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Ahsen

Es waren ein paar Wochen vergangen, seitdem Ilayda mit uns wohnte. Sie war ein sehr nettes und hyperaktives Mädchen. Endlich nach so langer Zeit hatte ich auch mal wieder eine Freundin gewonnen. Zwischen Emir und mir war die Situation sehr komisch. Ich kannte ihn nicht, dennoch war ich mit ihm verlobt.
So sehr hatte ich mich angestrengt, mich wieder zu erinnern, doch ohne Zweck. Ich wusste nichts mehr...

Ilayda saß mit mir in meinem Zimmer und erzählte mir von ihrem Studium, welches sie beendet hatte. Mein Traum war es auch immer zu studieren, habe ich es je erlebt? „Weißt du Ahsen, ich bin froh, dass mein Bruder mit dir verlobt ist. Er hat sich so sehr verändert durch dich. Der Emir vor 7 Jahren ist verschwunden", lachte sie, während ich meine Augenbrauen zusammen zog. Wie war er denn früher?

„Warum? Wie war er denn?", fragte ich auch schon direkt.
Vielleicht würden mir ihre Antworten helfen, mich wieder zurück zu erinnern.
„Er hatte eine sehr schwierige Kindheit...mein Vater ist gestorben, als wir noch klein waren, dann hat meine mutter ein zweites Mal geheiratet. Unser Stiefvater war ein Arschloch. Er war nicht nur ein Alkoholiker und Fremdgeher, sondern auch ein Frauenschläger. Er hat unsere Mutter sehr oft geschlagen, aber Emir hat sich immer davor gestellt und die ganzen Fäuste kassiert. Er wurde jeden Tag, jede Nacht geschlagen. Ich kann mich an seine schmerzerfüllten Schreie nur zu gut erinnern", erzählte sie mir, weswegen mein Mund offen stehen blieb. Er hatte wirklich eine schlimme Kindheit...

„Ich war nicht zu hause als mein Stiefvater unsere Mutter vor seinen Augen g-getötet hatte. Als unsere Mutter tot war, waren wir alleine. Er war gerade mal 13 und ich erst 11. Wir waren alleine. Er...Er hatte sich verändert. Er war fokussiert auf seine Ziele", erzählte sie weiter.
„Was für Ziele?", kam es von mir.

„Ich weiß es nicht...Aber er war völlig außer sich. Er ist durchgedreht. Er wollte sein Ziel erreichen. Er würde alles dafür tun. Sogar töten wenn es nötig wäre. Dort hatte ich bemerkt, dass ich meinen Bruder endgültig verloren hatte und bin als ich 16 war abgehauen. Ich war sehr jung, trotzdem habe ich es geschafft mir mein eigenes Leben aufzubauen. Ich wusste nicht, dass mein Bruder ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann geworden war, bis er mich versuchte ständig zu kontaktieren. Er ist aber nicht mehr so durch geknallt wie damals. Es sind schließlich 7 Jahre her. Ich wünschte, du könntest dich erinnern und mir erzählen wie ihr euch kennengelernt habt", schmollte sie und ich lächelte.

Ich wusste nicht, dass Emir sowas erlebt hatte. Sowas hatte er mir nie erzählt...Oder er hatte es, doch ich erinnerte mich nicht dran. Plötzlich wurde die Zimmertür geöffnet und da stand er auch. „Habt ihr Bock Essen zu gehen?", lehnte er sich an die Tür und Ilayda quiekte direkt auf, bevor sie in ihr Zimmer rannte, um sich umzuziehen.

Emir kam rein und schloss die Tür hinter sich. Ich rutschte etwas zur Seite, damit er sich ebenfalls hinsetzen könnte. Er nahm Platz neben mir und musterte mich ein paar Sekunden, bis er sein Kopf nach vorne drehte.
„Ilayda hat mir grad vieles erzählt. I-Ich wusste nicht, dass...dass...Es tut mir Leid", ich wollte seine Schmerzen nicht erneut aufwecken.

Sein Blick wurde ganz plötzlich kalt und er richtete sich leicht auf.
„Vergangenheit", murmelte er, doch ich konnte spüren, dass es ihn mitnahm. Mein Bruder kam mir in den Sinn...Ich hatte ihn auch vermisst.
„K-Kanntest du meinen Bruder?", fragte ich stotternd. Es gab so viele Fragen, die ich ihm stellen wollte, doch ich entschied mich für diese.

Er hob sein Kopf, sah mir tief in die Augen. Die Kälte verschwand, stattdessen spiegelte sich purer Mitleid in seinen Augen. Er hatte Mitleid mit mir. Nachdenklich blickte er zu Boden. „Er war mein bester Freund", sagte er sehr leise, dass ich mir Mühe geben musste ihn zu hören.
Sie waren befreundet?

„Ihr wart F-Freunde? W-Wie war er so? H-Hat er viel über mich geredet? Wie hat er von uns erfahren? Hat er-", bombardierte ich ihn mit Fragen. „Langsam", lachte er, jedoch war es ein trauriges Lachen.
„Du vermisst ihn, nicht wahr?", stellte er zunächst die Frage, doch sein Blick immer noch auf dem Boden, so als könnte er mir nicht in die Augen sehen.

„Und wie ich ihn vermisse", meinte ich und war den Tränen nahe. „Ich vermisse ihn auch. Er hat es nicht verdient zu sterben...Es tut mir Leid Ahsen", sagte er traurig. Ich zog meine Augenbrauen zusammen: „W-Warum entschuldigst du dich? E-Es war ein Unfall Emir. Du kannst nichts dafür", erzählte ich, doch die Erinnerungen mit Erkan spielten sich vor meinen Augen ab.

Eine Träne kullerte meine Wange hinunter. Ich wollte zu ihm.
Emir sah zu mir hoch.
„Nein, wein nicht", sagte er bevor er mich zu sich zog und umarmte.
Es war unsere erste Umarmung, seitdem ich aus dem Koma erwacht bin. Ich versuchte irgendwas zu spüren, doch nichts.
Einfach gar nichts. Ich versuchte ihn zu lieben, genau wie er es tat, aber es funktionierte nicht.

Die Tür wurde von Ilayda aufgerissen, die umgezogen ins Zimmer stürmte. „Bin fertig Habibis-...Ahsen, was ist passiert?! Emir du Hund, was hast du gemacht lan?!", schrie sie ihren Bruder an, der sie böse anfunkelte. „Wie redest du mit mir?!", schrie er zurück, während ich mich von seiner Umarmung löste.

„Warum weint sie hm?! Was für eine Scheiße hast du gebaut?!", kam es von Ilayda. „Halt deine Fresse, ich-", wollte Emir widersprechen, doch ich unterbrach es. „Können wir jetzt essen gehen? Ich habe Hunger", lächelte ich und wischte mir meine Tränen weg.

Wir stiegen in Emirs Wagen ein, welches sogar ein Chauffeur hatte. Er war so reich, dass wir sogar rumkutschiert wurden.
„Verstehe immer noch nicht, warum du Bodyguards hast. Man denkt du bist Justin Bieber", sagte Ilayda, die genervt von Emirs Männern war. Sie verfolgten jedes einzelne Schritt von uns.

„Ich habe viele Feinde. Sicher ist sicher, man weiß ja nie wann sie angreifen würden", erzählte er.
„Warum hast du Feinde?", fragte ich dann verwirrt. „Weil ich reich bin mein Engel. Manche Menschen können meinen Erfolg nicht leiden und wollen sich rächen, weil sie nicht so erfolgreich sind wie ich."
Ich nickte etwas verwirrt.

Wir blieben vor einem sehr teuren Restaurant stehen und gingen rein. Die Männer warteten vor der Tür. Der Kellner brachte uns direkt an ein Tisch, wo wir uns hinsetzten. Ich fühlte mich etwas schlecht hier, da ich wirklich die einzige hier war, die eine normale Jeans und ein Hoodie anhatte. Alle anderen Mädchen waren elegant angezogen. Emir bemerkte anscheinend meine Gedanken.

„Du bist trotzdem die Schönste hier", sagte er als hätte er meine Gedanken gelesen. Ich senkte mit geröteten Wangen meinen Kopf.
Ich klappte die Speisekarte direkt wieder zu, da ich mich überhaupt nicht auskannte. „Bestellt ihr für mich. Ich lasse mich überraschen", sagte ich dann und beide nickten. Wir gaben die Bestellungen und warteten auf unser Essen, bis einer von Emirs Männer außer Puste an unser Tisch rannte.

„Boss ihr müsst verschwinden! Berkan ist hier!", rief er panisch.
Ich sah Panik in Emirs Augen aufblitzen. „W-Wie ist das möglich?! Was labberst du da?!", fragte er schockiert und erhob sich, während Ilayda und ich Blicke austauschten.

„Er sucht dich! Boss du musst verschwinden! Sofort aus dem Hintereingang!", meinte sein Bodyguard. Emir forderte uns auf aufzustehen und zerrte uns mit nach draußen aus dem Hintereingang, bevor wir in ein schwarzen Jeep einstiegen und es losfuhr.

„Was war das? Wer ist Berkan hä?", fragte Ilayda die Fragen, die in meinem Kopf rumschwirrten.
„Mein größter Feind...Er ist sehr gefährlich, sehr...Er war im Gefängnis, anscheinend wurde er entlassen, fuck!", schlug er gegen die Ledersitze. Berkan sein Feind?

„Wir müssen aufpassen. Wenn er nur herausfindet, dass ihr was mit mir zu tun habt, wird er aus Rache euch beide umbringen!", machte er uns noch mehr Angst.
„In was für einem Film lebst du?", lachte Ilayda los, doch verstummte als sie bemerkte, dass das sein Ernst war.

„W-Wie? Wir sind in L-Lebensgefahr?", fragte sie schockiert, weswegen Emir nickte. „Eher bringe ich mich selber um, als das ich zulasse, dass euch was passiert. Versprochen", versprach er, doch ich war trotzdem nicht beruhigt.
Was wollte dieser Berkan?

Wer ist Berkan? Was hat er vor? Was machen wohl die anderen? Geheimnisse über Geheimnisse...

Sein Herz - FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt