Kapitel 5

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Tonks sprach mich an, kaum dass wir zurück auf dem Zeltplatz waren. Es hatte sich bereits einiges herumgesprochen.

„Mein Gott, Kate. Hast du einen Geist gesehen?"

„Ja."

„Okay, Kate. Bei aller Liebe, was ist da passiert?" Tonks schaute mich durchbohrend an.

„Komm!", zischte ich und zog sie etwas abseits.

„Ich habe IHN gesehen."

Entsetzt schaute sie mich an. „Kate, das ist unmöglich!"

„Nein, Tonks, ich habe ihn gesehen. Er lief über diese Lichtung und beschwor das Mal. Ist dir nicht aufgefallen, wie nervös Crouch bei seiner Rückkehr aus dem Wald war?"

„Kate, seine Elfe wurde überführt. Er ist der Leiter einer Abteilung, er hat hier das Sagen. Alles hier ist seine Arbeit. Natürlich ist er aufgebracht, wenn das dann passiert. Aber du kannst ihn nicht gesehen haben." Tonks legte einen Arm um mich.

„Wenn ich es doch sage!", erwiderte ich verzweifelt. Tränen traten in meine Augen. Ich versuchte sie zurück zuhalten, doch sie liefen einfach über meine Wangen.

Tonks schaute mich nur mitleidig an, doch sagte nichts mehr.



Die Wochen danach vergingen wie im Flug. Natürlich, ich hatte nicht viel zu tun. Einige meiner Kollegen forderten meine Hilfe an, wenn sie keine Lust auf ihren Papierkram hatten. In meiner momentanen Situation konnte ich schlecht ablehnen. Also verbrachte ich viel Zeit an meinem Schreibtisch und überarbeitete die Akten, damit sie ins Archiv konnten. Einige andere Kollegen baten mich, sie bei Außeneinsätzen zu unterstützen. Dies tat ich gerne, immerhin hatte ich so mal etwas zu tun.

Scrimgeour bedachte mich regelmäßig mit einem väterlichen Lächeln. Er wusste, ich fühlte mich unterfordert und ich war eigentlich zu gut für die Arbeit, die ich im Moment leistete. Aber er bekräftigte immer wieder, dass es nur so möglich sei. Sonst könne ich nicht in Hogwarts eingesetzt werden.

Endlich fing das Schuljahr in Hogwarts an. Crouch hatte das Sagen. Wie ich es hasste, unter ihm zu arbeiten. Dennoch war ich glücklich, als er mich in sein Büro orderte und mir mitteilte, dass ich ihn, Percy und Bagman nach Hogwarts begleiten sollte.

So reisten wir nach Hogwarts. Wie immer platzierte ich mich in einer hinteren Ecke und beobachtete das Geschehen vor mir. Eine Wand bot in der Regel die beste Rückendeckung, wenn man ohne Partner unterwegs war. So konnte man sich auf das konzentrieren, was vor einem geschah. Ich beobachtete die Schüler, die allesamt aufgeregt miteinander tuschelten. Dann ließ ich meinen Blick den Lehrertisch entlanggleiten. Es interessierte mich, welche Lehrer noch da waren, die ich auch schon hatte. McGonagall natürlich, und auch Flitwick. Dann musterte ich Snape. Natürlich hatte ich gehört, dass er hier Lehrer war, doch ich fand es faszinierend, ihn nach all den Jahren persönlich wiederzusehen. Er war einige Jahre über mir in Hogwarts gewesen. Ich hatte noch die letzten seiner Schuljahre miterlebt. Sie waren nicht sonderlich gut gewesen. Snape war das Mobbingopfer schlecht hin gewesen. Wie wohl sein Unterricht aussah?

Dann erschien die massige Gestalt von Hagrid vor meinen Augen. Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Ich mochte den sanften Halbriesen. Schon zu meiner Schulzeit hatte ich meine Freizeit gerne bei ihm verbracht. Er hatte mir vieles über die Tiere und Wesen beigebracht, gerade auch die gefährlichen. Das war mir später in der Ausbildung zu gute gekommen und ich war ihm immer noch dankbar dafür.

Dann fiel mir auf, dass ein Platz leer war. Komisch, wer fehlte denn noch? Es machte klick und mir wurde bewusst, dass mein Mentor fehlte. Der Platz musste Moody gehören. Mein seliges Lächeln erstarb und skeptisch schaute ich mich um. Es war ungewöhnlich für ihn, nicht pünktlich zu sein. Am Rande hatte ich den Einsatz bei ihm mitbekommen, kurz vor Beginn des Schuljahres. Ich wusste auch, wie im Ministerium über ihn geredet wurde. Viele nannten ihn verrückt und bescheinigten ihm eine ausgewachsene Paranoia. Doch bei allem Gemunkel und Gerede: Meine ganze Ausbildung über hatte er immer wieder seine Loyalität zu Dumbledore unter Beweis gestellt und nun ließ er ihn warten. Das passte nicht. Irgendetwas stimmte hier nicht.

Ich wurde schlagartig aus meinen Gedanken gerissen, als die magische Decke der Halle anfing zu donnern und einige Blitze zuckten.

Meinen Zauberstab gezückt, war ich bereit, anzugreifen. Doch stattdessen betrat mein früherer Mentor die Halle. Er humpelte auf seinen Stock gestützt zu Dumbledore und entschuldigte sich. Sein magisches Auge schoss durch die Halle und fixierte mich danach. Für meinen Geschmack lag es einen Moment zu lange auf mir. Ich hatte ihm schließlich erzählt, dass ich dieses Schuljahr auch hin und wieder hier sein würde.

Auch, wenn er im Ruhestand war, hielten wir bis heute Kontakt. Manchmal, wenn ich bei meinen Fällen hing, fragte ich ihn um einen Rat. Dann trafen wir uns und besprachen das weitere Vorgehen. Hin und wieder schrieben wir auch einfach so Briefe, um zu wissen, wie es dem anderen ging und was es so neues gab.

Nach meinem Gespräch mit Dumbledore hatte ich ihm geschrieben und ihn gefragt, ob das mit der Lehrstelle stimme. Er hatte es bejaht. Nachdem feststand, dass ich in Hogwarts eingesetzt werden würde, hatte ich ihm wieder geschrieben. Er wusste, dass ich da sein würde, wann immer Crouch auch da war. Und nun musterte er mich so lange? Das war ein abweichendes Verhalten für ihn.

Nachdem Moody meinen Blick bemerkte, wandte sich sein magisches Auge ab. Er ließ sich auf seinen Platz fallen und holte einen Flachmann heraus. Dann trank er einen Schluck und verzog das Gesicht. Ich wusste, dass er immer aus seinem Flachmann trank. In diesem Fall stimmte das Paranoia Gerede. Doch für gewöhnlich trank er nur Sachen, die ihm schmeckten. Ich hatte ihn noch nie das Gesicht verziehen sehen. Misstrauisch ließ ich meinen Blick auf ihm liegen.

Von dem restlichen Geschehen in der Halle bekam ich nicht viel mit. Mich interessierten die Formalia allerdings auch herzlich wenig, denn ich kannte sie bereits. Briefing sei dank. Meine Aufgabe war es, auf alles zu achten, was nicht normal war. Und das war Moody.

Ich entspannte mich erst wieder, als sich die Halle leerte. Crouch und Bagman standen bei Dumbledore und redeten noch mit ihm. Percy lungerte hinter Crouch und versuchte sich zu beteiligen. Nur ich stand abseits.

Hagrid hatte mich freundlich begrüßt und war dann gegangen. Als ich Schritte auf mich zukommen hörte, schaute ich nach rechts. Schon am Gang hatte ich Moody erkannt.

„Kate", grüßte er mich.

Ich lächelte. „Alastor, wie geht es dir? Ich habe von dem Vorfall bei dir gehört. Ist alles gut?"

Einen Moment wirkte er verwirrt, dann meinte er: „Ach so, das. Ja, alles gut. Ich habe vielleicht etwas überreagiert. Man weiß ja nie. Und wie geht es dir?"

„Gut. Endlich wieder Arbeit", lächelte ich.

Ich hatte gedacht, dass er ins Lachen einsteigen würde. Immer hin hatte ich ihm mein Leid geklagt. Doch er blieb ernst. „Wieso? Warst du krank?"

Nun erstarb mein Lachen und ich schaute ihn misstrauisch an. „Nein."

Moody schien die Veränderung in meinem Verhalten zu merken, denn er wendete sich ab.

„Ich muss dann jetzt", verabschiedete ich mich mit einem Blick auf Crouch, der im Aufbruch war.

Moody nickte mir knapp zu. Im Vorbeigehen erkannte ich, dass Dumbledore mir ein Lächeln zuwarf. Dann verließ ich mit Crouch die Halle.

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