Kapitel 74: Abschlussgespräch

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It's Friday! Und ja, es ist das vorletzte Kapitel. Nächsten Freitag kommt das letzte..
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Kapitel 74: Abschlussgespräch

Jetzt war es soweit, das Abschlussgespräch kam immer näher. Ich hoffte, das es mir nicht all zu schwer fallen wird. Ich humpelte mit Krücken in die Richtung seines Büros. Schwester Charlotte lächelte mich mit einem Hauch von Hoffnung an, als sie an mir vorbei ging und ich setzte mich auf eines der freien Stühle im Flur. Die Krücken stellte ich an dem Stuhl neben mir ab. Ich hielt den Brief in der Hand, den ich ihm geschrieben hatte und faltete ihn auf. Ich las ihn mir noch einmal durch.

Ich schaute kurz auf mein Handy. 11:26 Uhr. "Mirella?" Seine Stimme hallte den Flur entlang und ich stand vom Stuhl auf und schnappte mir die Krücken. Mein Handy und den Brief lies ich in meine Hosentasche gleiten. Seinem Gesichtsausdruck zufolge, war er traurig, dass ich heute entlassen werde. Ich war trotzdem froh, hier endlich raus zu kommen. Es ist genug in den letzten Wochen passiert.

Er deutete auf den Stuhl vor dem Schreibtisch. Dann fing es an zu reden. "Mirella, ich freue mich wirklich, dass du endlich nachhause kannst, aber sei dir bewusst, dass du das nächste mal besser aufpasst. Du hattest einen großen Schutzengel, es hätte .." Ich unterbrach ihn. "Ja, ich weiß. Es hätte viel mehr passieren, als es tatsächlich ist, das ist mir durchaus bewusst." Er nickte kurz. "Dann pass in Zukunft bitte auf dich auf. Ich möchte dich hier als Patientin nicht noch einmal so lange auf Station haben." Ich lächelte ihm zu. "Versprochen." - "Ich hoffe, dass du wieder in deinen normalen Tagesablauf rein kommst und das du jetzt, nach deinen Sommerferien auch wieder Lust auf Schule hast." Ich nickte und setzte mich auf den Stuhl. Die Krücken lies ich auf dem Boden fallen.

"Des weiteren möchte ich dir sagen, dass es nicht einfach ist, zu Leben. Ich konnte dich in den letzten Wochen kennen lernen und so langsam verstehe ich, wie du tickst." Ich lachte kurz auf. "Den Schlüssel wirst du trotzdem nicht finden." - "Ich hoffe, dass du jemanden finden wirst, der dich so akzeptiert, wie du bist. Du hast deine Ecken und Kanten und auch deine Päckchen zu tragen, ich würde mich wirklich freuen, denn du hast es nicht verdient, alleine gelassen zu werden."

Wieso sagte er mir das? "Was meinst du damit?" Er faltete seine Hände ineinander. "Ich möchte nur, dass man dich nicht alleine lässt. Ich kenne dich solangsam und ich möchte nur das beste für dich. Es muss halt jemanden geben, der dich auch mit deinen Narben akzeptiert." In meinen Augenwinkeln sammelten sich Tränen.

Er hat mich nie nach meinen Narben gefragt, aber hätte er es getan, ich hätte ihm alles beantwortet.

"Ich weiß, was du meinst." Ich versuchte, ein lächeln zustande zu bringen, aber es klappte nicht. "Sei dir bewusst, dass das Leben mit Verantwortung verbunden ist. Du bist dafür verantwortlich, was du sagst, was du tust, was du denkst und was du fühlst." Ich verstand, was er mir damit sagen wollte, doch irgendwie war ich mir nicht sicher, was er genau damit meinte. Ich nickte nur, während ungeachtet eine Träne über meine Wange lief. "Es gibt Menschen, die Fehler immer bei anderen suchen, weil sie denken, sie wären Perfekt."

"Ich weiß, was du meinst, Frederik, aber solche Menschen werden mir mein Lebenlang entgegen kommen. Entweder sie werden zu Freunden oder zu Feinden." Er lächelte mich an. "Du wirst trotzdem immer anders bleiben, Spezieller." Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht.

"Frederik?" Er sah mich an. "Ich möchte mich bedanken, ich habe hier eine wundervolle Zeit hinter mir, auch wenn es manchmal nicht so war. Die negativen Dinge gehören eben nun mal dazu. Ich hatte hier einen kompetenten Arzt, Krankenschwestern - sowie die Pfleger, die alles geben. Ich danke dir, dass du dein ganzes Herzblut in dieses Krankenhaus steckst. Das du immer da warst, wenn ich dich brauchte.Vielleicht werde ich dich eines Tages wieder sehen, aber auf eine andere Art und Weise. Ich weiß, du möchtest mich hier nicht noch mal als Patientin haben." Wir lachten beide und er bedankte sich bei mir.

Ich stand vom Stuhl auf, wischte mir abermals die Tränen aus dem Gesicht und schaute ihn an. Mit meiner rechten Hand holte ich den Brief aus meiner Hosentasche und legte ihn auf den Schribtisch vor ihm. Er hob eine Augenbraue. "Wenn du ihn gelesen hast, wirst du es verstehen." Ich hob die Krücken auf, humpelte zur Tür und drehte mich noch mal um. Ich lächelte ihm noch einmal zu und war verschwunden.

BEENDET! Eines Tages - Frederik Seehauser - Klinik am SüdringWo Geschichten leben. Entdecke jetzt