~Kapitel 65~

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Immer wieder glitt mein Blick auf die Uhr.
Inzwischen hatten wir schon fast zweiundzwanzig Uhr.
Normalerweise war Tyson schon längst wieder zurück vom Training.
Vielleicht wusste er auch nicht wirklich, wie er mit der Situation umgehen sollte und ließ sich deswegen etwas mehr Zeit.
Bestimmt überlegte er, wie er sich entschuldigen könnte.
Das redete ich mir jedenfalls ein, aber als mehr und mehr Zeit verging, machte ich mir langsam Sorgen.
Was, wenn ihm was passiert war?
Als es fast halb zwölf war, hielt ich es nicht mehr aus und nahm mein Handy nur Hand, um ihm zu schreiben.
„Wo bleibst du?“ tippte ich in die Tasten und schickte es ab.
Nur wenige Sekunden später laß er meine Nachricht überraschend auch schon, doch ging er genauso schnell wieder offline, ohne etwas zu antworten.
Ich schickte ihm noch zwei Fragezeichen hinterher und wartete wieder auf eine Antwort, doch wieder ließ er meine Nachricht und ging einfach offline.
So war er doch sonst nicht, was war los bei ihm?
„Alles gut???“, hakte ich erneut nach, doch hatte eigentlich schon keine Hoffnung mehr auf eine Antwort.
Er war so ein Sturkopf manchmal!
Wenn er beschloss mich zu ignorieren, würde er das wahrscheinlich auch mir Leichtigkeit durchziehen.
Da brachte es wenig, sich mit ihm auseinanderzusetzen.
Als mir angezeigt wurde, dass er auf einmal doch schrieb, machte sich Erleichterung in mir breit.
„Alles gut?! Nichts ist gut! Und das weißt du ganz genau, also tu nicht so dumm“
Fuck mit so einem Antwort hatte ich nicht gerechnet. Autsch....
Nach einer lieben Entschuldigung sah das überhaupt nicht aus.
„Lass uns doch reden Tyson“, antwortete ich, doch wurde wieder ignoriert.
Mit ihm zu diskutieren war wohl wirklich sinnlos, aber ich machte mir trotzdem Sorgen um ihn, weshalb ich ihm einfach erneut schreiben musste.
„Ich mach mir Sorgen um dich, wo bist du??“, sendete ich ihm und betete für eine Antwort.
„Penne bei nem Freund“, antwortete er mir.
Konnte er mir jetzt nicht Mal mehr sagen bei wem er war?
Ich kannte seine Freunde doch, oder hatte er mir jemanden vorenthalten?
„Drake?“, schrieb ich zurück, doch bekam wieder keine Antwort.
Ich hatte auch echt keine Lust mehr weiter rumzustochern, weswegen ich mein Handy bei Seite legte.
Und was mache ich jetzt?
In mir stauten sich so viele Emotionen und Gedanken gleichzeitig an und ich hatte das Gefühl gleich zu platzen, wenn ich das nicht irgendwie rauslassen würde.
Kathy war zwar noch an der Bar, aber vielleicht war das gar nicht so schlecht.
Ich rappelte mich auf und zog mir etwas ordentliches an, richtete kurz meine Haare, nahm mein Handy sowie mein Portemonnaie und machte mich zielstrebig auf den Weg nach draußen.
Es war etwas kühler als gedacht und ich war froh, dass der nächste Bus schnell kam.
Die Straßen waren leer und so dauerte es nicht lang, bis ich an meinem Ziel ankam.
Irgendwo hier musste Kathy arbeiten.
Ich erblickte das leuchtende Clublogo in der Dunkelheit und steuerte darauf zu.
Drinnen spielte laute Musik, zu der sich die Menschen wild bewegten.
Ich drängelte mich durch die Mengen und entdeckte Kathy aus der Ferne an der Bar.
Als ich näher kam bemerkte sie mich auch und kam überrascht auf mich zu, um mich zu umarmen.
Kathy: „Was machst du denn hier Schatzi?“
Sie trat wieder hinter die Theke und begann irgendwas zu mixen, während ich mich auf einen der freien Barhocker setzte.
Ich: „Ach Kathy, ich hab mit Tyson versucht zu reden, aber er ist vollkommen ausgerastet und abgehauen. Er ist nichtmal nach Hause gekommen und hat mir auf WhatsApp erst gar nicht antworten wollen. Jetzt ist er bei irgendeinem Freund und ich weiß nicht was ich tun soll“
Kathy: „Oh nein Maus. Das hört sich ja nach ner richtigen Beziehungskrise an. Trink erstmal was“
Sie drückte mir ein Getränk, das ich nicht zuordnen konnte, in die Hand und ich nahm einen großen Schluck.
Man schmeckte deutlich den Alkohol, aber durch etwas Orangensaft hatte das ganze ein süßes Aroma.
Ich: „Danke. Und was mach ich jetzt?“
Kathy: „Dich vorallem nicht verrückt machen. Du hast das richtige getan und das muss Tyson jetzt verarbeiten. Er wird sich schon wieder einkriegen
Unsicher nippte ich weiter an meinem Drink und dachte darüber nach, bis sich mein Glas nach einer Weile schließlich geleert hatte.
Das hatte wirklich gut geschmeckt und irgendwie auch gut getan, weshalb ich Kathy nach einem zweiten fragte.
Eigentlich trank ich ja nie so viel, aber heute brauchte ich das einfach.
Kathy überreichte mir ein neues Glas und wendete sich anschließend wieder den anderen Kunden zu.
Ich beobachte, wie sie die verschiedensten Getränke mixte und den Leuten überreichte, bis sich der Andrang an der Bar für einen Moment legte und Kathy wieder zu mir kam.
Ich: „Und wenn er sich nicht einkriegt?“
Kathy: „Er liebt dich. Das sieht ein Blinder. Also wird er auch um dich kämpfen. Du solltest dich entspannt zurücklehnen und abwarten“
Ich hasste es zu warten und mein süßer Drink, der mir dies erleichterte, war erneut leer.
Ich: „Hm, dann bitte noch einen Drink. Sonst werde ich beim Warten noch verrückt“
Kathy: „Kommt sofort, aber übertreibs nicht. Mein Job ist es zwar, dir soviel Alkohol wie du willst bereitzustellen, aber du musst dich wegen ihm echt nicht zusaufen
Ich: „Mach ich schon nicht“
Doch als sich mein Getränk erneut leerte, brannte in mir noch immer die Lust nach mehr. Nach mehr Alkohol. Nach mehr Erleichterung. Erleichterung von all meinen Gefühlen und Gedanken.
Daher stieg ich auf puren Vodka um, obwohl ich diesen normalerweise nie trinken würde.
Doch mit jedem Schluck schien mir meine Situation erträglicher und ich fühlte mich besser.
Mein Gewissen, das mir sagte, ich sollte aufhören zu trinken, hatte ich komplett verdrängt und auch Kathy konnte mich nicht umstimmen.
Mit dem Alkohol lockerte sich auch meine Stimmung Schritt für Schritt, sodass ich sogar mit ein paar anderen von der Bar nach munteren Unterhaltungen ein paar Shots trank.
Ich unterhielt mich mit einigen echt gut, hauptsächlich irgendwelche Männer, die mindestens schon genau so betrunken waren wie ich.
Sie erzählten mir die verrücktesten Geschichten aus ihrem Leben und ich erzählte ihnen von mir, jedoch war ich mir nicht immer ganz sicher, ob sie an manchen Stellen versuchten mit mir zu flirten.
Das ganze ging dann soweit, dass mich einer sogar versuchte zu küssen, woraufhin ich ihn allerdings weg stieß.
Besagte verzog sich zum Glück recht schnell und ich trank einfach noch ein Glas mehr, um den kleinen Zwischenfall schnellst möglich wieder zu vergessen.
Inzwischen wusste ich gar nicht mehr wie viel ich schon getrunken hatte, aber mich konnte trotzdem nichts davon abbringen, mein Tuen fortzusetzen.
Ich fühlte mich wie in einem Tunnel, in dem ich von schwarze Dunkelheit eingeholt werden würde, wenn ich nichts trinken würde.
Ich fühlte mich abhängig, als würden mich all meine Probleme, Sorgen und Ängste erschlagen, wenn der betörende Effekt des Alkohols nachließ.
Man könnte wortwörtlich sagen, ich ertränkte meine Probleme einfach.
Da konnte Kathy mir noch so oft sagen ich solle aufhören.
Ein Zeitgefühl hatte ich auch nicht mehr, aber mit der Zeit began der Raum zu schwanken, bis sich schließlich der ganze Raum drehte.
Schwindelnd stützte ich mich an der Theke ab und schüttelte mich kurz, doch das half alles nichts.
Mein Glas fand erneut den Weg zu meinem Mund und ich hoffe, dass es so besser werden würde, doch mir wurde immer schwindliger, bis schließlich alles schwarz wurde.

Roadtrip mit einem BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt