Seit ich das erste Mal ihre Stimme gehört hatte, wusste ich, wie wichtig dieser Mensch mir einmal sein würde. Ihre kindliche Denkweise brachte mich oft zum Schmunzeln und der Drang in mir, mit ihr zu reden, wuchs mit der Zeit unglaublich.
Ich verstand das alles selbst noch nicht wirklich. Ich wusste lediglich, dass ich dauernd ihre Stimme in meinem Kopf hörte und mit ihr reden konnte, wenn ich dies wollte.
Allerdings tat ich dies nicht oft.
Denn sie hatte Angst vor mir.
Sie dachte, sie wäre verrückt.
Es machte sie vollkommen fertig und wahrscheinlich weinte sie sich bei jedem Gedanken daran die Augen aus.Deshalb versuchte ich mich weitestgehend zurück zu halten und sie in Ruhe zu lassen. Ich wollte doch nichts weniger, als ihr zu schaden, sie zu verängstigen. Sie sollte glücklich sein, das war das Wichtigste.
Doch trotzdem konnte ich meine Sehnsucht nach ihr manchmal nicht abstellen. Mein Kopf konnte dann in diesen Momenten an nichts anderes denken. Dann schaffte ich es nicht einmal, ihre Gedanken auszublenden.
In den letzten Monaten hatte ich heraus gefunden, wie ich meinen Kopf abschalten konnte, um sie nicht ständig hören zu müssen. Doch wenn mein Verlangen nach dem Klang ihrer Stimme zu groß wurde, schwächelte sogar ich. Dann hörte ich jeden einzelnen ihrer Gedanken. Zu meinem Unwohl handelten diese meistens von diesem ‚ach so tollen Matt'.
Und wenn ich diese sanfte Stimme dann auch nur einmal hörte, löste sie eine regelrechte Sucht in mir aus. Dann konnte ich nicht mehr von ihr ablassen. Ich hörte ihr Stunden lang zu und fühlte mich danach augenblicklich wie ein Stalker, der in ihre Privatsphäre eingedrungen war. Ich hasste mich regelrecht dafür, trotz meines schlechten Gewissens, immer wieder in ihre Gedankenwelt einzudringen. Schließlich gehörten diese allein ihr und niemand hatte ein Recht dazu, sie sich anzuhören. Nicht einmal ich.
Doch was konnte ich schon dagegen tun, wenn mein Körper ganz von selbst handelte und ich die gesamte Kontrolle darüber verloren hatte? Ich war ihr vollkommen ausgeliefert.
„Hey Schätzchen, kannst du deinem Vater draußen mal helfen? Du weißt doch, dass er mit seinem Rücken nicht mehr so gut arbeiten kann", sprach meine Mum mit sanfter Stimme zu mir und riss mich damit aus meinen Gedanken.
„Natürlich", antwortete ich lächelnd und verdrängte meine Gedanken an das Mädchen aus meinem Kopf.
Ich trat hinaus, wo mir sofort kühle, frische Luft um die Ohren fegte. Das Wetter war schon die letzten Tage nicht mehr angenehm gewesen. Der heftige Wind kündigte bereits einen großen Sturm an, welcher uns bald erreichen würde. Mit besorgtem Blick schaute ich in die Ferne, wo ich meinen Vater ,mit einer Schaufel in der Hand, auf dem Feld erkennen konnte. Zügig ging ich auf ihn zu und musste schon leicht gegen den Widerstand des Windes ankämpfen.
„Mein Sohn! Gut, dass du kommst. Hier, trage doch schon mal den Eimer Kartoffeln ins Haus", sagte der ältere Mann vor mir und reichte mir einen grauen Eimer entgegen.
„Du solltest auch mit reinkommen. Es wird langsam ungemütlich", entgegnete ich beunruhigt und blickte gen Himmel. Dunkle Wolken häuften sich zusammen und bewegten sich ziemlich schnell mit dem Wind.
DU LIEST GERADE
In Gedanken bei dir
Roman d'amourJill Campbell führt das normale Leben einer Sechzehnjährigen: Sie hat eine Familie, die sie liebt. Zwei beste Freundinnen, die für sie durchs Feuer gehen würden. Und zu dem noch den beliebtesten Jungen der Schule als Freund. Doch ihr Leben w...