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Ahsen

„Ahsen?", hörte ich eine bekannte weibliche Stimme, sodass ich mich sofort erhob. „Ilayda!", rief ich glücklich und zog sie in eine Umarmung. Ich löste mich sofort von ihr und musterte sie, ob sie irgendwelche Verletzungen zugezogen hatte.

„Keine Sorge, im Gegensatz zu Emir tue ich keinen Frauen weh", kommentierte Berkan, der sich an die Tür angelehnt hatte. Ilayda drehte sich wutgebrannt zu ihm, doch ich hielt sie etwas zurück. „Wie redest du über meinen Bruder? Du hast uns beide entführt!", zischte sie, jedoch gähnte Berkan müde auf als würde er sich langweilen.

„Keine Angst Ahsen, Emir wird uns retten", sagte sie überzeugt. Ich presste meine Lippen zu einer geraden Linie. Will ich überhaupt von ihm gerettet werden, ist die Frage.

„Können wir kurz reden?", fragte ich an Berkan gerichtet, weswegen Ilayda mich verwirrt musterte. Ich wollte schon seit Tagen mit ihm reden, doch er ging mir aus dem Weg oder blockte ab. Ich wollte doch nur Antworten auf meine Fragen.

„Ich kann gerade nicht. Später", blockte er wie nicht anders zu erwarten ab, doch diesmal würde ich nicht lockerlassen. Ich drängte mich an Ilayda vorbei und hielt Berkan noch rechtzeitig an seinem Oberarm fest. „Bitte Berkan", flehte ich ihn an. Ich war verdammt nochmal verzweifelt und würde noch meinen Verstand verlieren, wenn mir niemand diese Fragen beantworten würde.

Berkans Blick ruhte auf meiner Hand, die auf seinem Oberarm lag und er zögerte etwas bis er schließlich leicht nickte. Ilayda bewegte sich nicht von der Stelle und starrte uns völlig verwirrt an. „Hassan, bring Ilayda in ihr Zimmer", rief Berkan einen seiner Männer zu.

Ilayda musterte mich mit zusammengezogenen Augenbrauen. „Wir reden später", formte ich mit meinem Mund, bevor ich Berkan hinterher ging.

Ich folgte ihm in sein Büro und schloss die Tür hinter mir zu. Er setzte sich auf sein Bürostuhl und lenkte sich mit irgendwelchen Ordnern ab, während er mich komplett ausblendete. Dieser Mann hatte ehrlich die krassesten Stimmungsschwankunen die es gab. Hatte er seine Tage oder war er einfach schwanger? Eine andere Erklärung gab es nämlich nicht.

„Ich... Ich wollte fragen... A-Also ich-", setzte ich nervös an, doch er unterbrach mich. „Geht's nicht schneller?", starrte er immer noch seine Unterlagen an. Ich verengte meine Augen. Was war sein verdammtes Problem?

„Du wolltest mir noch erzählen wer diese Typen sind, die letztens hier waren ", nahm auch ich wieder meine kalte Miene an. Er hob sein Kopf und zog seine Augenbrauen zusammen, während er mir direkt in die Augen sah. „Das geht dich nichts an", sagte er in einer ruhigen Stimme und unterbrach den Blickkontakt.

Ich knirschte unauffällig mit meinen Zähnen. Dieser Junge würde mich noch umbringen!
Ich ging auf sein Bürotisch zu und schlug mit meinen Händen darauf, sodass ich erneut seine Aufmerksamkeit bekam.
„Hast du deine Tage oder was ist dein Scheiß Problem?!", zischte ich wütend.

Ich als Mädchen hatte noch nie in meinem Leben solche Stimmungsschwankungen gehabt. Im Krankenhaus war doch noch alles gut, er hatte sich sogar entschuldigt, wieso war er jetzt aber wieder so kalt?
Sein rechter Mundwinkel zog sich leicht nach oben: „Geh zu Ilayda, sie wartet bestimmt schon auf dich."

Er würde mir meine Fragen also nicht beantworten? Was suchte ich dann noch hier? Ich stöhnte genervt auf und wollte sein Büro verlassen, bis mein Blick auf etwas bestimmtes haftete.

Der Kalender auf seinem Tisch deutete daraufhin, dass heute der 20. November war.
Erkans Geburtstag.
Mein Bruder hatte heute Geburtstag.
Wäre er am Leben, wäre er heute 27 Jahre alt geworden.

Ich biss mir auf die Unterlippe, während ich meine Tränen versuchte zu unterdrücken.
Die einzigen Erinnerungen, die mir von ihm übrig geblieben sind, spielten sich vor meinen Augen ab. Er hatte es nicht verdient zu sterben. Keiner würde es an seiner Stelle verdienen. Er war doch so ein gutherziger Mensch, warum musste ihm sowas schreckliches widerfahren?

Könnte ich nicht damals statt ihm ums Leben kommen? Könnte der Mörder meines Bruders nicht einfach mich umbringen?
„Was ist los?", riss mich Berkans Stimme aus den Gedanken und er sah verwirrt zu mir.

Meine Unterlippe zitterte, doch ich schüttelte leicht meinen Kopf. Ich musste mich vor Berkan nicht rechtfertigen, da er mir auch nichts erzählte.
„G-Geht dich nichts a-an", stotterte ich und drehte mich um, um sein Büro zu verlassen.

Wie es mein Schicksal wollte, stellte er sich aber rechtzeitig vor mich und versperrte mir somit meinen Weg. „Was hast du da gerade angeguckt?", sah er ebenfalls auf sein Tisch, bis er ebenfalls den Kalender fixierte.

„20. November", murmelte er nachdenklich und biss sich auf die Unterlippe, bevor er mir wieder in die Augen blickte. „Sein Geburtstag", fügte er verträumt hinzu. Mein Mund öffnete sich ein Stück und meine Augenbrauen zogen sich zusammen.
Sein Geburtstag? Woher wusste er das?

„Du kanntest ihn", stellte ich nicht wirklich überrascht fest. Ich hatte eine Vermutung und er hatte es mir gerade eben offiziell bestätigt.
Er schüttelte seinen Kopf, um auf klare Gedanken zu kommen.
„Wen?", versuchte er sich plötzlich rauszureden, doch so einfach würde ich diesmal nicht nachgeben.

„Du kanntest meinen Bruder", beobachtete ich genausten seine Reaktion. Er presste seine Lippen aufeinander und zögerte, bevor er mir eine Antwort gab. „Ich weiß nicht was-", das Klingeln seines Handys unterbrach ihn.

Er seufzte und kramte es aus Hosentasche. Er blickte auf das Display, während ich es ihm gleichtat. Ensar...

Ensar? Aber so hieß doch der Mörder meines Bruders...
Als hätte Berkan etwas zu fürchten, sah er mir sofort panisch in die Augen, bevor er einfach wegdrückte und sein Handy in seiner Hosentasche verstaute.

Mit einem undefinierbaren Blick musterte ich ihn, während er nervös seine Blicke woandershin wendete. „Warum bist du nicht rangegangen?", fragte ich prüfend. Eine eklige Vermutung bildete sich in meinem Kopf und ich hoffte so sehr, dass es nicht stimmen würde. „Ich rufe ihn später zurück", konnte er die Nervosität nicht verstecken.

Ich presste meine Zähne aufeinander, während alles in meinem Kopf langsam einen Sinn ergab. Berkan wusste, dass mein Bruder tot war und er kannte ihn auch. Der Mörder meines Bruders hieß Ensar und ein gewisser Ensar hat ihn gerade eben angerufen. Das könnte doch kein Zufall sein oder?
Emir und Berkan waren verfeindet, weil Berkan an dem Tod meines Bruders beteiligt war.
Deswegen hatte Berkan mich auch nach Frankfurt entführt, weil der Mörder meines Bruders hier lebte.

Berkan... war an dem Tod meines Bruders beteiligt?
Nein, nein, nein... Das konnte nicht sein. Er war zwar kein guter Mensch, aber sowas würde er doch nicht machen oder? So eklig konnte er doch nicht sein oder?

Mein Atem beschleunigte sich, während mein Herz wie wild gegen meine Brust klopfte. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und versuchte die Information zu realisieren. Nein, das darf nicht wahrsein! Nein!

„Alles gut?", musterte er mich besorgt. Meine Augen füllten sich mit Tränen, aber nicht aus Trauer sondern aus Wut.
„D-Du warst d-das", stotterte ich und bemerkte erst jetzt wie schwach meine Stimme geworden war. Seine Augenbrauen zogen sich verwirrt zusammen: „Was war ich?"

Am liebsten würde ich ihm jetzt das Genick brechen oder ihn qualvoll foltern. Wie konnte er sowas tun? „Du hast meinen B-Bruder ermordet!", fand ich meine Stimme wieder und schubste ihn mit meiner ganz Kraft nach hinten. Die Stunde der Wahrheit war gekommen. Er würde für das was er getan hatte büßten oder ich würde höchstpersönlich dafür sogen.

Nun wird auch Berkan beschuldigt :/

Ich glaube es wird langsam Zeit, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Was sagt ihr?

Man munkelt ihr wollte heute noch ein Kapitel. 🤧

Sein Herz - FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt