18. Danke Dad

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"Hast du Hunger?", fragte mein Dad, als wir Zuhause waren und schmiss seinen Autoschlüssel achtlos auf den Esstisch.
Wie immer holte er sich ein Bier aus dem Kühlschrank und sah nach, was wir noch zum Essen dahatten.

"Fruchtjoghurt.", er holte einen großen Becher heraus und schob ihn zu mir herüber.
Dankend nahm ich ihn und setzte mich an den Esstisch.
Mein Dad nahm sich Cornflakes und aß sie wie Chips aus der Tüte.

"Du warst gut.", sagte er schließlich.
Ich sah ihn fragend an, doch er wusste, ohne dass ich meine Frage aussprechen musste, was los war.
"Ich habe dir gesagt du wirst Disziplin und Respekt lernen müssen. Ich weiß für dich ist das komplett neu, aber du wirst dich dran gewöhnen."

"Wie kann Schmerz nicht existieren, wenn ich ihn gespürt habe?", ich riss meinen Joghurt auf und trank ihn so, wie ich es immer tat.
"Du lernst den Schmerz zu ignorieren und dich auf den Kampf zu konzentrieren. Irgendwann ist er nicht mehr da.", sagte er ruhig und nachdenklich.

Schweigend trank ich meinen Joghurt und dachte nach.
"Danke, Dad.", sagte ich nach langer Zeit des Schweigens.
Er blickte auf und sah mich fragend an, "Für was?"
"Du bist jeden Tag da. Du isst mit mir.", zögernd drehte ich meinen Joghurtbecher, "Ich durfte dich kennenlernen, ohne dass du abhaust."

Mein Dad lachte kurz auf, "Du wohnst gerade etwas über eine Woche hier."
Ich sah nun zu ihm auf, "Aber das hat mein Leben jetzt schon verändert. Ich will nicht sagen, dass es vorher schlecht war, aber Mum war öfter unterwegs als Zuhause. Sie hat so selten mit uns gegessen, dass ich mich kaum daran erinnern kann.", nachdenklich sah ich wieder auf den Becher.

"Du willst damit sagen, dass ich gar nicht so ein schlechter Mensch bin, wie du immer dachtest?", fragte er ernst und stopfte sich selbstsicher eine Hand voll Cornflakes in den Mund.

Ich grinste kurz, "Sagen wir es so; es hat seine Vor- und Nachteile bei dir zu wohnen."
Mein Vater nickte mir verstehend zu, "Du solltest schlafen gehen, morgen ist Schule."

Am nächsten Morgen weckte mein Dad mich unsanft.
"Du hättest vor 20 Minuten aufstehen sollen. Wozu hast du dieses Ding, wenn es dich nicht weckt?", er hielt mein Handy hoch, warf es anschließend achtlos auf meine Decke.

Verschlafen sah ich ihn an. Mein Vater stand im Unterhemd da und versuchte in sein Hemd zu kommen, ohne es öffnen zu müssen, "Steh auf.", sagte er ein letztes Mal auffordernd, bevor er den Flur runter ging.

Ich stand also stöhnend auf und ging ins Bad.
Heute stand Sport auf dem Stundenplan. Ich mochte Sport, doch wenn es so ein Unterricht wie in meiner alten Schule war, dann sollte ich lieber meine Sportsachen nicht mitnehmen.

Eine Viertelstunde später saß ich am Esstisch. Mein Dad hatte mir eine Schale mit Müsli hingestellt.
"Milch?", fragte ich undankbar und genervt.

Er zog die Augenbrauen hoch und sah mich an, "Was?"
"In Müsli gehört Milch.", sagte ich auffordernd.
"Kauf dir deine eigene Milch.", sagte er gestresst, "Glaubst du ich weiß nicht, dass da Milch reingehört? Wir haben keine Milch mehr.", lustlos aß er sein trockenes Toast.

"Iss es oder iss es nicht. Ist mir egal.", er erhob sich, um die Toastpackung zu holen, als es an der Tür klopfte.
"Ist offen.", rief mein Vater mit vollem Mund.
Keine zwei Sekunden später stand Miguel in der Wohnung, "Hey Sensei, ich warte schon seit 10 Minuten. Die Schule fängt bald an."

Mein Vater versuchte die Situation zu deuten und schmiss die Packung, die er in der Hand hatte achtlos zur Seite.
Er kam zu mir, riss mir meine Schale ein wenig gereizt weg und sah mich an, "Hol deine Sachen."

Laut fluchend ging ich in mein Zimmer und packte meine Sachen schnell zusammen.
10 Minuten vor Schulbeginn setzte mein Dad uns an der Schule ab. Miguel und ich verabschiedeten uns schnell, denn ich musste die Treppen nach oben nehmen.

Ich hatte in der ersten Stunde Biologie und setzte mich wie immer ganz weit nach hinten.
"Hey Enna.", begrüßte mich eine Mitschülerin und setzte sich auf den Platz vor meinen, "Hast du die Aufgabe zum Stoffwechsel der Zellen gelernt?"

Fragend sah ich sie an, "Das sollten wir lernen?"
Lächelnd sah sie mich an, "Dafür gehen wir doch jeden Tag hier her oder?"
Unser Gespräch wurde unterbrochen, als der Lehrer den Raum betrat.

Zum Mittagessen traf ich mich wie immer mit Miguel. Wir holten uns unser Essen und sahen uns nach einem Platz um, "Dort hinten.", sagte er und ging auf einen Tisch mit zwei Jungen zu.
"Hey.", begrüßte er die beiden und stellte sein Tablett ab, "Das ist Enna. Wir trainieren zusammen."

Beide sahen mich an, als ich mein Tablett abstellte und mich setzte, "Das ist Eli. Ich bin Demetri.", sagte einer von den beiden.
Ich nickte ihnen nur desinteressiert zu und fing an zu essen.

Miguel begann mit Demetri eine Unterhaltung, doch ich musste die ganze Zeit den anderen Jungen ansehen, der kein Wort sagte und auch nicht aufblickte.

Plötzlich unterbrach ich das Gespräch der beiden, "Was'n mit seinem Gesicht?", fragte ich taktlos und starrte auf die Lippe des stillen Jungen.
Entsetzt sahen mich Miguel und Demetri an.
"Das kannst du doch nicht einfach fragen!", sagte Miguel belehrend.

"Wieso nicht? Es interessiert mich. Es sieht komisch aus.", ich zuckte mit den Schultern. Ich wusste nicht, was ich falsch gemacht hatte.
"Nur weil du hübsch bist kannst du nicht über andere herziehen.", Demetri sah mich besserwisserisch an.

Ich bemerkte, dass es dem Jungen mit der komischen Lippe unangenehm war und ging nicht weiter drauf ein. Ich verdrehte nur die Augen und aß mein Mittag weiter.

Cobra Kai: Der Weg von Enna LawrenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt