Kapitel 4 - Jill

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„Jetzt habe ich Zeit für dich", sagte Miss Smith freundlich zu mir, als sie an meinen Tisch kam

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„Jetzt habe ich Zeit für dich", sagte Miss Smith freundlich zu mir, als sie an meinen Tisch kam.
„Also, unser Thema für die nächsten Wochen wird die Porträtzeichnung sein. Heute im Stile des Expressionismus. Okay? Und wenn du noch mehr Fragen hast, komm einfach zu mir."

Dankend nickte ich ihr zu und sortierte mir ein paar besonders kräftige Farben heraus, welche ich nutzen wollte.
„Ach und Jill", meinte sie, bevor sie zurück zum Lehrertisch ging, „lass dich von dieser Schlange nicht unterkriegen!"
Zwinkernd drehte sie sich um und ließ mich lächelnd zurück.

Diese Lehrerin ist einfach ein Engel.

In meinem Kopf war sofort ein Bild entstanden, welches ich malen wollte. Für die richtige Atmosphäre beim Arbeiten fischte ich mir noch meine Kopfhörer aus der Tasche raus. Kunst war halt einfach mein Ding. Mein Kopf war ständig voller Bilder und Fantasien, die ich gern auf Papier bringen würde. Doch meistens fehlte leider die Zeit dafür.

Ohne mir vorher großartig mit Bleistift Linien vorzumalen, fing ich direkt mit Pinsel und Farbe an. Ich ließ all meine Gefühle des heutigen Tages raus und wandelte sie in Farben um. Bilder von Patricia, wie sie den Gang entlang stolzierte, wie sie mir mein Schnitzel stahl oder auch, wie sie mir ihr Essen über den Oberkörper schüttete, rasten mir durch den Kopf.

Verachtung. Wut. Hass.

Allein der Gedanke an ihren Namen brachte mich zur Weißglut. Der Pinsel huschte nur so über das Bild, dass selbst meine Augen nicht hinterherkamen. Eine Stunde später starrte ich fassungslos auf das Endprodukt. Die Zeit war so schnell verflogen, dass ich nicht mal richtig mitbekommen hatte, was ich hier überhaupt zu Stande gebracht hatte. Mein Unterbewusstsein hatte ganz allein gehandelt.

„Wow", hörte ich Miss Smith über meine Schulter flüstern. Sprachlos nahm sie mein Bild, um es zu den anderen Werken vor an die Tafel zu hängen. Erst jetzt, aus der Ferne, konnte ich erkennen, was mein inneres Ich gemalt hatte.

Es war das Porträt einer Frau, mit scharfem und kantigem Gesicht. Ihr Kinn bestand aus dicken, spitz zueinander laufenden, schwarzen Linien. Das leuchtend rote Haar stellte einen Kontrast zu dem dunklem Schwarz dar und wirkte bedrohlich. Und die dicken, dunklen Augenbrauen machten ihr Gesicht nicht gerade freundlicher. Auch die Augen leuchteten auf eine unbeschreibliche Weise und verliehen der Frau ein teuflisches Aussehen.

Es war glasklar, wen ich gezeichnet hatte.

Patricia.

Dieses Bild zeigte ihr wahres Ich.

Meine Mitschüler staunten und lobten mich für mein Kunstwerk.
„Uhh, da musste jemand wohl Aggressionen rauslassen", raunte Chrissy mir zu, als sie sich neben mich stellte. Noch immer sprachlos, nickte ich, ohne den Blick von der Tafel zu wenden.
„Aber sowas von", meinte auch Jenna mit großen Augen.

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