Harry erzählte von der Stimme, die er gehört hatte. Von der selben, die auch mich heim gesucht hatte. Von Harrys, Hermines und Ronalds Verdächtigen, auch dass sie mich ins Visier genommen hatten und schließlich von Tom Riddles Tagebuch, das Harry im Klo der maulenden Myrthe gefunden hatte.
Harry hätte durch Zufall herausgefunden, dass man mit Tom kommunizieren konnte, wenn man ins Buch schrieb und hatte sich dadurch von dem Sechzehnjährigen beeinflussen lassen, meinte er.
Wie ich, war er von Tom in dessen Erinnerung eingetaucht; anders als ich jedoch in eine, die es so darstellen ließ, als hätte Hagrids Spinne Aragog die Menschen versteinert und schließlich Myrthe – die heute als Geist in den Toiletten herumspukt – getötet. Anders als ich konnte Harry sich diese Geschichte nun von der Seele reden, ich allerdings musste alles in mich hineinfressen.
Schließlich begann Harry den Verlauf des heutigen Tages zu erzählen. Wie sie zufällig ein Gespräch von den Lehrern mitbekommen hatten, dass Ginny entführt worden wäre; wie Harry und Ronald der fixen Annahme waren, Ginny könne noch nicht tot sein und sie müssen Gilderoy Lockhart, der immer behauptet hatte, er wüsste, wo die Kammer wäre und könne das Monster darin im nu umbringen, mit Informationen füttern.
„Er war gerade am Packen und wollte abhauen", meinte Ronald und sah wie alle anderen strafend zum Professor, der jedoch scheinbar nichts davon mitbekam. Er schaute gerade verträumt ins prasselnde Feuer.
Harry übernahm wieder das Reden und erzählte von ihrer Entdeckung, dass man die Kammer des Schreckens im Mädchenklo öffnen konnte. Sie – das heißt, Gilderoy, Harry und Ronald – sind dann unten kurz vor der Kammer des Schreckens wegen eines missglückten Zaubers von Lockhart so verschüttet worden, dass Harry weiter ins Innere vordringen konnte und Ronald und der Professor, der Dank seines eigenen Vergessenszaubers nicht mehr wusste, wer er war und was er dort unten eigentlich tat, auf der anderen Seite bleiben mussten. Harry war also alleine weiter gegangen.
„Dort lag dann Ginny", begann Harry mit plötzlicher Aufregung in der Stimme, „ich dachte, sie sei tot." Ginny wurde knallrot und vergrub ihr Gesicht in den Haaren ihrer Mutter.
Mich überkamen plötzlich die Schuldgefühle, dass ich Ginny nicht geholfen hatte. Vielleicht hätte ich ihr sogar alles ersparen können...Aber ich hatte alles verdrängt. Weil ich egoistisch war. Ein wirklich furchtbarer Mensch. Meine Lunge drückte sich zusammen. Ich war ein Monster! Ich hätte heute Mörderin werden können!
„Dann kam plötzlich Tom und ich dachte, er würde mir irgendwie hinaushelfen können, doch dann zeigte er sein wahres Gesicht. Tom ist der dunkle Lord!"
„Ja, nur wenige seiner ältesten und treuesten Anhänger wissen von Toms Vergangenheit. Dass er einst Schüler von Hogwarts war, ist für die meisten unvorstellbar", meinte Dumbledore nachdenklich.
„Er hat sein Tagebuch so verzaubert, dass sein sechzehnjähriges Ich weiterleben konnte und es dafür genutzt, um die Kammer des Schreckens zu öffnen. Ich hab aber gegen ihn gekämpft und sein Tagebuch schließlich zerstört. Fawkes hat uns dann gerettet und zurückgebracht."
Den Teil, wie Ginny mit der ganzen Sache verstrickt war, übernahm Dumbledore. Er sagte nichts, was Ginny ins schlechte Licht hätte stellen können und nahm sie sofort in Schutz, als Molly und vor allem Arthur enttäuscht waren, dass ihre Tochter nicht die beigebrachte Regel ihrer Eltern „man soll nichts trauen, bei dem man nicht wisse, wo das Gehirn sei" eingehalten hatte.
Schlussendlich war niemand mehr sauer auf Ginny; nicht einmal ich. Aber wie denn auch? Vermutlich würde ich ihr nie mehr wieder in die Augen schauen können. Zu meiner eigenen Überraschung, war ich bisher auch nicht wütend auf Harry. Obwohl ich einen Stich ins Herz versetzt bekommen hatte, als er gesagt hatte, Vater wäre wieder tot.
Andererseits war es dieses Mal weit weniger schlimm, als die letzten Male. Irgendwie war ich vorbereitet gewesen.
Die Wut blieb sogar immer noch aus, als mir klar wurde, dass es Harry war, der Vater ein zweites Mal getötet hatte.Ich hatte schon zu oft mit dem Schmerz leben müssen, dass Vater tot war. Vielleicht waren die Tränen bereits fertig vergossen.
Wie eine völlig verdatterte alte Frau saß ich zusammengekrümmt auf dem Boden. Harry und Ron hielten mich ab jetzt vermutlich für eine kleine schwache Heulsuse.Das Lehrerkollegium beschloss, eine Feier zu veranstalten. Auch wenn es schon fast Mitternacht war, durften alle Schüler und Schülerinnen mit Schlafanzügen in die große Halle kommen und dort die vielen köstlichen Speisen verzehren.
Es war ein äußerst absurder Abend, vor allem, als die frisch „entsteinerte" Hermine und ich nicht wussten, wie wir uns begrüßen sollten. Schließlich lagen wir uns kurz in den Armen und hatten beide ein paar liebe Worte ausgetauscht. Ich konnte es nicht leugnen - ich war verdammt glücklich, dass sie wieder da war. Gesund und so redefreudig wie immer.
„Dieses Jahr gibt es keine Abschlussprüfungen." Die Halle brach in tobenden Applaus aus. Die Gesichter der Anwesenden wurden noch fröhlicher und ausgelassener als ohnehin schon und man konnte beobachten, wie sich Schüler von einem Hallenende zum anderen zujubelten und anstrahlten.
Es war so eine glückliche Aura, dass ich gar nicht anders konnte, als meine ganzen Sorgen kurzweilig zu vergessen. Lavender umarmte mich von hinten.
Und schließlich hing ich Arm in Arm mit ihr, Parvati und Gryffindors, die teils aus der ersten Klasse waren, den restlichen Abend auf einer Bank. Es war etwas ganz Neues, doch an diesem einen Tag hatte ich das Gefühl, ich könnte vielleicht loslassen.Etwas, dass all die Jahre gold glitzernd und dadurch unschuldig an mir gehangen hatte. Eine bestimmte Beziehung zu einer Person. Ich traute mich nur nicht, es auszusprechen.
Freds, Georges, Lees und mein Streich wurde ein voller Erfolg. Auch wenn sowieso jeder die letzten paar Tage in Hogwarts nur ausgelassen und glücklich war, so war unsere Aktion ein zusätzlicher Spaß.
Wir hatten in Dumbledores und Snapes Frühstückstee jeweils Vielsafttrank gemischt, der sie ihre Körper tauschen ließ. Die Haare zu beschaffen, war ein mühsames Unterfangen, aber dank ein paar Tricks geglückt.
Dumbledore, der es mit einem Schulterzucken und einem Grinsen – das man zuvor noch nie in Snapes Gesicht gesehen hatte – das restliche Essen fröhlich quatschte, hatte leider nicht so reagiert, wie ich es gehofft hatte.
Trotz dass mir die Jungs schon zuvor versichert hatten, auch wenn sie nicht wüssten, was ich gegen Dumbledore hätte, dass ich mir lieber etwas anderes ausdenken müsste, um den Schulleiter aus der Reserve zu locken, war ich stur geblieben.
Etwas schade, aber schlussendlich war es mir dann doch recht egal. Irgendwie war Dumbledore ja echt cool.Snapes Anblick dagegen war gold wert. Mit so saurer Miene, wie man sie niemals auf dem Gesicht des Schulleiters sah, rauschte er mit wehendem Silberhaar aus der Halle. Natürlich waren die Jungs und ich darauf vorbereitet und als er die Halle verließ, kam eine Eule angeflogen und ließ über ihm einen Liebesbrief fallen.
Dieser begann zu singen, wie schön fettig doch Snapes Haare wären und welch wundervoll herrischen Blick er immer drauf hätte.
Am Ende war Snape so wütend, dass er die Karte in Brand setzte und diese sich in niedliche kleine rosa Herzchen verwandelte.
Die Schülerschar – und man munkele, dass auch ein paar Lehrer und Lehrerinnen dabei waren – hielt sich die Bäucher vor Lachen. Zum Glück konnte niemand beweisen, wer hinter diesem Streich steckte.Am Tag vor der Abreise wurde ich noch einmal von Fred, George und Lee zur Seite genommen. Sie würden mich nächstes Jahr noch einmal dazu bringen, bei so einer Aktion mitzumachen, meinten sie. Ich grinste breit und ließ mich auf kurze Umarmungen ein. Solch oberflächliche Berührungen funktionierten mittlerweile sehr gut.
lm Zug saß ich bei Lavender, Parvati und den Mädchen unseres Ravenclawjahrgangs, Lisa Turpin, Su Li, Sophie Roper, Mandy Brocklehurste und Padma Patil.
Es wurde sehr eng, aber eigentlich auch ganz lustig. Ich mochte vor allem Sophie Roper und Lisa Turpin und konnte es mir plötzlich vorstellen, im nächsten Jahr mehr mit diesen beiden zu unternehmen. Wirklich verrückt, dass ich dann schon das dritte Mal nach Hogwarts fahren dürfte.
![](https://img.wattpad.com/cover/186528604-288-k748319.jpg)
DU LIEST GERADE
Die Tochter des dunklen Lords (Harry Potter Fanfiction)
FanfictionGrausam. Kalt. Herzlos. So würden die meisten Hexen und Zauberer den Mann beschreiben, der diskriminiert, tyrannisiert, foltert und mordet. So aber nicht seine Tochter. Der dunkle Lord hatte nämlich vier Jahre lang Zeit, seiner Tochter seine Ansicht...