich kniff meine Augen zusammen. "Das tut weh.." - "Ja, das sieht schon schmerzhaft aus. Ich werde es desinfizieren und dann bekommst du ein Pflaster und Antibiotika", sagte er und rollte mit dem Stuhl, auf dem er saß, zum Schrank und holte eine Sprühflasche. Es tat kurz mehr weh und es war kalt, aber es tat auch gut. Er klebte ein großes Pflaster drauf und kurz darauf schrieb er etwas in seinen Computer. "Ich bin sofort wieder da", meinte er und war im Flur verschwunden. Ich lag derweil immer noch auf der Liege und starrte die Decke an, bis er wieder kam. Ich sah schon, dass er sich darauf vorbereitete, mir eine Infusion zu legen.

Als er fertig mit allem war, zog er die Handschuhe wieder aus und warf sie in den Mülleimer. Dann holte er einen Rollstuhl, in dem ich mich hinein setzte und er legte die Infusionsflasche auf meinen Schoß. In meinem Zimmer angekommen, legte ich mich ins Bett und er hing die Infusion an den Ständer, der beim letzen mal einfach stehen gelassen wurde. Giuliana beobachtete uns. "Versuch, etwas zu schlafen." Schlafen? Jetzt? "Geht bei dem warmen Wetter eh nicht." Er rollte mit den Augen. "Versuch es wenigstens." Ich schielte kurz zu ihm und legte mich so gemütlich hin, wie es mir möglich war. Irgendwann schlief ich tatsächlich ein.

Zwischendurch wachte ich mehrmals auf, schlief aber wieder ein. Einmal sah ich eine Krankenschwester, die die Infusion kontrollierte und wieder ging. Am Abend wachte ich wieder auf. 20:56 Uhr. Ich vernahm meinen Onkel, der links neben meinem Bett saß und mich anlächelte. "Geht es dir besser?" Ich rutschte im Bett hoch und griff nach dem Glas Wasser. "Ja, immer noch Müde, aber im großen und ganzen geht es mir gut."

Mein Onkel nickte zufrieden. "Meine Kollegen lassen grüßen. Sie freuen sich wirklich, dich kennen zu lernen. Ich habe dir im übrigen neue Bekleidung mitgebracht." Ich lächelte ihn Müde an und stellte das Glas wieder beiseite. "Hoffentlich erzählst du ihnen nur gutes über mich, und Danke", grinste ich leicht. Er fing an zu lachen. "Nur gutes." Im weiteren Verlauf des Abends erzählte ich meinem Onkel, dass ich mich mit Josephine und Hanna unterhalten hatte und was ich ihnen sagte. Wir redeten etwas darüber und ich sagte ihm, wie schwer es mir fiel, die Worte auszusprechen. Das ich hoffte, dass das Mobbing endlich ein Ende hat und das sich die beiden bei allen Entschuldigen, denen sie je wehgetan hatten.

Etwa eine Stunde später machte sich mein Onkel wieder auf den Weg. Er umarmte mich, bis mir auffiel, dass ich ihm den Brief noch geben muss. "Warte kurz, ich habe einen Brief an Elina zurück geschrieben. Würdest du ihn für mich zu ihr bringen?" Er nickte. "Natürlich." Kurz darauf, ich gab ihm den Brief, war er aus der Tür verschwunden. Ein paar Minuten später kam mein behandelnder Arzt zum Zimmer rein. Er redete kurz mit Giuliana und setzte sich dann auf den Stuhl neben meinem Bett. "Geht es dir besser?" Ich nickte kurz. "Möchtest du was essen? Hast du Hunger?" Er macht sich schon wieder Sorgen. "Ich möchte nicht, dass du dir Sorgen machst. Mir geht es gut, wirklich." Er räußperte sich kurz. Er glaubte mir nicht, ich wusste es von vornherein. "Und ja, ich habe Hunger." - "Auf was hast du denn Hunger?"

Wenn er schon so fragt. "Ich hab total Hunger auf Pizza, mit Ananas." Er grinste und stand auf, er sagte kein Wort und ging raus. 20 Minuten später kam er mit einem Pizzakarton wieder, der nach Teigboden, Ananas und Tomatensauce roch. Er setzte sich wieder hin und stellte den Karton auf meine Beine. "Lass es dir schmecken", grinste er. Wie macht er das immer? Er erfüllte mir jeden Wunsch und so wie es aussieht, hat er gerade sein eigenes Geld für eine Pizza ausgegeben, weil ich Hunger darauf habe.

Ich öffnete den Karton und sah, dass sie in acht gleich große Stücke geschnitten war. "Das hätte nicht sein müssen, wirklich nicht." Er grinste mich schief an. "Nun iss schon, sonst wird sie kalt."  Nun gut, dann esse ich sie eben.

BEENDET! Eines Tages - Frederik Seehauser - Klinik am SüdringWo Geschichten leben. Entdecke jetzt