34. Frust

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In den nächsten Wochen trieb mich mein Vater also bis an mein Limit.
Schon vor dem Frühstück schmiss er mich raus, um laufen zu gehen.
Doch zu meiner Erleichterung blieb er an meiner Seite und hielt die ganze Strecke durch, bis ich nicht mehr konnte.
Er war wirklich fitter, als ich ihn eingeschätzt hatte.

"Und wie läuft es sonst so? Wie sieht es mit Jungs aus?", fragte er mich, als wir in einem Imbiss beim Frühstück saßen.
Ich zog meine Augenbrauen hoch, "Hast du je welche gesehen, mit denen ich ankam?", fragte ich ihn belustigt.
"Also hast du keinen am Start? Gefällt mir.", sagte mein Vater ernster als nötig.

"Ich will mich voll und ganz auf das Tunier konzentrieren, Dad. Ich habe noch nie an einem Wettkampf teilgenommen.", zuversichtlich sah ich ihn an und beendete mein Frühstück.
"Dann warte erst mal ab, was ich heute Nachmittag mit euch vorhabe.", er setzte ein verschmitztes Lächeln auf und nickte zufrieden.

Einige Stunden später war mir klar, wieso mein Dad sich so sehr gefreut hatte.
Er hatte uns auf einen alten Schrottplatz bestellt. Nachdem er mit uns ein wenig trainiert hatte, hetzte er Hunde auf uns, die uns quer über den Platz jagten.

Ich und Aisha flüchteten an einer alten rostigen Leiter auf ein Dach, "Dein Dad ist echt verrückt.", bemerkte sie kurz.
"Danke.", sagte ich zufrieden und beobachtete die Situation unter uns.

Mein Dad stand sicher auf einem hohen Auto und sah seinen Schülern zu. Bis Hawk von einem Hund erwischt und gebissen wurde.
Mein Vater brach das Training ab und schickte Hawk ins Krankenhaus.

Den Rest seiner Schüler lobte er für die gute Leistung des Tages und schickte alle nach Hause.
Natürlich durfte niemand seinen Eltern sagen, was wir an diesem Tag getan hatten, sonst würden sie sofort bei meinem Dad anrufen oder ihn verklagen.

"Und? Was hast du heute noch vor?", fragte mein Vater mich, als wir zu seinen Wagen gingen.
Doch bevor ich antworten konnte, antwortete er für mich, "Nichts? Sehr schön.", er blickte sich um, "Diaz. Wir fahren ins Dojo."
Auch Miguel, der Hawk ins Krankenhaus begleiten wollte schien verdutzt, "Aber Sensei, Sie haben gesagt, wir sollen gehen."
Mein Vater nickte Richtung seines Autos, in das wir anschließend einsteigen.

"Wärmt euch schon Mal auf.", mein Vater schloss die Tür zum Dojo auf und ließ und eintreten.
"Ich komme gleich dazu.", er ging in Richtung Büro, "Aber erst umziehen.", rief er noch schnell hinterher.

Wir taten also, was er verlangte, bis er gut 30 Minuten später zu uns stieß.
"Bereit euer Bestes zu geben? Ihr seid die einzige Chance das Tunier zu gewinnen."
Verblüfft sagen Miguel und ich uns an.

Plötzlich gab Miguels Handy ein Ton von sich und er sah sofort auf. Belustigt lachte er leise auf.
"Was ist so lustig?", fragte mein Dad ungeduldig und trat näher an seinen Schüler heran.

Miguel erzählte ihm, dass seine Freundin ein Bild geschickt hatte.
Ich hatte inzwischen schon neugierig auf sein Handy geguckt. Doch mein Vater riss es ihm weg, "Lass mal sehen.", murmelte er, bevor er sich selbst das Foto ansah.

Er sagte plötzlich kein Wort mehr und scrollte nur durch die Bilder, bis er Miguel ansah, "Das ist LaRussos Tochter.", sagte er feststellend.
Miguel bestätigte es, "Sie kennen sie?"

Doch mein Vater antwortete nicht auf seine Frage, "Du datest eine LaRusso?", er fixierte Miguel, als könnte er es nicht glauben, "Wir müssen reden."
Miguel schien nicht zu wissen was das Problem war.

"Enna, an den Dummy.", sagte mein Vater bestimmend, ohne wirklich auf mich zu achten.
Er holte Trinken aus dem Kühlschrank und zog Miguel mit sich vor die Tür.

Ohne mich zu beklagen trainierte ich weiter. Doch langsam störte es mich, dass mein Dad für Miguel scheinbar mehr Zeit hatte, als für mich. Auch die Beziehung zwischen den beiden schien mir besser, als unsere je sein würde.

Diese Gedanken machten mich wütend und ich schlug immer fester zu.
Als es langsam dunkel wurde beendete ich Training alleine und zog mich schon einmal um, bevor ich vor die Tür trat.

Mein Dad und Miguel saßen dort auf dem Parkplatz vor dem Dojo und redeten anscheinend immer noch.
Als ich näher trat sah mein Vater mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, "Wer hat gesagt, dass das Training beendet ist?"

"Ich.", sagte ich bestimmend und sah ihn abwartend an. Ich wollte nur nach Hause und in mein Zimmer.
Mein Vater erhob sich entsetzt, "Ich beende das Training!", sagte er laut, "Nicht du!"

Doch ich sah ihn nur belustigt an, "Welches Training? Ich sehe hier nur dich und deinen Schüler, mit dem du was trinkst und Geschichten erzählst. Wer hat hier trainiert?", herausfordernd sah ich meinen Vater an, "Weder du, noch er.", ich nickte Miguel zu, "Du machst hier ein auf Vater-Sohn-Gespräche. Dabei hast du einen richtigen Sohn, der dich brauchen würde.", flüsterte ich und verschwand über den Parkplatz.

Ich hörte noch, wie mein Dad und sogar Miguel mir hinterherriefen, doch ich reagierte gar nicht mehr darauf.
Ich konnte meinen Frust einfach nicht mehr länger für mich behalten und musste es endlich loswerden.

Da ich den Bus nahm, war mein Dad schon Zuhause, als ich ankam.
Ich zögerte leicht, denn ich hatte keine Lust ihm zu begegnen.
Prüfend sah ich in die Wohnung, doch es war kein Licht an, mein Vater schien wieder einmal nicht Zuhause zu sein.

Also trat ich ein, duschte schnell und verzog mich in mein Zimmer.
Die Tür schloss ich sicherheitshalber ab, denn ich hatte keine Lust, dass mein Vater zu mir kam und reden wollte, wenn er denn mal zurückkam.

Cobra Kai: Der Weg von Enna LawrenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt