Kapitel 49: Hanna

841 33 3
                                    

Das Kapitel ist ziemlich kurz, aber ich wünsche euch trotzdem viel Spaß beim Lesen. :)

_________________________

Kapitel 49: Hanna

"Na, nimm schon." Ich sammelte den Block und den Stift ein, ging zur Tür und blieb im Rahmen stehen. "Danke."

Wieder in meinem Zimmer angekommen, setzte ich mich auf das Bett und deckte mich zu. Den Block auf meinen Beinen liegend, nahm ich den Kugelschreiber in die rechte Hand. Da saß ich nun. Wie soll ich denn anfangen zu schreiben? Was soll ich schreiben? "Sehr geehrter Herr Seehauser .." Ich schüttelte den Kopf. >Nein, das klingt zu komisch.< Ich nahm das Blatt in die Hand und zerknüllte es. Nach einer halben Ewigkeit fing ich einfach an, Wort für Wort auf das Blatt zu schreiben. 

"Lieber Frederik,                                                                                                                  03. August

ich weiß nicht so recht, wieso ich das hier mache, aber irgendetwas sagt mir, das ich das tun soll. Ich werde in ein paar Tagen entlassen und mir ist eben wieder einmal bewusst geworden, dass ich nicht immer Nett zu Dir war. Dafür möchte ich mich in aller Form bei Dir entschuldigen. Ich weiß selber nicht, was in mich gefahren ist. Manchmal habe ich das Gefühl, dass es falsch ist, überhaupt etwas zu sagen, obwohl ich es gerne möchte. Ich weiß, ich bin komisch und werde immer das Mädchen bleiben, aus der man nicht schlau wird.

Seitdem ich hier bin, warst Du für mich da und hast alles gemacht, damit es für mich so angenehm ist, wie es möglich war. Irgendwann hat es dann angefangen, dass Du morgens neben meinem Bett sitzt. Das Du mich fragst, wie es mir geht, wie ich geschlafen habe oder ob ich etwas essen möchte. Ich weiß nicht, wie die Zeit wird, wenn ich wieder Zuhause bin. Du wirst nicht jeden Tag an meiner Seite sein und mir Ratschläge geben, wenn ich Hilfe brauche. Du wirst mir nicht antworten können, wenn ich nach Dir rufe oder wenn ich Dich etwas fragen möchte. Es wird anders werden, aber ich werde damit schon klar kommen. Ich möchte damit nur sagen, dass Du bisher der einzige warst, dem ich alles anvertrauen konnte und Du hast nicht ein einziges Geheimnis weiter erzählt. Ich weiß, Schweigeflicht. Für mich war es aber keine Patientin-Arzt Freundschaft, .. Du bist für mich einfach ein guter Freund, wie ein großer Bruder, dem ich Vertrauen kann. Es ist nicht so wie mit Elina und so wird es bei ihr nie wieder sein. Du bist einer der wenigen Personen, die ich brauche, weil Du immer weißt, was gut für mich ist. Ich werde die Zeit hier vermissen...

In Liebe,

Mirella"

In Gedanken ging ich die geschriebenen Zeilen noch einmal durch, faltete ihn und legte ihn in meine Schublade. Das zweite Blatt riss ich ebenfalls ab und schmiss es in den Mülleimer. Ich stand auf, schnappte mir Block und Stift und ging wieder in die Richtung des Zimmers mit der Nummer 114. Dieses mal war aber die Tür zu. Ich wollte nicht lauschen oder derartiges, das wäre nicht Fair. Also ging ich weiter den Flur entlang, bis ich zum Wartezimmer kam. Es saßen nicht viele dort, also setzte ich mich direkt gegenüber der Tür auf einen freien Platz und wartete. Ich schaute in der Gegend rum, beobachtete einen älteren Herren, wie er in einer Zeitung blätterte, bis mein Blick auf die andere Seite wanderte. Dort saß ein Mädchen. Ich beäugte sie, denn ich kannte sie. Sie hatte ihre schwarzen Haare zu einem hohen Zopf gebunden und jedes mal dachte ich, dass sie gar kein Make-Up braucht. Ihre Augen waren mit schwarzem Kajal umrandet, obwohl sie das auch nicht bräuchte. Sie hat so dunkle Augen, dass man dachte, sie wären Schwarz.

Sie hielt sich mit ihren Händen den Bauch, zog ihre Stirn in Falten und nahm eine Schonhaltung ein. >Ich glaube, sie hat Schmerzen, aber wieso sollte ich ihr helfen?< Ihr Kopf ging nach oben, als jemand den Raum betrat und den älteren Herren mitnahm, dann sah sie zu mir. "Was machst du denn hier?" Ihre Stimme klang wie immer. Stumpf und Monoton. "Das geht dich gar nichts an", brummte ich ihr zu. "Musst ja nicht gleich ausfallend werden." Ich und ausfallend? >Ich zeig ihr gleich mal, was ausfallend ist.< "Ich habe dir nie etwas getan, Hanna, also lass mich einfach in Ruhe." Reicht mir, dass sie mich mit den anderen in der Schule fertig macht. Da kann ich es hier im Krankenhaus nicht auch noch gebrauchen.


BEENDET! Eines Tages - Frederik Seehauser - Klinik am SüdringWo Geschichten leben. Entdecke jetzt