~Kapiel 141~

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Tysons Perspektive:

Als Stella ging, nahm sie alles mit sich, was ich hatte.

Meine ganze Welt war in sich zusammengebrochen.
Ich fragte mich nicht selten, wie ein einzelner Mensch mit diesen Qualen nur fertig werden sollte.
Immerhin hatte ich schon vieles versucht...

Die ersten Wochen hing ich nur durch.
Es ging mir dreckig. Mehr als dreckig. Also benahm ich mich auch so.
Ich verbarrikadierte mich praktisch in der Wohnung und verbrachte mehr Zeit heulend im Bett, als ich es zuvor in meinem ganzen Leben zusammen getan hatte.
Abwechselnd erfassten mich Trauer und Wut, Schmerz und Hass, und zogen mich in einem endlosen Abgrund hinunter.
Ein Ende aus meinem Elend war dabei kaum ersichtlich. Nicht einmal eine klitzekleine Besserung.
Ich fühlte mich wie ein schreiendes Baby, das darauf wartete, dass seine Mama kam und wieder alles in Ordnung brachte – nur mit dem Unterschied, dass zu mir nie jemand kommen würde.

In diesen elenden ersten Wochen versuchte ich, mein Leid im Alkohol zu ertränken.
Allerdings musste ich irgendwann einsehen, dass dies nicht die Lösung meiner Probleme war.
Zwar brauchte es einige Flachen ziemlich hochprozentiges Zeug, bis ich es aufgab, doch nachdem ich besoffen meist nur noch stärker durchhing, ließ ich es irgendwann lieber bleiben.

Um mich mit Alkohol richtig abzuschießen war ich ohnehin viel zu vollgepumpt mit Kaffe und jedem Energie Drink, den ich so finden konnte.
Dabei war mir vollkommen egal, ob so viel Koffein noch gesund war, denn das war es ganz sicher nicht.
Ich tat nur alles dafür, um bloß nicht zu schlafen.

In erster Linie war das gar nicht so schwer.
Ohne Stellas warmen, an meine Brust gebetteten Körper, um den ich meine Arme schließen konnte, wälzte ich mich nur ewig hin und her, ehe ich mit etwas Glück vielleicht eindämmerte.

Sollte ich dann jedoch einmal eingeschlafen sein, gab es da noch ein anderes, fast schlimmeres Problem: Die Panikattacken.
Ich hatte so sehr gehofft, dass die Scheiße endlich verschwunden war, doch die Attacken waren zurück und das häufiger, länger und intensiver als jemals zuvor.
Anfangs verstand ich noch nicht, woran das lag.
Ich hatte mich immer davor gefürchtet, Stella eines Tages zu verlieren. Nachdem sie mich nun tatsächlich verlassen hatte, konnte ich davor wohl keine Angst mehr haben.
Allerdings kam dafür viel Tieferliegendes in mir hoch.
Denn Stella zu verlieren bewieß einmal mehr, dass ich einfach nicht gut genug war.
Ich war es nicht wert, dass so ein perfekter Mensch wie sie es auf Dauer mit mir aushielt.
Dafür war ich viel zu egoistisch und temperamentvoll, einfach ein Arsch wie er im Buche stand.
Und was konnte ich ihr schon bieten? Kurz gefasst: Nicht genügend, als dass sie bei mir blieb.
Ich wollte für Stella mehr sein, besser sein, einfach gut genug, als dass ich ihre Liebe noch länger verdiente, aber ich konnte nicht. Und das fraß mich geradezu von Innen auf.

All diese Zweifel waren schon immer ein Motor für meine Verlustängste gewesen, auch wenn ich mir immer eingeredet hatte, es wären nur die Bedrohungen von außen.
Wahrscheinlich würde ich das immernoch denken, wäre ich nicht bei Phil in Therapie gewesen.
Durch das ganze Psychologiezeug verstand ich mich mittlerweile etwas besser und es hatte immerhin geholfen, meine Panikattacken zurückzudrängen.
Dennoch hatte es nicht gereicht, um sie entgültig zu besiegen.
Vielleicht könnte mir Phil jetzt wieder helfen, doch ich hatte ihn schon ewig nicht mehr gesehen. Und das sollte eigentlich auch so bleiben.
Immerhin redete ich nicht gerne über mein Inneres. Mit niemandem. Außer vielleicht mit Stella, aber das kam nun ja nicht mehr in Frage.
Für sie hatte es sich gelohnt, an mir zu arbeiten. Auch wenn das hieß, mit einem Therapeuten zu reden.
Wobei mir das im Endeffekt ja auch nichts gebracht hatte.
Stella war weg und trotz des ganzen "ich dürfe mein Glück nicht nur von einer Person abhängig machen" Geschwafel fühlte ich mich der jetzigen Situation in keinster Weise gewachsen.
Wenn ich jetzt bei Phil aufkreuzen würde, dürfte ich mir bestimmt nur das selbe sinnlose Gerede anhören und käme auch nicht weiter.
Ohnehin wüsste ich gar nicht, wie ich die ganze vergangene Scheiße einem Außenstehenden erklären sollte.

Roadtrip mit einem BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt