Kapitel 11

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In dieser Nacht schlief ich schlecht. Albträume aus früheren Tagen plagten mich.

Bei einem der Träume handelte es sich eigentlich um eine Erinnerung. Eine der schmerzhaftesten, die ich besaß:

Der Raum war groß und dunkel. Aufsteigende Ränge waren mit Sitzen bestückt. Einige davon waren besetzt. Den Vorsitz hatte Bartemius Crouch Sr. Wie die Ruhe selbst, saß er auf seinem Stuhl. Um ihn herum wurde getuschelt.

Ich saß ganz hinten in einer Ecke, abseits von allen.

„Hey, Armstrong. Schaust du dir wieder eine der Verhandlungen an?" Mein Mentor Alastor Moody kämpfte sich durch die Reihe zu mir.

Ich nickte.

„Du bist eine ganz Zielstrebige, nicht wahr? Die anderen Auszubildenden genießen ihren freien Nachmittag und du schaust dir weiterhin freiwillig Gerichtsverfahren an." Er schüttelte bei seinen Worten leicht den Kopf.

Ich hingegen nickte wieder.

„Aber wirklich, Armstrong. Du bist gut, ich mag dich. Niemand wird dir einen Strick drehen, wenn du wirklich mal einen Nachmittag nichts machst. Irgendwo ist auch mal die Grenze."

Ich achtete nicht weiter auf ihn. Die Tür war aufgegangen und Dementoren führten die Angeklagten herein. Drei davon interessierten mich nicht. Mir ging es nur um den Vierten.

Ich erkannte ihn sofort. Der junge Mann wirkte verängstigt. Er beteuerte immer wieder seine Unschuld und flehte Crouch an.

„Sieh dir das Weichei an. Kann andere Leute foltern, aber nicht damit leben, wenn man ihn schnappt. Davon werden dir einige begegnen", flüsterte Moody mir zu.

Ich ignorierte Moody weiterhin. Mein Blick glitt zu Crouch, der beim Anblick seines Sohnes nicht im Geringsten die Miene verzog. Kalt schaute er hinunter zu den Angeklagten.

Zum ersten Mal schaute ich mir die anderen drei an. Eine Frau, zwei Männer. Ich wusste, um wen es sich handelte. Jeder wusste das. Wir hatten erst neulich über die Gräueltaten dieser Menschen in der Ausbildung geredet. Sie waren mir egal. Ich wollte, dass sie in Askaban verreckten.

Barty schaute sich immer noch ängstlich um und entdeckte schließlich mich. Seine Augen weiteten sich vor Schreck. Mir liefen Tränen über die Wangen. Tränen der Trauer und der Verzweiflung. Ich war zwei Jahre jünger als er. Er hatte Hogwarts mit Bestnoten verlassen, ihm hatte die Welt offen gestanden. Unser Plan war einfach gewesen. Er würde eine Ausbildung beginnen und uns eine Wohnung suchen. Dann würde ich zwei Jahre später folgen. Wir würden zusammen wohnen, heiraten, eine Familie gründen und schließlich gemeinsam alt werden.

Doch er hatte sich, kaum aus Hogwarts weg, Voldemort angeschlossen und war ein Todesser geworden. Als sich die Gerüchte in Hogwarts verbreiteten, hatte es mich getroffen wie ein Schlag. Lange wollte ich es nicht glauben und schrieb unzählige Briefe an ihn. Barty hatte keinen beantwortet. Kurz nach meinen Abschlussprüfungen hatte ich dann erfahren, dass er festgenommen worden war. Unter anderem ihm wurde die Folterung des Auroren Frank Longbottom und seiner Frau vorgeworfen. An diesem Tag hatte ich einen Entschluss gefasst. Ich bewarb mich im Ministerium für die Ausbildung zur Aurorin. Ich wollte in meiner Verzweiflung das werden, was Barty scheinbar am meisten hasste; ein Auror.

Tonks hatte sich schon beworben und war glücklich, dass wir es jetzt beide versuchten. Und es hatte geklappt. Wir waren beide ohne Schwierigkeiten durch die Aufnahmeprüfungen gekommen und hatten vor kurzem die Ausbildung angefangen. Als Mentor hatte ich Alastor Moody bekommen und fand dies richtig cool. Ich war mir sicher, bei ihm konnte ich sehr viel lernen. Uns stand fast das ganze Ministerium offen, wir durften in alles reinschnuppern. Auch in die Gerichtsverfahren. Und diesen Status nutzte ich gerade aus, um bei Bartys Verhandlung dabei zu sein.

Immer noch schaute Barty zu mir hoch. Die psychische Verletzung, die er mir angetan hatte, stand mir ins Gesicht geschrieben. In seinem Blick lagen Güte und Liebe. Doch ich konnte es nicht erwidern. Ich liebte ihn immer noch über alles, doch ich konnte ihm diese Taten nicht verzeihen.

Barty flehte mich stumm um Vergebung an, doch ich schüttelte minimal den Kopf und wischte meine Tränen weg, bevor Moody sie sehen konnte.

Crouch erhob seine Stimme und begann zu reden. Innerlich kochte ich. Gegen diesen Mann hatte ich von Anfang an eine tiefe Abneigung empfunden und ich musste mich wirklich bemühen, ihn nicht zu hassen.

Natürlich, er hatte den Auroren und seine Frau nicht gefoltert. Aber wenn er sich einmal um seinen Sohn bemüht hätte, dann wäre dieser wohl nicht so abgedreht.

Für Crouch schien Gnade ein Fremdwort zu sein, denn er verurteilte nicht nur die anderen Angeklagten zu einer lebenslangen Strafe in Askaban, sondern auch seinen eigenen Sohn. Geschockt verfolgte ich das Ganze.

Die Dementoren kamen herein und holten die Angeklagten. Barty wehrte sich verzweifelt, beteuerte immer noch seine Unschuld und versuchte an seinen Vater zu appellieren.

Dann warf er mir einen letzten Blick zu und rief, dass er mich liebe.

Moody schnaubte und maulte neben mir.

„Das machen sie immer. Wenn sie dann erst einmal angeklagt und bestraft sind, dann bestreiten sie alles, stellen sich als das Opfer dar. Aber die hier, die haben bekommen, was sie verdient haben. Eine Schande, einen Kollegen bis in den Wahnsinn zu foltern."

Erleichtert atmete ich aus. Die Liebesbekundung an mich hatte er nicht mitbekommen. Aber dennoch legte sich ein schwerer Stein auf mein Herz. Und dieser sollte nie mehr verschwinden.

Instinktiv griff ich zu dem Ring an meinem rechten Ringfinger und drehte ihn.

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