100. Nur Miguel

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"Ich dachte es gefällt dir deinen Freiraum zu haben. Ohne einen nervigen Vater, der sich in alles einmischen muss."

Ich musste leicht grinsen. Es stimmte schließlich, doch nicht ganz, "Das schon, aber du interessierst dich ja gar nicht mehr für mich. Nur noch für Miguel."

Ich spürte, wie meine Worte meinen Vater trafen und er kurz inne hielt, "Das stimmt nicht, Enna. Wenn es sich für dich so angefühlt hat, dann tut es mir leid."
Doch ich verschränkte trotzig die Arme. Ich wäre jetzt viel lieber bei Hawk, als zuhause bei meinem Vater.

"Ich möchte wieder ein Dojo aufmachen, jetzt wo Kreese Cobra Kai übernommen hat.", zögernd sah er mich an, "Wir suchen nur noch neue Schüler, vielleicht hilfst du uns?"

"Uns?", immer noch trotzig sah ich auf.
"Na ja, Miguel und ich hatten die Idee."
"Also soll ich mein Talent in ein Dojo stecken, das eh keine Zukunft hat?", belustigt blickte ich durch mein Zimmer und schließlich auf meinen Pokal.

Kopfschüttelnd grinste ich meinen Vater an, "Das glaubst du doch selber nicht."
Genervt seufzte er auf, "Du sagst ich verbringe keine Zeit mit dir, kümmer mich nur um Miguel. Jetzt biete ich dir an mit mir Zeit zu verbringen und du lehnst es wieder ab.", er erhob sich entsetzt oder überfordert, ich konnte es nicht genau deuten.

"Dad...", ich rief ihn leise zurück, als er aus meinem Zimmer verschwinden wollte, "Ich will einfach besser werden. Und wenn ich besser bin muss ich noch besser werden."
Er drehte sich zu mir um und hörte mir zu.
"Ich bin einfach der Meinung, dass Sensei Kreese der bessere Sensei für mich ist."

"Ach ja? Und wieso denkst du das?"
Zögernd sah ich ihn an, "Ich weiß es nicht, es ist einfach ein Gefühl. Und meine Freunde..."
Mein Vater unterbrach mich, "Ja ja, deine Freunde sind da. Wie oft willst du das noch erwähnen?", fragte er nun lauter.

"Es fällt mir nicht gerade leicht zwischen dir und meinen Freunden zu stehen!", sagte ich nun auch lauter, als ich die Haustür zufallen hörte.
Mein Vater und ich blickten uns kurz an. Wir beide hatten uns erschrocken und Miguel ganz vergessen.

"Miguel ist auch dein Freund. Was ist mit ihm?", fragte mein Vater nun.
Ich sah beschämt zu Boden, "Seit dem Vorfall in der Schule habe ich doch kaum noch etwas Mut ihm zutun, außer, dass er hier ständig rumhängt."

Mein Dad legte verständnislos den Kopf schief, "Ich habe ihn unterstützt, dank mir kann er wieder laufen. Oder glaubst du das, was dieser bescheuerte Therapeut gemacht hat, hat ihn auf die Beine gebracht?", er deutete Richtung Haustür, "Ich war für Miguel da, als du ihn, als seine beste Freundin, aufgegeben hast."

Ablehnend schüttelte ich mit dem Kopf und ging auf meinen Vater zu, "Ich habe Miguel nie aufgegeben! Ich habe nun mal mein Leben weiter gelebt, trotz allem was passiert war!", ungewollt wurde ich lauter, "Und ich werde dir niemals verzeihen, dass du nicht da warst, als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde!"

Entschlossen ging ich an ihm vorbei, um mich vor den Fernseher zu setzen.
Mein Vater blieb reglos stehen, während ich etwas suchte, was ich sehen wollte.
Schließlich kam er zu mir und blieb vor mir stehen.
"Ich will nicht mehr reden.", murmelte ich desinteressiert.

Ich wollte gerade nur noch meine Ruhe und die Serie verfolgen. Mein Vater ging zum Kühlschrank und öffnete sich ein Bier.
Ich spürte ganz genau, dass er mich beobachtete, doch ich ließ mich davon nicht weiter stören.

Schließlich setzte er sich zurück an seinen Laptop.
Dass er wütend war war kaum zu überhören, denn er hämmerte wie ein Wilder  auf der Tastatur herum.
"Du hast eine E-Mail.", sagte er plötzlich, doch sah mich nicht an und klickte weiter herum.

"Aha. Interessiert mich nicht.", patzig sah ich weiter die Serie und versuchte ihn zu ignorieren.
"Cobra Kai Karate.", fügte er schnell vorwurfsvoll hinzu.
Schließlich blickte ich auf, doch mein Vater sah mich nicht an.

Schnell ging ich zu ihm an dem Tisch, doch er wollte mich nicht an den Laptop lassen.
"Interessiert dich ja nicht."
"Bitte Das, lass mich lesen.", flehte ich ihn an und versuchte den Laptop zu greifen.
Unerwartet schlug er mir leicht auf die Finger, "Finger weg, ich bin hier jetzt. Du kannst sie morgen lesen."

"Und was ist, wenn es etwas wichtiges ist?", versuchte ich weiter.
Genervt seufzte mein Vater und klickte herum, "Dein Beitrag wurde diesen Monat nicht bezahlt. Du hast 6 Tage Zeit es nachzureichen."

Entsetzt sah ich meinen Dad an, "Du hast diesen Monat noch nicht bezahlt?", vorwurfsvoll starrte ich ihn an, "Wieso?"
"Mit mir könntest du kostenlos trainieren. Und ich bezahle Kreese nicht dafür, dass er dich noch mehr versaut."

"Er macht mich stark, so wie er es mit dir gemacht hat!", ich wurde lauter und riss schließlich den Laptop zu mir, um zu lesen, ob es stimmte, was er da sagte.
"Dann musst du dein Training in Zukunft selber bezahlen, wenn du dir dein Leben so zerstören möchtest, Enna."

Als er meinen Namen sagte, blickte ich aufmerksam auf, "Wo soll ich denn das Geld hernehmen?"
"Such dir einen Job. Verkaufe deine Sachen, was weiß ich.", er zuckte mit den Schultern und zog seinen Laptop zurück zu sich.

Am nächsten Tag war ich froh, dass ich zur Schule gehen konnte und dort meine Ruhe hatte.
Doch diese hielt nur bis zur Mittagspause an.
Mein Dad hatte kein Geld, damit ich Mittag essen konnte, also aß ich einen Müsliriegel, während die anderen ihr Mittag aßen.

"Treffen wir uns gleich?", fragte ich Hawk, der seelenruhig sein Essen in sich reinschaufelte.
Er nickte mir nur kurz zu und ich erhob mich, um auf die gänge zu verschwinden.

Cobra Kai: Der Weg von Enna LawrenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt