99. Undankbar

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Es vergingen ein paar Monate, in denen ich fast nur alleine war.
Mein Dad war mit Miguel unterwegs, fuhr mit ihm herum oder versuchte ihn mit Training im Hof auf die Beine zu bekommen.

Öfter kam es vor, dass ich am Fenster stand und den beiden zusah, denn es gefiel mir nicht, dass er wieder ein Mal mehr Zeit für Miguel hatte, als für mich.
Doch als endlich der Tag kam, an dem Miguel nach viel Training, Mühe und Kraft alleine, ohne Hilfe, gehen konnte, freute ich mich trotzdem für ihn.

An einem Samstag kam ich nachmittags nach Hause. Ich war mit Hawk in der Mall unterwegs gewesen.
Wir hatten es geschafft uns Bier zu organisieren und es anschließend im Park getrunken.

Ich riss die Tür zur Wohnung auf und ließ sie hinterher ins Schloss fallen, während ich meinen Vater und Miguel ignorierte und in mein Zimmer gehen wollte.
"Hey, wo bist du gewesen?", rief mein Vater mir hinterher, doch ich ging einfach weiter.
"Hey!", hörte ich ihn nun lauter rufen.

"Mit Hawk unterwegs.", sagte ich in einem respektlosen Ton und sah ihn an.
Er hatte seinen Laptop vor sich auf dem Tisch.
Miguel, der am Kühlschrank stand, beobachtete die angespannte Situation.

Mein Vater musterte mich ganz genau von Kopf bis Fuß, "Ohne Prügelei, wie es aussieht. Kommt ja nicht oft vor.", ich merkte, wie er nun auch provokant wurde.
"Was nicht ist kann ja noch werden.", ich lächelte ihn mit meinem falschen Lächeln an, "Kann ich jetzt in mein Zimmer? Ich will nur Sachen holen, ich übernachte bei Hawk."

"Du tust was?", mein Vater kam auf mich zu und sah mich an, als wäre ich eine Figur aus dem schrecklichsten Horrorfilm.
"Du schläfst nicht bei Hawk, hast du sie noch alle?", schnell hatte mein Dad sich wieder gefangen und ballert mir seine ehrlichen Worte an den Kopf.

"So etwas machen doch alle.", ich zog die Augenbrauen zusammen, doch mein Vater schüttelte energisch mit dem Kopf, "Nein, du nicht."
"Ach, plötzlich inheressierst du dich für mich?", ich warf einen wütenden Blick zu Miguel, "Du kümmerst doch nur noch um ihn, ich bin dir doch egal. Außerdem versuchst du bei Miguel nur das gut zu machen, was du bei Robby versaut hast!", ich ging weiter in mein Zimmer, um meine Sachen zu holen, schließlich wartete Hawk an der Straße.

"Ich sollte gehen.", hörte ich Miguel unsicher sagen. Doch mein Vater widersprach ihm, "Sie fängt sich schon wieder.", ich hörte, wie mein Dad näher kam und schließlich vor mir stand.
Ich rannte umher und stopfte einige Sachen in meinen Rucksack.
"Und was ist dein Plan?", fragte er schließlich ruhig.

Ich hielt kurz inne und starrte an die Wand, bevor ich meine Tasche schloss, "Eine Nacht bei Hawk zu bleiben.", gab ich patzig von mir.
Mein Dad nickte abschätzig, "Nein.", sagte er standhaft.

Doch bevor ich widersprechen konnte, redete er weiter, "Ich war damals genau so wie Hawk! Ich weiß was Jungs in dem Alter durch den Kopf geht!", er zeigte ernst mit dem Finger auf mich.

"Boha, Dad.", sagte ich angewidert, "Das will wirklich niemand wissen.", ich packte meinen Rucksack und drückte mich an ihm vorbei durch den Türrahmen.
Doch er packte meinen Rucksack und nahm ihn mir ab.

Ernst sah er mir in die Augen, so ernst hatte ich ihn lange nicht mehr gesehen.
Er schmiss meine Tasche zurück in mein Zimmer. Ohne ein Wort zu sagen sah er mich weiterhin an.
Natürlich wusste ich, was seine Handlung heißen sollte, doch ich hatte meinen eigenen Kopf.

Wir standen gefühlte Minuten da und starrten uns mit den ernstesten Blicken an. Bis ich schließlich aufgeben musste, denn ich senkte meinen Blick und brach so den Kontakt ab.
"Aber Hawk wartet, Dad.", diskutierte ich weiter.

"Sehr gut. Dann kann er sich jetzt etwas anhören.", ich spürte die Wut in ihm, doch Hawk war auch nicht viel älter als ich, er konnte sich nicht mit ihm anlegen.
"Lass ihn in Ruhe.", ich zog ihm am Arm, denn er war entschlossen rauszugehen.

"Ich sage ihm nur, dass er nach Hause fahren soll, keine Sorge.", ruhiger als zuvor ging er in Richtung Haustür, "Und du hast Handy verbot für den restlichen Tag.", rief er desinteressiert, bevor er die Wohnung verließ.

Musternd sah Miguel mich an, "Wieso bist du immer so undankbar? Ich wäre glücklich, wenn ich so einen Dad haben könnte, wie du.", er schüttelte mit dem Kopf und setzte sich an den Esstisch.

"Er ist zu dir anders, als zu mir.", entgegnete ich knapp und verschwand in meinem Zimmer.
Ich schrieb Hawk eine schnelle Nachricht, in der ich mich entschuldigte, bevor ich das Hand ausschaltete und auf meinem Schreibtisch platzierte.

Ich schmiss mich auf mein Bett und verschränkte die Arme hinter meinem Kopf.
Was Hawk nun wohl von mir denken wird, wenn mein Vater so etwas nun für mich regeln musste.

Auch wenn ich wusste, dass ich dagegen etwas unternehmen musste, wusste ich, dass heute nicht der richtige Tag dafür war. Mein Vater war genug gereizt, von mir ganz zu schweigen.

20 Minuten später klopfte es an meiner Tür. Es riss mich aus meine Gedanken und ich schreckte auf.
Mein Dad lugte durch die Tür und ließ prüfend seinen Blick durch mein Zimmer gleiten, bis sein Blick auf mein Handy am Schreibtisch fiel.

"Das was du gesagt hast, war nicht richtig.", ruhig setzte er sich auf die Kante meines Bettes, "Miguel ist ein guter Junge und ich möchte für ihn da sein."

"Und dass du mich dabei vergisst ist dir nicht in den Sinn gekommen?", ich setzte mich auf und sah ihn ernst an.

Cobra Kai: Der Weg von Enna LawrenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt