~Kapitel 117~

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Tatsächlich hielt Tyson sein Wort und erschien zu meiner nächsten Unterrichtsstunde, um mit mir zu tanzen.
Die Teilnahmer meines Kurses freuten sich alle ihn kennenzulernen, nachdem ich Tyson schon ein paar mal erwähnt hatte.
Viel mehr Freude hatte ich aber, als ich unsere Seniorita Choreographie mit Tyson vormachte.
Unser Tanz fühlte sich so intim an und obwohl wir von allen beobachtet wurden, vergaß ich alles und jeden um mich herum. Genau das liebte ich so am Tanzen.
Ich kam erst wieder zur Besinnung, als Tyson und ich am Ende der Choreographie angekommen waren und lauter Applaus ertönte.
Es freute mich, dass nicht nur mir die Choreo gefiel und so begannen wir auch schon, diese einzustudieren.
Dabei war es eine große Hilfe, dass Tyson als mein Partner die Schritte bereits so gut konnte.
Aber auch die anderen Tänzer hatten den Dreh schnell raus und so konnten wir die Stunde pünktlich beenden.
Zu meiner großen Freude, bekam ich grandioses Feedback für meinen ersten Partnertanz und ich sollte mir sogar noch weitere ausdenken.
Besser hätte es nicht laufen können, also strahlte ich wie ein Honigkuchenpferd.
Es war nicht nur, dass meine Choreographie Erfolg hatte, ich hatte auch eine Menge Spaß mit Tyson und ich hatte das Gefühl, dass es ihm auch gefallen hatte.
Am liebsten würde ich die ganze Zeit mit ihm zusammen arbeiten... So konnte ich gleichzeitig mit ihm zusammen sein und meiner Leidenschaft zu Tanzen nachgehen.
Aber Tyson hatte nunmal andere Ziele, weshalb er auch nicht die ganze Zeit an meiner Seite sein konnte.
Nichts desto trotz war ich sicher, dass Tyson mir in Zukunft noch bei der ein oder anderen Choreographie helfen wird.

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Unser Leben war momentan eigentlich ziemlich ausgeglichen.
Tyson und ich verbrachten relativ viel Zeit miteinander und zofften uns nur gelegentlich etwas wegen Jace oder Maja.
Leider hatte Tyson es wirklich ernst gemeint und trainierte mittlerweile fast regelmäßig mit dieser Maja, was mir ganz und gar nicht gefiel.
Allerdings traf ich mich auf der anderen Seite selber auch mit Jace und war mit ihm befreundet, obwohl Tyson das alles andere als toll fand.
Daher konnte weder er mir, noch ich ihm den Umgang mit Jace beziehungsweise Maja verbieten und wir mussten beide damit leben.
Nichts desto trotz gerieten wir deshalb eben immer mal wieder aneinander, wobei Tysons alte Verlustängste und meine wie seine Eifersucht zum Vorschein kamen.
Diese Konflikte waren aber meist zum Glück nicht von langer Dauer und wir rafften uns genauso schnell wieder zusammen, wie wir begonnen hatten zu streiten.
Ansonsten war zwischen mir und Tyson aber eigentlich alles gut – wie auch an diesem Morgen.
Obwohl wir beide schon bald zur Arbeit mussten, lagen wir noch gemeinsam im Bett, da es letzte Nacht ziemlich spät geworden war.
Nachdem mein schon zum wiederholten mal auf Schlummern gestellter Handywecker erneut Lärm machte, entschloss ich mich endlich aufzustehen.
Natürlich ging das Weckerklingeln aber wieder mal komplett an Tyson vorbei, weshalb es wie so oft an mir lag, ihn wach zu kriegen.
Aber nichts lieber als das:
Ich drücke sanfte Küsse auf seine Schulter und strich über seinen Arm, wodurch er sich langsam regte.
Schon halb munter schlung er seine Arme um meinen Torso und murmelte, dass er weiterschlafen wolle.
Diesen Wunsch konnte ich ihm jedoch leider nicht erfüllen, weshalb ich nicht nachließ.
Ich: „Hey Morgenmuffel, du weißt doch, dass wir zur Arbeit müssen. Sonst würde ich liebend gerne mit dir hier liegen bleiben"
Tyson: „Ich bin noch viel zu müde, um nur ans Aufstehen zu denken"
Ich: „Deswegen blendet dein Körper wahrscheinlich das Weckerklingeln auch immer so konsequent aus"
Tyson: „Dafür habe ich ja dich, Babe"
Seine Stimme war noch immer nicht mehr als ein wohl gemerkt ziemlich heißes Nuscheln und es würde mich nicht wundern, wenn er in einer Minute wieder eingeschlafen war.
Ich weiß echt nicht, wie er sein Leben auf die Reihe bekommen würde, wenn ich ihn nicht immer aus dem Bett werfen würde.
Ich: „Ach Ty... was würdest du nur ohne mich machen.
Eigentlich wundert es mich ja, dass du von so sanften Berührungen, aber nicht von einem lauten Klingeln wach wirst"
Tyson: „Du hast eben eine ganz spezielle Wirkung auf mich Baby"
Er kuschelte sich noch näher an mich, was einfach nur zuckersüß war.
So wie ich eine spezielle Wirkung auf ihn zu haben schien, so hatte er definitiv auch eine ganz spezielle Wirkung auf mich.
Ich: „Wenn das so ist, was muss ich tun, um zu bewirken, dass du mit mir aufstehst?"
Tyson: „Hmm... schätze ein Kuss könnte mich überzeugen... wenn er gut ist"
Ich: „Ach ist das so? Na dann probieren wir das doch mal aus..."
Seinen Lippen hatten sich zu einem sanften Lächeln geformt, während seine Augen noch immer geschlossen waren, aber das hinderte mich nicht daran, seiner indirekten Aufforderung ihn zu küssen nachzukommen.
Meine Lippen verschmolzen mit seinen und dafür, dass Tyson noch halb schlief, küsste er erstaunlich gut.
Als er sich dann aber über mich rollte, war er wahrscheinlich endgültig wach.
Jedoch konnten wir nun immernoch nicht aufstehen, da er jetzt nicht mehr von mir ablassen wollte.
So war das ja eigentlich nicht gedacht.
Ich schaffte es kaum ihn zu unterbrechen, um ihn darauf hinzuweisen, dass wir spät dran waren, doch er erwiderte lediglich, dass dafür Zeit sein müsse, wenn er überhaupt schon aufstand.
Da ich ja eigentlich selber liegen bleiben wollte, leistete ich einfach keinen Widerstand mehr und küsste ihn leidenschaftlich zurück.
Ich war schon bereit in Kauf zu nehmen zu spät zur Arbeit zu kommen, als Tyson es plötzlich war, der sich abrupt von mir löste.
Ich: „Was ist denn?"
Schnell kletterte er aus dem Bett und griff nach seinem Handy auf der Komode.
Tyson: „SMS von David. Ich hab mir doch extra einen speziellen Klingelton für ihn eingerichtet"
Tatsächlich hat der Tyson, der über mich gelacht hat, als ich einen persönlichen Klingelton für ihn eingerichtet habe, nun selber einen für seine Arbeit.
Jetzt sprang er immer direkt auf und rannte förmlich zum Telefon, wenn David ihm schrieb, anstatt wie sonst erst Stunden später auf Nachrichten zu reagieren.
In gewisser Weise ärgerte es mich, dass er sich für David so bemühte und für mich nicht, aber nichts desto trotz hatte ich gerade eben nicht mal ein Klingeln gehört.
Ich war wohl viel zu vertieft in unseren Kuss gewesen, im Gegensatz zu Tyson.
Aber ich fand ja gut, dass er sich bei seiner Arbeit dahinterklemmt, also meckerte ich nicht.
Ich: „Was will David denn?"
Tyson: „Er hat sich den Knöchel verstaucht und muss erstmal liegen bleiben"
Ich: „Oh nein! Der Arme..."
Tyson: „Quatsch! Das ist gut! Nein, das ist perfekt!"
Ich: „Wie bitte?"
David war verletzt und Tyson sieht aus, als würde er gleich in Jubel ausbrechen?
Tyson: „Na weil David verhindert ist, bittet er mich für ihn einzuspringen und seine Kurse heute zu übernehmen. Ganz alleine! Das ist die Chance mich zu beweisen, auf die ich solange gewartet habe!"
Ich: „Achsooo! Dann herzlichen Glückwunsch? Ich freu mich natürlich für dich, aber richte David trotzdem alles gute von mir aus"
Tyson: „Klar, mache ich. Ich weiß, es ist vielleicht unangebracht sich zu freuen, aber ich würde sagen, das ist Glück im Unglück. Heißt aber auch, dass ich jetzt schnell ins Fitnessstudio muss!"
Toll, also jetzt, wo ich bereit war im Bett zu bleiben, wollte Tyson schnell aufstehen. So schnell kann es sich drehen.
Ohne ein weiteres Wort zu mir verließ Tyson auch schon das Schlafzimmer und ließ mich zurück.
Jetzt alleine hier zu bleiben brachte es aber auch nicht, weshalb ich mich aufrappelte und in Küche ging, um etwas zu trinken.
Ich wollte Tyson im Bad nicht stören und da er eh nicht lange brauchen würde, wartete ich einfach solange.
Also setze ich mich mit einem Glas Wasser an den Küchengtresen und schaltet mein Handy an.
Wie jeden Morgen entfernte ich den über Nacht aktivierten Flugmodus, da erschienen plötzlich etliche verpasste Anrufe auf meinem Display!
Die waren doch alle von Großvaters Nummer!
Er hatte mich heute schon ganze zehn mal angerufen und mir zusätzlich dutzende SMS geschrieben, in denen "Ruf mich sofort zurück" oder "Es ist wichtig" stand.
Augenblick wurde mir flau im Magen.
Irgendwie hatte ich ein ganz schlechtes Gefühl bei der Sache...
Natürlich rief ich ihn sofort zurück und musste auch nicht lange warten, bis er ans Telefon ging.
Ich: „Hey Großvater, tut mir leid, dass ich nicht eher geantwortet habe. Tyson und ich haben noch geschlafen und mein Handy war im Flugmodus. Aber was ist denn los? Geht es euch gut?"
Großvater: „Stella... mein Schatz... setz dich doch am besten mal"
Das tat ich... Um Himmels Willen... Sag mir, dass jetzt nicht das kommt, was ich denke!
Großvater: „Ich muss dir leider mitteilen, dass... Francesco... Er... Er ist von uns gegangen..."
Nein. Nein nein nein!
Eine große Schwere erfasste mich und würde ich nicht sitzen, wäre ich wahrscheinlich zusammengebrochen.
Das ungute Gefühl, das ich schon hatte, seit ich die verpassten Anrufe gesehen hatte, bestätigte sich und mir war, als würde sich ein Messer mitten in mein Herz rammen.
Grossvater: „Er... Ist heute morgen einfach nicht mehr aufgewacht..."
Ich: „Das- Das tut mir so leid Großvater..."
'Es tut mir leid' war eine bodenlose Untertreibung, aber das sagte man in solchen Situationen doch oder?
Jedenfalls war ich noch so geschockt, dass mir nicht besseres einfiel.
Ich wusste überhaupt nicht, was ich noch sagen oder tun sollte, weshalb ich fragte, ob ich vielleicht zu ihm fahren sollte, doch Großvater verneinte dies.
Er meinte, er wolle erstmal alleine sein, was ich verstand.
Francesco und Großvater waren mehr als nur Freunde gewesen, sie waren wie Brüder, wie Zwillinge.
Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie sehr ihn das mitnehmen musste.
Vor mir versuchte er aber seine Fassung zu wahren, weshalb er das Telefonat auch schnell wieder beenden wollte.
Er bat mich noch darum, es Tyson mitzuteilen und verabschiedete sich dann recht schnell, versprach aber, später wieder anzurufen.
Nachdem wir aufgelegt hatten, lag der Schock noch immer tief in meinem Gliedern und ich war wie gefangen.
Selbst wenn ich wöllte, konnte ich mich kein Stück bewegen oder auch nur ein einziges Wort herausbringen.
Tyson musste mittlerweile fertig im Bad sein und ich hörte nur, wie er im Hintergrund seine Sachen packte.
Er wollte sich schon verabschieden, als er dann doch noch merkte, dass etwas nicht stimmte.
Ich glaube, er hatte mich etwas gefragt, doch da ich nicht antwortete, kam er zu mir.
Als er mich ansah, machte sich Besorgnis in seinem Gesicht breit und er nahm vorsichtig meine Hand.
Tyson: „Hey Babe, was ist denn los? Bist du sauer, dass ich auf einmal so schnell weg muss?“
Wenn es doch nur das wäre... Ich schüttelte den Kopf als Antwort und überlegte, wie ich es ihm beibringen sollte.
Ich: „Francesco... Er ist..."
Mehr brachte ich nicht raus, aber Tyson schien zu versenden, was ich meine.
Tyson: „Oh... Er ist gestorben hm?"
Ich nickte traurig und wurde sogleich von Tyson in den Arm genommen.
Wann immer es mir schlecht ging, half mir eine Umarmung von Tyson, doch in diesem Fall schien es mir lediglich wie ein Tropfen auf den heißen Stein.
Zudem löste er sich viel zu schnell wieder von mir.
Tyson: „Das trifft dich ziemlich hart oder?"
Ich: „Dich etwa nicht?"
Tatsächlich war ich mittlerweile den Tränen nahe, während Tyson zwar nicht glücklich, aber auch nicht besonders traurig aussah.
Tyson: „Er war schon alt. Wir wussten doch, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist. Wir müssen jetzt einfach loslassen"
Ich: „Aber das will ich gar nicht..."
Tyson: „Dir wird nichts anderes übrig bleiben Baby. Kopf hoch. Das ist nunmal der Lauf der Dinge.
Ich bin heute Abend für dich da, wenn du eine starke Schulter brauchst"
Ich: „Heute Abend? Du gehst trotzdem zur Arbeit?"
Tyson: „Natürlich! Stella, heute ist meine Chance! Darauf habe ich so lange gewartet!"
Ich: „Aber..."
Wie kann er in dieser Situation überhaupt nur ans Arbeiten denken?!
Tyson: „Kein aber. Das Leben muss weitergehen. Francesco hätte bestimmt gewollt, dass ich meine Chance ergreife"
Ich: „Kannst du das nicht noch morgen?"
Ich wollte nicht, dass er geht.
Es fühlte sich falsch an, einfach weiterzumachen, als wäre nichts gewesen. Selbst, wenn es für ihn kein Problem war, für mich war es es.
Tyson: „Man, du verstehst mich einfach nicht! Nein, ich kann nicht bis morgen warten! Francescos Tod ist traurig, aber heute ist mein Tag und das lasse ich mir doch nicht kaputt machen"
Ich: „Ist das dein Ernst?"
Tyson: „Und wie. Natürlich bin ich auch traurig, aber ich komme schon klar. Nur Zuhause zu bleiben und zu trauern macht es doch auch nicht besser“
Ich: „Vielleicht ist das so, aber ich wäre überhaupt nicht in der Lage zu arbeiten“
Tyson: „Dann sag deine Termine ruhig ab, aber ich werde definitiv zur Arbeit gehen. Außer natürlich du brauchst mich hier?"
Ich: „Ich komm schon irgendwie klar. Geh schon"
Ich antwortete fast ohne darüber nachzudenken
Dazu war ich gerade gar nicht richtig in der Lage, aber ich wollte Tyson keine Last sein.
Ihn schien das ganze irgendwie gar nicht so hart zu treffen und so drückte er mir noch einen Kuss auf die Stirn und ging einfach zur Arbeit.
Ich wünschte nur, ich könnte auch so souverän damit umgehen wie Tyson...
Jetzt saß ich hier völlig neben der Spur und wusste nicht mal, ob ich weinen sollte oder nicht.
Das war mir einfach alles zu viel im Moment.
Sollte ich meine Tanzkurse heute wirklich absagen?
Ich fühlte mich eigentlich nicht nach Tanzen, aber vielleicht half es mir ja einen freien Kopf zu bekommen?
Während ich überlegte, piepste mein Handy und mir stieß Jaces Name ins Auge.
»Hey, hab es gerade erfahren... Willst du reden?«
Seine Nachricht kam wie gerufen!
Alleine war ich gerade zu nichts fähig, da konnte es nicht schaden etwas Gesellschaft zu haben.
Also willigte ich schnell einem Treffen ein und verabredete mich mit ihm beim Bäcker um die Ecke.
Immerhin hatte ich noch immer nichts gefrühstückt und da ich nicht länger alleine hier bleiben wollte, erledigte ich das einfach gleich zusammen mit Jace.
Vielleicht konnte er mich ja auf andere Gedanken bringen...

Roadtrip mit einem BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt