„Du bist nicht alleine Harry"

1.7K 99 19
                                    

„Harry?" Es hat länger gedauert als erwartet, den Gryffindor alleine anzufinden. Ständig war er von Hermine oder Ron umgeben, die ich bei meinem Gespräch ganz und gar nicht zu gebrauchen hatte.

Harry fuhr herum. Er war gerade aus dem Jungenwaschraum herausgekommen und starrte mich jetzt mit großen Augen an. Ein Wassertropfen löste sich von einem schwarzen Haar und tropfte ihm auf die Schulter.

„Kann ich kurz mit dir alleine reden?"

„Äh, okay?" Sichtlich verwirrt folgte er mir, sein Handtuch immer noch fest in der Hand und einen Beutel mit Waschzeug in der anderen Hand. Ihm war die Situation vermutlich ziemlich unangenehm, mir auch.

Ich lotste Harry zu einem leeren Gang mit Bänken zum Hinsetzen. Ich steuerte auf eine solche zu, die gegenüber eines großen Fensters mit einer guten Aussicht auf die sonnenbedeckte Winterlandschaft bot.

Der Gryffindor setzte sich zögernd und mit einem gewissen Abstand zu mir. Unbehaglich drückte er seine Brille wieder auf die Nase.

„Du bist ein Parselmund", sagte ich offen heraus. Extra darauf bedacht, nicht vorwurfsvoll zu klingen. Ich wollte ihn schließlich keinesfalls verscheuchen.

Verschreckt sah Harry aber trotzdem aus. Mit geweiteten Augen rutschte er noch ein Stückchen weg.

„Ehrlich, ich habe nichts mit der Kammer des Schreckens zu tun! Du musst das am besten wissen. Ich war gar nicht dort!" Wut schwang in seiner Stimme mit.

„Schon gut, darum geht's nicht. Ich will dir zeigen, dass du dich dafür nicht schämen brauchst."

Ich hatte lange nachgedacht, hatte Vor- und Nachteile abgewogen und war schließlich zu dem Entschluss gekommen, dass auch wenn Harry dann mehr denn je denken würde, ich hätte die Kammer des Schreckens geöffnet, ich ihm sagen würde, dass ich ebenfalls mit Schlangen reden konnte.

Es würde Misstrauen wecken, aber Harry würde mir auch gleichzeitig mehr Beachtung schenken. Irgendwie müsste ich ihn dann nur noch von meiner Unschuld überzeugen.

„Harry, ich möchte dir etwas sagen, aber ich bitte dich, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Ich weiß, es spricht alles dafür, dass ich die Kammer geöffnet habe, aber vor allem du müsstest doch wissen, dass man manchmal zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Ich habe doch auch gar keinen Grund, die Kammer zu öffnen. Ich mag Hermine doch, das weißt du."

Harry setzte an, etwas zu erwidern, aber ich sprach einfach schnell weiter, damit ich es hinter mir hatte: „Ich kann auch mit Schlangen sprechen. Du bist nicht alleine."

Harrys Kinnlade klappte auf. Mit seinen wunderschönen grünen Augen starrte er mich ungläubig an.

„Ich beweise es." Schnell holte ich meinen Zauberstab aus der Tasche und richtete ihn auf den Boden vor uns. „Serpensortia."

Wie bei Draco brach eine Schlange aus meinem Stab und wand sich mit gefletschten Zähnen hin und her. Ein schneller Seitenblick zu Harry zeigte mir, dass er uns aufmerksam und mit angehaltenem Atem zuschaute.

Seine Hand in der Manteltasche bewies, dass er misstrauisch war und jederzeit zaubern würde.

Ich holte tief Luft - hoffentlich konnte ich es überhaupt noch - dann begann ich zu sprechen: >>Dreh dich ein Mal im Kreis und bleib dann still am Boden liegen!" Die Schlange gehorchte und begann meine Anweisung auszuführen.

Meine Augen trafen Harrys grüne. Wäre es jetzt zu viel, wenn ich seine Hand nehmen würde, oder ihn sogar anlächelte? Meine Schlangenkette unter dem Umhang verdeckt, begann sich aufzuwärmen. Vater war stolz auf mich. Ohne es zu merken, bildete sich doch noch ein Lächeln auf meinen Lippen.

„Seit wann weißt du von deiner ... dass du mit Schlangen sprechen kannst?"

„Seit ich im Zoo einmal mit einer gesprochen habe." Es war nicht einmal wirklich gelogen, sicher wusste ich es nämlich erst nach diesem Ereignis. Zuvor hätte ich es nur ahnen können, wenn ich denn daran gedacht hätte.

Harrys Augen wurden noch runder, als ohnehin schon. Aufgeregt begann er zu sprechen: „Bei mir war das auch so! Ich bin mit Tante Petunia und Onkel Vernon in den Zoo gefahren und dann hab ich plötzlich mit einer Schlange gesprochen.

Bis vor kurzem habe ich aber gedacht, das wäre ganz normal, dass ich das kann, dass das fast alle Zauberer können. Anscheinend können das aber nur ich, du und Voldemort hat es gekonnt."

Ich zuckte geschockt zurück. Noch nie hatte ich gehört, wie jemand Vaters Namen ausgesprochen hat. Zitternd griff ich nach meiner Kette.

„Tschuldige', ich vergesse immer, dass man seinen Namen nicht aussprechen soll."

„Schon gut", log ich, während mein Herz immer noch zu schnell gegen meine Brust hämmerte, „Vipera Evanesca." Die Schlange verschwand wieder.

Die nächste Minute wussten wir beide nicht, was wir sagen sollten. Schüchtern starrte Harry auf seine Füße, aufgeregt zeichnete ich Kreise mit meinem Fuß auf den Boden und schimpfte mit mir selbst, weil ich so schlecht im Unterhaltungen führen, war.

Wann würde es wieder dazu kommen, dass ich mit Harry - dem Menschen, dessen Vertrauen ich gewinnen musste - alleine war? Aber nein, Alecto Vance fiel kein gutes Gesprächsthema ein und so schwieg sie ihn lieber an.

Als die Minute verstrichen war, stand Harry langsam wieder auf. Im Schneckentempo stellte er sich gerade hin, dann drehte er sich ebenfalls ganz langsam zu mir um.

Vielleicht ließ er sich so viel Zeit, damit ich doch noch etwas sagen könnte? Ich tat es nicht.

Still gingen wir wieder zurück zum Gryffindorturm und standen kurz vor dem Porträt der fetten Dame.

'Sag was Alecto!' „Wenn du irgendetwas brauchst, kannst du jederzeit zu mir kommen."

„Danke", antwortete Harry leicht lächelnd. „Äh, tschüss."

„Ja, tschüss." Wir gingen noch zusammen durch das Porträt und da es noch nicht Bettzeit war, setzten wir uns beide auf ein Sofa. Harry zu seinen Freunden, ich mit gebührendem Abstand.

Dass unsere Verabschiedung trotzdem lächerlich war, bekamen wir allemal mit. Mit viel Mut grinste ich Harry schalkhaft zu. Er grinste mit roten Ohren zurück.

Vielleicht hatte er ja schon wieder ganz vergessen, dass er mich als Öffnerin der Kammer des Schreckens verdächtigte?

Lächelnd widmete ich mich einem Brief für Kingsley, der mir auch dieses Jahr eine Kleinigkeit zu Weihnachten geschickt hatte (eine neue Schreibfeder).

Lieber Kingsley Shacklebolt,

(nach langem Überlegen war das immer noch die beste Anrede, die mir einfiel. Die anderen waren noch schlimmer als diese.)

Ich möchte mich herzlich für Ihr Weihnachtsgeschenk bedanken. Die neue Schreibfeder kann ich gut gebrauchen und werde ich in Ehren halten.
Ich hoffe, Sie haben ein fröhliches Weihnachtsfest gefeiert, meines war ganz angenehm.

Ich verharrte. Sollte ich noch ein paar persönliche Worte hinzufügen? Es kitzelte mich gerade so in den Fingern ...

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Ich will mich bei Ihnen entschuldigen. Ich habe mich manchmal nicht richtig verhalten und gebe Ihnen für Dinge Schuld, für die Sie nichts können. Ich hoffe, Sie verzeihen mir.

Ich las mir den Brief noch einmal durch. Verzog das Gesicht beim letzten Absatz und strich ihn schließlich mit einer einzigen schnellen Bewegung wieder durch. Ich war wohl noch nicht bereit dafür. Außerdem, tat es mir wirklich leid?

Den ersten Absatz den ich noch einmal geschrieben hatte und die Liebe Grüße, Alecto schrieb ich noch einmal fein säuberlich auf einem frischen Pergament mit der neuen Feder auf. Am nächsten Tag würde ich das ganze verschicken.

***

Hey^^,
vielen Dank für die ganzen positiven Rückmeldungen und generell Anmerkungen. Es freut mich sehr zu sehen, dass die Fanfiktion gut ankommt.

Ich wünsche euch einen wunderschönen Advent!

LG

Die Tochter des dunklen Lords (Harry Potter Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt