Die Probleme zwischen Tyson und mir ließen mir auch im Schlaf keine Ruhe.
In meinem Traum war ich zunächst in einem großen Tanzsaal, dessen Wände allesamt mit Spiegeln ausgestattet waren.
Er glich meinem Arbeitsplatz zwar sehr, aber der Saal in meinem Traum war um einiges größer und schien durch die Spiegel viel tiefer und weitläufiger.
Nichtsdestotrotz tanzte ich eine meiner letzen Choreografien, beziehungsweise versuchte es vielmehr.
Mir fehlte die Leichtigkeit und es war, als würde ich stärker von der Erde angezogenen werden und könne nicht abheben.
Auch mein Kopf streikte und statt mich der Leidenschaft hinzugeben, wurde ich von Schuldgefühlen geplagt.
Mein Spiegelbild sah gequält und unglücklich aus und stolperte nur so durch die Tanzschritte, bis ich schließlich auf den Boden sank.
Ich fühlte mich schlecht, dass ich Tyson so angeschrien und provoziert hatte, wodurch ich auch einen Teil der Schuld auf mich nehmen musste.
Und auch wenn ich im Wachzustand diese Gedanken verdrängt hatte, so plagte mich jetzt in meinem Traum mein Gewissen.
Mit einem hatte Tyson nämlich auf jeden Fall Recht – ich hätte selber die letzte Woche über auf ihn zugehen können und mich vielleicht auch für mein Verhalten an Francescos Todestaag entschuldigen können, aber ich war genauso feige gewesen wie Tyson.
All diese Gedanken hielten mich auf den Boden gedrückt, doch als ich den Kopf hob, erblickte ich plötzlich Tyson hinter meinem Spiegelbild und sprang zu ihm herum.
„Tyson! Es tut mir leid!"
Meine Stimme halte noch lange nach, während ich davon angetrieben, Tyson um den Hals zu fallen und mich mit ihm zu versöhnen, zu ihm rennen wollte.
Doch dann erschien auf einmal Jace in meinem Traum.
Wie aus dem Nichts stand er direkt in meinem Weg und verdeckte Tyson so, doch nichtsdestotrotz begrüßte ich ihn freudig.
Als ich mich jedoch wieder zu Tyson wenden wollte, hatte sich die Entfernung zu ihm vergrößert und er starrte mir mit einem kalten Blick direkt in die Seele.
Ich erschauderte. Nachdem ich mich wieder gefasst hatte, wollte dennoch auf ihn zu gehen, doch mit jedem Schritt den ich tat, entfernte er sich nur noch mehr.
„Halt! Geh nicht, Tyson! Komm zurück!"
Ich verschnellerte mein Tempo, doch es nutzte nichts, da auch Tyson umso schneller zurückwich.
„Lass ihn gehen, Stella", hörte ich auf einmal Jace Stimme direkt hinter mir.
Ich drehte mich zu ihm um, doch als ich ihn sah, erschrak ich.
Jace trug ein gestreiftes Häftlingshemd und lächelte mich gefährlich an.
Verunsichert taumelte ich einen Schritt zurück.
"Er war im Gefängnis", spukte Tysons Stimme in meinem Kopf.
"Das war alles nur ein riesen Missverständnis", erwiderte Jaces Stimme aus meiner Erinnerung.
"Ich bin dein bester Freund, du kannst mir vertrauen".
"Er lügt doch! Jace ist gefährlich", antwortete da wieder Tysons Stimme.
Meine Gedanken machten mich ganz verrückt, bis ich nur noch schrie.
„Nein, nein, nein! Tyson!"
Ich wollte zu ihm, die streitenden Stimmen waren mir egal, doch als ich erneut versuchte einen Schritt auf Tysons Silhouette in der Ferne zuzumachen, hielt mich eine schwere Eisenkette auf, die um meinen Knöchel gekettete war und eine massive Kugel am anderen Ende trug.
"Es ist zu spät", hallte eine unbekannte Stimme da plötzlich in meinem Kopf.
„Nein!", schrie ich abermals und versuchte mit aller Kraft mich von der Stelle zu bewegen, doch es war zwecklos.
Ich musste mit ansehen, wie Tyson immer weiter in der Ferne verschwand und ich nichts tun konnte.
"Es ist zu spät"
„Nein! Tyson! Neiiiin!"Vollkommen aufgewühlt schreckte ich von meinem Albtraum auf.
Meine Atmung raste und ich keuchte leicht, während ich noch immer vereinzelt "Nein", sowie Tysons Namen hervor stieß.
Ich brauchte einen Moment um zu realisieren, dass ich geträumt hatte und vor allem um zu bemerken, dass ich nicht von selbst wachgeworden war.
Tyson hatte sich neben mir auf einen Ellenbogen aufgestützt und seine andere Hand ruhte auf meine Schulter, da er mich wohl wachgerüttelt hatte.
Obwohl ich nun munter war, verweilte seine Hand noch auf meiner Schulter, während er mich besorgt musterte.
Bei Tysons Anblick zog es mir das Herz in der Brust zusammen, als ich an die Symbole aus meinem Traum zurückdachte.
Es war zu spät... War es schon zu spät? Hatte ich Tyson schon verloren?
Auch wenn er mir jetzt vielleicht gegenüberlag und mich mitleidig ansah, so fühlte ich mich doch so, als wäre alles verloren.
Die böse Stimme in meinem Kopf siegte über mich und ließ ein paar Tränen meine Wangen herunter rollen.
Tyson: „Hey... Ich... hab es nicht ertragen dich im Schlaf leiden zu sehen und dich deswegen geweckt ....Was...was ist denn los?"
Sein Daumen strich einen Kreis auf meiner Schulter, was mir eine leichte Gänsehaut zauberte.
Doch mein Keuchen hatte sich inzwischen zu Schnappatmung entwickelt und so brachte ich nur einzelne Wörter heraus.
Ich: „Ich- d-du... du...."
Tyson: „Shhh, schon gut, schon gut. Beruhig dich"
Während seiner ruhigen Worte, war seine zuvor noch auf meiner Schulter liegende Hand zu meiner Wange gewandert.
Sein Daumen fuhr nun sanfte Kreise über meine Wange und strich mir so ein paar Tränen aus dem Gesicht.
Wahrscheinlich sollte mir das helfen, mich zu beruhigen, doch das sagte sich so leicht.
Obwohl ich versuchte meine Atmung zu normalisieren, spukten in meinem Kopf noch immer die Bilder aus meinem Traum, welche meine Schnappatmung nur noch mehr befeuerten.
Ich wurde einfach dieses furchtbare Gefühl nicht los, dass alles zu spät war – sei es jetzt nur im Traum oder auch in echt.
Mein einziger Anker war Tysons Hand, der ich mich entgegendrückte und mich so an sie schmiegte.
Das gab mir zwar etwas Stabilität, doch konnte es mich noch lange nicht vollends beruhigen, weshalb ich Tysons besorgten Blick auf mir spürte.
Tyson: „Hey... alles ist gut"
Alles war gut? Von wegen! Nichts war gut!
Ich musste leicht über seine Aussage auflachen, doch gleichzeitig befeuerte sie auch meine Tränen.
Letzteres schien auch Tyson zu bemerken, weshalb er aufseuftzte.
Tyson: „Komm mal her..."
Vorsichtig zog er seine Hand von meiner Wange zurück, um mich stattdessen an der Tallie ganz zu ihm zu ziehen.
Bereitwillig schlang ich meine Arme um seinen Hals und presste mich an seine Brust, während er sich auf den Rücken fallen ließ und mich an sich zog.
Meinen Kopf auf seiner Brust gebettet verstärkte sich mein Schniefen und abgehacktes Atmen noch einmal und ich ließ einfach alles raus.
Tyson hatte seine Arme dabei fest um mich geschlossen und gab mir einen Kuss auf den Scheitel.
Tyson: „...Es ist alles gut... Ich bin ja da, Baby"
Als er mich Baby nannte, entwich mir unwillkürlich ein lauter Schluchtser.
Gleichzeitig musste ich fast grinsen, da die Situation einfach zu ironisch war.
Eigentlich hatten Tyson und ich uns zerstritten und distanziert, was ja genau das Problem war, aber jetzt war dennoch er es, der mich tröstete und "Baby" nannte, als wäre alles gut.
Aber das war es eben nicht, auch wenn ich es für einen Moment glauben wollte, als ich seine Worte hörte.
Ich: „Bin, bin i-ich...denn überhaupt no-o-och... dein... Baby...?"
Ich merkte seinen Schmerz über meine Frage, da sich sein Körper für einen Moment verkrampfte, doch er entspannte sich schnell wieder.
Tyson: „Du bleibst immer mein Baby Stella"
Ein leichtes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen.
Für diesen einen Moment schien die Welt doch noch ganz okay zu sein.
Ich lag einfach nur an die Brust meines Freundes gekuschelt im Bett und ließ mich trösten.
Tysons Nähe schaffte es mein Gedankenkarussell zum Stoppen zu bringen, sodass ich mich nun einzig von Geborgenheit umgeben fühlte.
Mit jedem Heben und Senken von Tysons Brust unter meinem Kopf, verlangsamte sich so meine Atmung wieder und mein Schniefen wurde weniger.
Schließlich hatte ich mich ganz beruhigt und genoss einfach die Geborgenheit, die mir die Situation bot.
Durch Tysons Nähe wurde mir gerade erst so richtig bewusst, wie sehr mir diese doch gefehlt hatte.
Wir beide waren sonst immer so eng und vertraut miteinander, doch durch unseren vielen Streit zuletzt hatte sich alles geändert.
Normalerweise wäre es ganz selbstverständlich gewesen, dass Tyson mich in den Arm nahm – auch ohne Albtraum.
Doch jetzt zögerte er sogar, wenn ich weinend neben ihm lag...
Dennoch war ich froh, dass er unseren Streit für den Moment vergaß und für mich da war.
Immerhin war ich nicht sonderlich nett zu ihm gewesen und hatte bestimmt auch nicht alles richtig gemacht.
Ich überlegte kurz, mich bei ihm zu entschuldigen, doch damit würde ich nur die friedvolle Atmosphäre zerstören und unsere Probleme auch nicht lösen.
Stattdessen entschied ich, mich lieber bei ihm zu bedanken.
Ich: „...Danke, dass du für mich da bist...."
Tyson: „Ist doch selbstverständlich..."
Ja, das sollte es es, kam mir der Gedanke, doch das war es zur Zeit nunmal nicht.
Aber warum konnte es denn nicht immer so unkompliziert sein wie gerade eben?
Konnten wir nicht einfach für einander da sein und uns wieder vertragen, anstatt uns nur zu streiten?
Gerade schien es mir so leicht, weshalb ich einfach den Mund aufmachte, ohne weiter darüber nachzudenken.
Ich: „Können wir uns nicht einfach wieder vertragen, Ty?"
Ich nannte ihn extra bei seinem Spitznamen, um ihn auch durch meine Worte näher zu kommen und mich versöhnlich zu zeigen.
Doch statt mir zu antworten, drückte Tyson mich nur noch fester an sich und seufzte dabei einmal, was eindeutig auch eine Antwort war: Nein. So leicht war es nicht.
Ich war naiv zu denken, dass es anders sein könnte.
Damit alles einfach wieder gut ist, war viel zuviel vorgefallen.
Also blieb nur diese eine Nacht, bis wir uns morgen früh wahrscheinlich schon wieder ignorierten oder anschrien.
Bedrücken hatte sich in das Gefühl von Geborgenheit gemischt und hatte mir meine Hoffnungen entrissen.
Vielleicht war es noch nicht ganz zu spät, aber dennoch zu spät, um einfach so umzukehren.
Irgendwie mussten wir es schaffen, uns wieder zusammenzuraufen, doch fürs erste blieb mir nur dieser eine Moment der Nähe, den ich auskosten musste.
So lauschte ich Tysons Herzschlag, während eine heiße Träne meine Wange hinunterkullerte.
DU LIEST GERADE
Roadtrip mit einem Badboy
Romance~Roadtrip mit einem Badboy~ Stella Marks war das schüchterne Mädchen von nebenan und hatte keine Freunde an ihrer Schule. Ihr Vater war gestorben und ihre drogenabhängige Mutter interessierte sich nicht für sie. Die einzige Stütze in ihrem Leben war...