6. Allein

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Nach dem ich meinen Vater überreden konnte eine App zum bestellen zu nutzen, saßen wir stumm uns gegenüber. Unsicher sah er immer wieder zu mir.

"Wie geht es Robby?", fragte er schließlich leise. Aufmerksam sah ich auf, "Bestimmt besser als mir. Immer hin darf er Zuhause sein.", stichelte ich weiter, verschränkte die Arme und lehnte mich zurück.
Verstehend nickte er und starrte weiter vor sich hin.

Stillte legte sich im Raum breit und machte eine unangenehme Stimmung. Nach langer Überlegung ergriff ich das Wort, "Warum hast du dich nie gemeldet? Ich habe dich 2 Jahre nicht gesehen. Du hast nie angerufen oder geschrieben.", ich versuchte nicht zu zeigen, dass es mir wehtat diese Worte auszusprechen, doch mied seinen Blick.

Nervös stand er auf und holte sich eine Flasche aus dem Kühlschrank, "Willst du auch was?", fragte mein Dad beiläufig, doch ich schüttelte mit dem Kopf und wartete auf eine Antwort.
Er trank einen großen Schluck und blieb weiter entfernt von mir stehen und sah mich zögernd an.

"Es war eine schwere Zeit.", wieder ein Mal nutzte mein Vater eine billige Ausrede.
"Weißt du was das Einzige ist, was du mir beigebracht hast?", sagte ich nun ein wenig wütend, "Das Leben ist nun mal hart. Aber man wird härter, wenn man sich nicht unterkriegen lässt. Das waren Mal deine Worte."

Nickend sah er zu Boden.
"Es gab eine Zeit, in der du da warst. Ich habe so sehr zu dir aufgeschaut und Robby auch! Und dann bist du verschwunden, Johnny!", als ich ihn beim Namen ansprach sah er auf.

"Du willst wissen, warum ich verschwunden bin?", er wurde lauter und kam auf mich zu, dann stockte er und schüttelte mit dem Kopf, "Weißt du was? Wir lassen das jetzt einfach alles hinter uns und fangen neu an.", sagte er energisch und setzte sich wieder hin.

Immer noch wütend sah ich meinen Dad an. Ich konnte die Vergangenheit nicht ungeklärt hinter mir lassen, ich wollte wissen, was er sagen wollte, "Nein.", sagte ich also bestimmend, "Wenn ich schon bei dir leben muss, will ich wissen wieso."

In diesem Moment klopfte es an der Tür und das Essen wurde geliefert. Schweigend aßen wir und versuchten die Stille zu ertragen.
"Ich werde es dir schon erzählen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, Enna.", sagte mein Dad ruhig, als er aufgegessen hatte und sich zurücklehnte.
Nickend nahm ich es zur Kenntnis.

"Wir müssen die wichtigsten Regeln besprechen, wenn du hier wohnst.", er setzte sich wieder weiter nach vorne und sah mich ernst an, "Keine Drogen oder ähnliches! Kein Diebstahl, egal wo! Kein herumlungern auf der Straße. Und du wirst zur Schule gehen und dich an Regeln halten.", bestimmend sah er mich an.

Trotzig blickte ich ihm in die Augen, "Wieso?", fragte ich belustigt.
"Du sollst etwas aus deinem Leben machen.", er atmete aus, "Morgen holen wir deine Sachen ab und übermorgen werde ich dich zur Schule fahren und abholen."
Ich zog meine Augenbrauen hoch, "Ich lasse mich doch nicht von meinem Vater irgendwo hinfahren und erst recht nicht abholen. Wie peinlich ist das?"

Doch mein Dad zuckte mit den Schultern, "Vielleicht freut sich ja schon eine Pflegefamilie auf dich.", sprach er bissig und lächelte zufrieden, "Du kannst es dir ja bis morgen überlegen."

Am nächsten Tag holten wir meine Sachen aus der Wohnung. Robby war nicht Zuhause und so konnte sich mein Dad frei bewegen. Er sah verträumt alte Kinderbilder von mir und Robby an, während ich meine Sachen zusammensuchte.
"Dad?", fragte ich schließlich leise, als ich fertig war und bemerkte, wie er auf die Bilder starrte.

Ich hatte mich zwar noch nicht mit meinem Schicksal zufriedengegeben, doch er schien durch die Bilder so zerbrechlich.
Er blickte kurz durch die Gegend und schien wieder im hier und jetzt zu sein, "Bist du bereit?"

Er nahm schon meine Taschen in die Hand, doch dann fiel mir etwas ein. Ich riss die Tür zu Robbys Zimmer auf und fing an die PlayStation abzubauen. Fragend sah mein Vater vorsichtig um die Ecke.

"Das ist meine. Die hat Robby nur geliehen.", sagte ich schnell und nahm die Konsole unter den Arm.
"Und der Fernseher ist vermutlich auch deiner?", fragte er trocken, doch ich sah ihn strafend an.
"Na gut. Komm schon, wir gehen.", sagte mein Dad ruhig.

Endlich fühlte ich mich in meinem neuen Zimmer etwas wohler, als vorher, als ich meine Sachen ausgepackt hatte.
Mein Dad verabschiedete sich kurzerhand von mir, denn er musste arbeiten gehen.

Ich versprach ihm nichts anzustellen und in der Wohnung zu bleiben, bis er zurückkam. Schließlich hatte ich vor meine Konsole endlich wieder nach langer Zeit anzuschmeißen.

Doch daraus wurde leider nichts, denn ich fand an dem alten Fernseher meines Vaters keinen passenden Anschluss für meine PlayStation.
Wütend schmiss ich sie auf das Sofa und ging gelangweilt durch die Wohnung.

Schließlich entschied ich mich doch vor die Tür zu gehen. Ich kramte meine Zigaretten aus dem Versteck heraus und setzte mich vor die Tür zur Wohnung.
Ich bemerkte einen Jungen, der ungefähr in meinem Alter zu sein schien. Er beobachtete mich kurz, lächelte verlegen und verschwand wieder in der Wohnung.

Hier trieben sich wirklich merkwürdige Gestalten herum.
Gemütlich rauchte ich die Zigarette zu Ende und schmiss sie anschließend ein wenig weiter weg von der Tür.
Gelangweilt blieb ich vor der Tür sitzen.

Ich wusste wirklich nichts mit mir anzufangen, wenn ich nicht das tun sollte, was ich sonst tat.
Schließlich erhob ich mich und ging in Richtung der Parkplätze, die zur Straße führten.

Cobra Kai: Der Weg von Enna LawrenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt