Die letzten Wochen hatten meine selbst erstellte Denkblockade mit jedem Tag weiter einstürzen lassen. Es wurde immer schwieriger, die Bedenken zu verdängen und die gemeinsame Zeit mit Jill auch wahrhaftig zu genießen. Ich schaffte es nicht mehr, unsere Beziehung und mein reales Leben von einander zu trennen.
Immer wieder schlichen sich die Bedenken und das überaus schlechte Gewissen in den Vordergrund. Mit jeder weiteren Sekunde hatte ich das Gefühl, gleich daran zu zerbrechen. All diese Gedanken für sich zu behalten und nicht offen darüber sprechen zu können, machte es nicht gerade besser.
Doch ich brachte es nicht übers Herz, Jill davon zu erzählen. Mary hatte bereits gemerkt, dass mich etwas belastete. Doch ihr konnte ich erst recht nicht davon erzählen. Ich hatte niemanden, dem ich es hätte anvertrauen können.
Es war eine Sache, die ich einzig und allein mit mir selbst ausmachen musste. Und schmerzvoll musste ich mir eingestehen, dass ich beide Leben nicht mehr gleichzeitig nebeneinander führen konnte. Es war die Zeit gekommen, einen Schlussstrich zu ziehen. So schwer es auch für mich sein mochte, ich konnte nicht länger mit Jill zusammenbleiben.
Nicht nur das, ich konnte nicht weiter mit ihr reden. Konnte nicht mehr diese außergewöhnliche Art der Verbindung zu ihr besitzen. Ich konnte sie nicht mehr in meinem Leben haben.
Mit aller Kraft wehrte sich mein Herz gegen diese Entscheidung, suchte Ausreden, um meinen Kopf umzustimmen. Doch es war zu spät. Ein Zurück gab es nun nicht mehr. Jill würde heute ihren Abschluss feiern und danach mit einem Kunststudium beginnen. Sie sollte diesen neuen Lebensabschnitt ohne mich starten. Sie sollte nicht ihr Leben mit der Hoffnung verbringen, dass wir eines Tages ein normales Pärchen sein könnten. Diese falschen Zukunftsvorstellungen konnte ich nicht weiter in ihrem Herzen lassen, auch wenn es mir unfassbar schwer fallen würde, diesen endgültigen Schlussstrich tatsächlich zu ziehen.
„Gelb oder grün?"
Jills Stimme, an welche ich mich in den letzten Monaten derart gewöhnt hatte, dass sie mittlerweile schon zu meinem Alltag gehörte, ließ mein Herz augenblicklich zusammenziehen. Wie eine kleine verschrumpelte Rosine pochte es nun schnell in meiner Brust und trieb mir beinahe die Tränen in die Augen.
Gelb?
Ich schluckte den Kloß in meiner Kehle hinunter und versuchte mich zu beruhigen, um Jill nicht in ihrer Vorfreude auf den Abschlussball zu verunsichern und sie mit meiner betrübten Stimmung anzustecken.
„Hmm, sicher? Ich denke, grün wäre besser."
Ein trauriges Lächeln schlich sich in mein Gesicht. Für einen Moment schloss ich meine Augen, um wenigstens für die nächsten Stunden die zukünftige und unumgängliche Trennung auszublenden und ein letztes Mal mit Jill Zeit in unseren Gedanken zu verbringen.
Worum geht es denn überhaupt?
Ich versuchte so locker und fröhlich zu wirken, wie es mir in diesem Augenblick nur möglich war.
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In Gedanken bei dir
RomanceJill Campbell führt das normale Leben einer Sechzehnjährigen: Sie hat eine Familie, die sie liebt. Zwei beste Freundinnen, die für sie durchs Feuer gehen würden. Und zu dem noch den beliebtesten Jungen der Schule als Freund. Doch ihr Leben w...