Ahsen
„Was führt Sie hier her?", fragte mich Doktor Khaled in meiner ersten Psychotherapiestunde. Doktor Khaled war um die 60 Jahre alt und kannte sich auf dem Gebiet der menschlichen Psychologie sehr gut aus.
Ich spielte nervös mit meinen Fingern und fand keine passenden Worte zu meiner Situation. Wo sollte ich anfangen? Würde er mich überhaupt verstehen? Könnte ich mich ihm öffnen? Sollte ich ihm vertrauen?
„Ich bin hier, um mit Ihnen zu reden, um Ihnen zu helfen, aber Sie müssen etwas kooperieren, sonst werden wir nicht weiterkommen."
Er hielt sein Notizbuch bereit in der Hand und wartete darauf, dass ich anfing zu sprechen.„Ich...Ich war ein normaler Mensch... Ich habe studiert", fing ich nachdenklich an zu erzählen, während die alten Erinnerungen in meinem Gedächtnis stiegen.
„Und dann?", fragte er interessiert und schrieb sich irgendetwas auf.
Ich zuckte zusammen als sich die Situation in der ich die Leiche meines Bruder gefunden hatte, vor mir abspielte. „Erkan hat s-sowas nicht verdient", stotterte ich leicht ängstlich.„Wer ist Erkan?", fragte der Therapeut. „Mein älterer Bruder, mein Ein und Alles", murmelte ich traurig. „Was hat er nicht verdient?", hackte der Therapeut nach und machte sich immer wieder Notizen dabei.
„Den Tod", antwortete ich schluckend. Ich müsste an seiner Stelle tot sein.„Sie hatten eine gute Bindung zu Ihrem Bruder, korrekt?"
Ich nickte hastig mit meinem Kopf: „Er hat mich großgezogen. Er war nicht nur ein älterer Bruder, sondern gleichzeitig auch Mutter und Vater für mich." „Was ist mit Ihren Eltern?", wollte er viel mehr Details wissen.
„Sie sind gestorben als ich 5 war. Verkehrsunfall."Doktor Khaled nickte mir zu und schrieb sich etwas auf. „Wie ist ihr Bruder gestorben?", weckte er die alten Erinnerungen wieder auf.
Regungslos, blass und still...
Nein, nein, nein...
Er war Tod und das für immer...„Nein, hör auf!", ich hielt mir automatisch meine Ohren zu. Doktor Khaled blickte überrascht zu mir.
„Alles gut, wenn Sie sich nicht bereit dazu fühlen, reden wir über etwas anderes ja?", versuchte er mich zu beruhigen, weswegen ich leicht nickte und mich unruhig aufsetzte.„Sie sind verheiratet oder? Erzählen Sie mir von ihrem Ehemann", forderte er mich auf. Das würde ich schaffen, das war doch eigentlich einfach. „Ensar... Er hat die Wunden, die mein Bruder mit seinem Verlust verursacht hat, wieder geschlossen. Er... Er würde sich für mich opfern, ich verdiene ihn nicht", schüttelte ich meinen Kopf.
„Warum denken Sie so?"
„Ich verbreite nichts anderes außer Kummer und Leid. Ich bin wie ein Virus... Ist man mit mir befreundet, wird man infiziert und leidet darunter", schluckte ich den Kloß in meinem Hals hinunter. Man müsste mich einsperren, damit ich keinen Menschen mehr schadete.„Haben Sie Gründe für diese Denkweise?", spielte er mit seinem Kugelschreiber. „E-E-Emir", stotterte ich und kniff meine Augen zu, um meine Angst irgendwie zu kontrollieren. Er war doch weit weit weg von hier, er könnte mir nichts tun oder?
Der Therapeut räusperte sich: „Wer ist Emir?" Ich bohrte meine Fingernägel in meine Knie. „Ein Monster", gab ich harsch von mir. Meine Atmung beschleunigte sich. Allein der Gedanke an ihn machte mir Angst.
„Was hat er Ihnen angetan?", fuhr er sich über sein weißes Bart.
„Er hat mein Leben zerstört."
Er richtete seine Brille auf: „Wie?"
„E-Er hat meinen Bruder e-ermordet, meinen E-Ehemann angeschossen, meine Freunde terrorisiert, mich entführt, meine E-Erinnerungen von mir genommen, mich-", ich hielt inne.
„...mich umgebracht."
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Sein Herz - FF
FanfictionFortsetzung von Mein Herz, Dein Herz: Achtung: Die Story kann nur gelesen werden, wenn die ersten zwei Teile gelesen wurden. Ansonsten wird man es nicht verstehen. Stelle aus dem Buch: „D-Du lebst?", hörte ich eine unbekannte männliche Stimme hinter...