Die nächsten Tage brachte ich Barty mehrmals täglich etwas zu Essen und leistete ihm Gesellschaft, während er Mollys Kochkünste lobte. Ich hatte am Dachboden noch weitere alte Kerzenständer gefunden und sie mit in die Zelle genommen. Nun hatte Barty wenigstens etwas mehr Licht und bei dem kleinen überschaubaren Raum, wärmten sie sogar. Molly hatte mir zusätzlich noch einige Decken und Kissen mitgegeben. Auch ihr widerstrebte Bartys Domizil. In der Zeit, die ich bei ihm verbrachte, führten wir auch wieder Gespräche. Zunächst redeten wir einfach über Gott und die Welt. Ich hatte Barty aus der Bibliothek im ersten Stock einige Bücher mitgebracht und manchmal erzählte er davon, was er gerade gelesen hatte.
Nach einigen Tagen belanglosen Geschwätzes sprach Barty uns an.
„Die Erinnerungen an uns beide haben mich all die Jahre begleitet und stark bleibenlassen", meinte er unvermittelt.
Überrascht schaute ich auf. „Wie meinst du das?"
„Kate, der Gedanke an dich, an uns, hat mir die Kraft gegeben, immer weiter zu machen und nicht einfach aufzugeben."
„Willst du mir jetzt sagen, dass der Gedanke an mich dich bei der Folter von Frank und Alice stark bleiben lassen hat?", meinte ich erbost.
„Nein, du verstehst mich falsch. So war das nicht gemeint. Glaub mir, es war nicht immer toll bei denen. Aber ich wusste, ich musste es durchziehen. Ich konnte nicht einfach abhauen."
„Komisch, soweit ich weiß, giltst du als einer der treuesten und höchsten Todesser." Abwartend zog ich eine Augenbraue hoch.
Barty seufzte resigniert. „Kate, eines Tages kann und werde ich dir alles erzählen. Aber jetzt kann ich das noch nicht. Vertrau mir, bitte. Eines Tages wird alles Sinn machen. Doch ich würde dich und deine Freunde in noch größere Gefahr bringen, wenn ich es dir sofort erzähle."
„Woher soll ich wissen, ob du mir gerade die Wahrheit sagst? Wie soll ich dir vertrauen? Außerdem kann ich selbst entscheiden, wann ich in großer Gefahr bin und was ich dafür alles in Kauf nehme. Und glaub mir, es gibt nur eins, was ich möchte. Endlich deine Geschichte hören!"
Barty schien einen Moment mit sich zu ringen, doch dann schüttelte er den Kopf. „Ich kann es dir jetzt noch nicht sagen."
Gekränkt und verletzt schaute ich gerade aus. Dann erhob ich mich und ging in Richtung Tür.
„Wo willst du hin?", fragte Barty erschrocken.
„Weg", meinte ich nur und ging.
Kaum war die Tür hinter mir ins Schloss gefallen, liefen mir die Tränen die Wangen hinunter.
Diese ganze Situation wurde mir zu viel. Ich konnte nicht damit umgehen, das Ganze verarbeiten. Jahrelang hatte ich um ihn getrauert, trotz all seiner Taten. Ich hatte mich für meine Gefühle gehasst, mir eingeredet, ich sei Schuld an alledem. Wie oft hatte ich mir Vorwürfe gemacht, ich hätte die Schule abbrechen und für ihn da sein sollen! Dann wäre es nie so weit gekommen. Nun merkte ich, dass all dies scheinbar nichts gebracht hätte. Er wäre trotzdem diesen Weg gegangen. Vielleicht hätte er mich sogar dort mit hineingezogen.
Wütend wischte ich mir die Tränen vom Gesicht. Ich weinte definitiv zu viel in letzter Zeit.
Molly war die einzige Person, die sich in der Küche aufhielt, als ich sie betrat. Sobald sie mein verweintes Gesicht sah, erschien die mütterlich fürsorgliche Miene auf ihrem Gesicht.
„Kate, Liebes, setz dich", meinte sie und zog bereits einen Stuhl zurück.
Eigentlich hatte ich nur etwas trinken gewollt, doch nun saß ich am Tisch und aß eine Schüssel ihrer tollen Suppe. Dazu hatte sie mir etwas Wasser gereicht und machte sich gerade daran zu schaffen, mir einen Tee aufzugießen.
Sobald dieser fertig war, setzte sie sich mit einer eigenen Tasse mir gegenüber hin.
„Möchtest du darüber reden?", fragte sie besorgt.
Ich schüttelte entschieden den Kopf.
„Liebes, man sieht dir an, dass es dir nicht gut geht. Es ist in letzter Zeit viel passiert. Irgendwann wird es zu viel und dann musst du reden."
Sie lächelte mich aufmunternd an.
Ich spürte die nächste Salve Tränen und blinzelte sie energisch weg.
Doch, wann immer mein Blick Mollys liebevolles Gesicht traf, brodelten sie erneut hervor. Meine Hand begann zu zittern, wodurch die Suppe auf dem Löffel gefährlich ins Schwanken geriet. Schließlich ließ ich den Löffel in die Schüssel gleiten.
„Ich kann mit vielem umgehen", begann ich mit brüchiger Stimme. „Meine berufliche Situation und Zukunft macht mir keine Angst. Die Arbeit im Orden macht mir keine Angst. Ich kann damit leben, aber Barty..." Ich stoppte und schaute sie unsicher an.
Auf Mollys Lippen lag ein leichtes Lächeln. „Du liebst ihn sehr", war alles, was sie sagte.
Nun strömten die Tränen nur so über mein Gesicht. Alle Dämme waren gebrochen und ich schniefte. Alles, was ich konnte, war nicken.
Molly stand auf und umarmte mich. Sie fuhr mir beruhigend mit ihrer Hand über den Rücken und versuchte mich zu trösten.
"Wenn deine Gefühle so stark für ihn sind, dann lohnt sich ein Kampf um ihn."
Dieser Satz sollte sich in meinem Kopf einbrennen. Ich wusste es zu diesem Zeitpunkt nur noch nicht.
Nach einigen Minuten hatte ich mich wieder unter Kontrolle.
Ich entschuldigte mich und wollte bereits die Küche verlassen, als Molly mir ein „Es wird alles wieder gut!" hinterher rief.
Ich bezweifelte dies.

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Always
FanfictionUm den Schatten der Vergangenheit zu verdrängen, lebt Cathrine für ihre Arbeit als Aurorin. Einzig ihre beste Freundin Tonks kennt die Wahrheit und das Geheimnis über Cathrines erste Liebe. Zumindest, bis die Ereignisse sich überschlagen und Cathrin...