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Ahsen

„Dankeschön Doktor Khaled, schönen Tag noch", verabschiedete ich mich von meinem Psychologen und verließ das Gebäude. Das Gespräch mit Emir lag nun eine Woche zurück, doch seine letzten Worte sorgten für eine Unruhe in mir. Ich wollte es ihm ehrlich nicht glauben, aber etwas in mir flüsterte mir, dass er diesmal nicht log.

Mein Bruder war hundertprozentig gestorben, soviel war klar. Aber was genau meinte Emir dann? Er wusste anscheinend vieles was ich noch nicht wusste, ehrlich gesagt wollte ich es irgendwie auch nicht wissen. Es war doch alles zu Ende, wieso kamen jetzt neue Sachen dazu? Aber was wäre ich bitte für eine Schwester wenn ich es ignorieren würde?

Ich hatte niemandem davon erzählt, da es höchstwahrscheinlich eine Lüge war. Hinter Lügen sollte man normalerweise nicht recherchieren, aber ich spürte, dass es viel mehr als eine einfache Lüge war.

Ich kramte mein klingelndes Handy aus meiner Tasche heraus und ging ran ohne auf den Namen zu achten. „Ja?", trällerte ich glücklich. Zurzeit hatte ich oft Sinneswandel. Mal war ich glücklich, paar Sekunden darauf könnte ich wieder anfangen loszuheulen. Wahrscheinlich würde ich demnächst meine Tage bekommen.

„Ahsen? Wo bist du?", ertönte Sudes Stimme an der anderen Leitung. „Ich gehe jetzt nach Hause, hatte meine Therapie", erklärte ich. „Kannst du eventuell zu mir kommen?"
Ihre Stimme war etwas leiser geworden. Ich blieb automatisch stehen und zog meine Augenbrauen zusammen.
„Geht es dir gut?", besorgt wartete ich auf eine Antwort.

„Ja, alles gut. Mir ist langweilig und w-wir haben schon lange nicht mehr etwas zu zweit unternommen", erklärte sie.
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie mit mir über irgendetwas reden, aber es nicht zugeben wollte. „Na klar, bin in zehn Minuten da", versicherte ich ihr und wir verabschiedeten uns.

Ich schrieb Ensar, dass ich zu Sude gehen würde und dass er sich keine Sorgen machen müsste. Ich fühlte mich wie eine Teenagerin, die nach der Schule zu ihrer Freundin wollte, aber davor ihrer Mutter Bescheid geben musste.

Seitdem wir Emir einfach dort zurückgelassen hatten ohne jegliche Wachen, sind Berkan und Ensar noch paranoider als sonst. Jedoch war ich mir aus welchem Grund auch immer sicher, dass Emir mir nichts mehr tun würde. Wir hatten miteinander geredet und es abgeschlossen. Ich hatte die Schuldgefühle in seinen Augen gesehen. Wieso sollte man einen Fehler wiederholen, wenn die Schuldgefühle einen sowieso zu Tode quälten?

Ich wollte gerade mein Handy wegpacken als es erneut anfing zu klingeln. Diesmal blickte ich auf das Display, worauf folgendes stand: „ BADBOY 🐄🥛"
Sofort ging ich ran und hielt mir das Handy ans Ohr.

„Oh, was eine Ehre. Da geht ja jemand an meine Anrufe ran", kam es ironisch von ihm. Ich hatte ihn jetzt genau seit zehn Tagen nicht gesehen, was echt viel für unsere Verhältnisse war, weswegen er etwas angepisst war. Jedoch hatte ich kaum Zeit etwas mit ihm zu unternehmen, da ich gefühlt immer etwas zutun hatte.

„Natürlich gehe ich an deine Anrufe ran", antwortete ich lächelnd. „Eigentlich bin ich sauer auf dich", spürte ich seine beleidigte Aura bis hierhin.
„Wieso das?", fragte ich gespielt unwissend. „Das fragst du noch?! Selbst für diesen Bastard Emir hattest zu Zeit zum reden, aber für mich nicht?!", schimpfte er.
Oje.

„Aber Dardan-", wollte ich gerade ansetzen, doch er unterbrach mich. „Selbst diesen Doktor Khalifa siehst du mehr als mich!", schniefte er gespielt. Hoffen wir mal, dass es gespielt war.
„Er heißt Doktor Khaled", verbesserte ich ihn lachend. Khalifa... Schmutzige Gedanken.

Sein Herz - FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt