Kapitel 33

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Barty schien einen Moment überrascht, dass ich es geschehen ließ. Zögernd beugte er sich schließlich zu mir hinab und legte seine Lippen auf meine. Wieder durchdrang mich pures Glück. Es fühlte sich zu richtig an, um es zu unterbrechen. Ich hatte es mir also doch nicht eingebildet. Doch der Kuss war nur kurz, flüchtig, dann hatte Barty sich bereits wieder aufgerichtet.

„Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich als Erstes gerne eine Dusche nehmen", meinte er.

Atemlos nickte ich.

Fragend schaute er mich an.

„Ach so", hauchte ich, dann zeigte ich ihm den Weg zum Badezimmer.

„Kommst du mit rein?", fragte er und wackelte schelmisch grinsend mit den Augenbrauen.

Entsetzt weitete ich meine Augen. „Wie bitte?", fragte ich empört.

Barty seufzte. „Du sollst mich doch bewachen.....?"

Verständnislos blickte ich ihm nach wie vor in die Augen.

Resignierend ließ er die Schultern hängen. „Lektion eins, wenn man für einen Gefangenen zuständig ist: Man lässt ihn niemals aus den Augen, außer er ist eingesperrt."

„Aber ich kann auch hier Wache stehen", entgegnete ich selbstbewusst.

„Genau. Und dann bekommst du nicht mit, was ich hinter einer verschlossenen Tür mache. Könnte ein Fehler sein."

„Was willst du da schon groß anstellen?"

„Immerhin bist du noch einen Rest naiv, wie früher."

Dann packte er mich am Oberarm und zog mich hinter sich ins Bad. Er schloss ab und positionierte mich in einer Ecke.

„Da bleibst du jetzt stehen. Für den Fall, dass ich auf böse Ideen komme, kannst du schnell eingreifen, bist aber auch flott an der Tür und kannst um Verstärkung rufen."

Mit offenem Mund starrte ich ihn an.

Barty verdrehte die Augen und begann sich zu entkleiden.

Peinlich berührt drehte ich mich um und starrte gegen die verdreckten Fliesen. Wer auch immer hier hatte putzen sollen, er hatte versagt. Das würde Molly gar nicht gefallen.

„Was machst du da?", fragte Barty irritiert.

„Das nennt man Privatsphäre", gab ich zurück.

„Du lässt deinen Gefangenen aus den Augen. Aber toll, dass ihr auf so etwas wie Privatsphäre wert legt. Kann man ja dann auf den Grabstein meißeln."

„Lass das!", fauchte ich. Der Kerl schaffte es, mich in Sekundenbruchteilen auf eine Gefühlsachterbahnfahrt zu bringen.

„Kate, wir waren mal zusammen. Es gab eine Zeit, da konntest du mich gar nicht oft genug nackt sehen", lachte er.

Röte schoss mir ins Gesicht. Ja, die Zeit gab es mal. Aber sie gehörte einem vergangenen Leben an.

Barty lachte noch, während er in die Dusche stieg.

Ich entspannte mich etwas und zählte die Schlieren auf den Fliesen. Es waren erstaunlich viele. Kein guter Putzjob.

Nach einigen Minuten stand Barty wieder hinter mir. Er hatte lediglich ein Handtuch um die Hüfte gelegt. Er fixierte mich mit seinem Blick.

Meiner hingegen glitt unbewusst an ihm herunter. Man konnte seine Rippen leicht durch die Haut erkennen. Früher war er muskulös gewesen, ein leichter Sixpack hatte seinen Bauch geziert. Heute war nicht mehr viel da. In Askaban musste er fast ausgehungert gewesen sein, dann hatte er „Glück" gehabt, als er in Hogwarts lebte und dann musste er in den Highlands wieder gehungert haben.

Mein Blick glitt wieder hoch in sein Gesicht und als ich das Grinsen auf diesem sah, wurde mir bewusst, wie unverwandt ich ihn gerade angestarrt haben musste.

„Freut mich, dass dir gefällt, was du siehst", kicherte er.

„Von wegen!", gab ich trotzig zurück.

„Würdest du mir den mal kurz borgen?" Barty deutete auf meinen Zauberstab.

Instinktiv griff ich ihn fester.

„Wenn ich gewollt hätte, hätte ich dich die letzte Stunde bestimmt zehn Mal überwältigen können. Ich habe es nicht getan. Glaubst du allen ernstes, ich bitte dich jetzt höflich um deinen Zauberstab und überwältige dich dann?" Unterstreichend zog er eine Augenbraue hoch.

Mir wurde bewusst, dass er recht hatte. Seit Kingsley ihn in mein Zimmer gebracht hatte, benahm ich mich wie eine Teenagerin, die ihren Schwarm traf und sich dabei so affig aufführte, wie nur möglich, und unfähig war, auch nur ansatzweise normal zu denken. Eine wirkliche Glanzleistung...

Wo war nur meine selbstbewusste Art hin? Warum benahm ich mich in seiner Gegenwart so dämlich? Wieso hatte er eine solche Macht über mich?

Während ich noch den wirklich wichtigen Fragen nachhing, zog Barty mir meinen Zauberstab aus der Hand, schnalzte mit der Zunge und drehte sich dem Spiegel zu.

In die Realität gerissen, beobachtete ich ihn genaustens.

Er richtete den Zauberstab auf seine Haare und verpasste sich seine alte Frisur. Mein Gott, was liebte ich diese...

Dann kümmerte er sich um das Gebüsch in seinem Gesicht. In Windeseile verschwand dieses und ein glattes Gesicht kam zum Vorschein. Na ja, ich mag die Stoppeln lieber, schoss es mir durch den Kopf.

Man musste mir meine Gedanken in meiner Mimik ansehen, denn Barty grinste mich durch den Spiegel an, richtete den Stab erneut auf sein Gesicht und zack, waren da ein paar Bartstoppeln.

Nur mit dem Handtuch um die Hüfte, folgte Barty mir in mein Zimmer. Genau darauf achtend, dass wir niemandem begegneten, lief ich zielstrebig vorneweg.

In meinem Zimmer ließ er sich auf das alte, durchgesessene Sofa fallen und schaute mir dabei zu, wie ich mich seiner Kleidung annahm. Es kostete mich einige Mühe, bis ich sie wieder hergerichtet hatte, doch schlussendlich sah sie passabel aus.

Der Abend war der Nacht gewichen und ich merkte, wie ich langsam müde wurde. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen. Nicht körperlich, aber psychisch.

Ich nahm mir mein Kissen und eine meiner beiden Decken und schlenderte zu dem Sofa. Barty verfolgte meinen Gang vom Bett aus.

Das aufgeschüttelte Kissen legte ich auf die Armlehne. Bevor ich fortfahren konnte, stand Barty hinter mir.

„Was machst du da?"

Ich schaute weiterhin geradeaus, nicht in der Lage, mich umzudrehen. Ich wusste, würde ich das jetzt tun, würden wir beide übereinander herfallen, wie Löwen über eine arme Gazelle. „Mein Nachtlager."

Barty drehte mich an meinem Arm um. „Das kommt nicht in Frage. Ich schlafe auf dem Sofa."

„Nein!" Ich schüttelte entschieden den Kopf. „Du hast die letzten Nächte in einem nasskalten Keller auf einer Matratze geschlafen. Das Bett steht dir zu."

„Nein! Ich würde es niemals zulassen, dass du auf diesem Sofa schläfst. Nicht, solange ich noch Herr meiner Selbst bin. Ich schlafe hier."

Damit schob er mich zurück zu meinem Bett, behielt aber mein Kissen und die Decke.

Ich machte es mir bequem, fand jedoch nicht in den Schlaf.

Geraume Zeit später lag ich noch immer in dem Bett und starrte gegen die Decke. Vom anderen Ende meines Zimmers her, hörte ich das Stöhnen Bartys und das Quietschen des Sofas. Scheinbar war es alles andere als bequem.

„Kannst du auch nicht schlafen?", fragte ich in die Luft.

„Wie soll man auf dem Ding schlafen? Ich überlege, mich wieder im Keller auf die Matratze zu legen. Die war bequemer", kam es zurück.

Ich robbte an die eine Bettseite und klopfte neben mich. „Komm her!"

Kurze Zeit später flog das Kissen neben mich, dann spürte ich Bartys Gewicht.  

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