Cobra Kai: Der Weg von Enna Lawrence

47. Extratraining

Als ich schließlich um zehn vor zwei im Dojo eintraf waren mein Dad und Mr. Kreese bereits dort. Mein Vater trug seinen Gi und forderte mich sofort auf mich umzuziehen, damit wir beginnen konnten.
"Wärm dich selbst auf, wir kommen dann dazu.", mein Vater verschwand mit Mr. Kreese im Büro und ich begann das Aufwärmtraining alleine.

Als ich schließlich fertig war und die beiden noch nicht dazugestoßen waren, ging ich an den Dummy, um neu gelernte Tritte zu wiederholen.
Doch es dauerte nicht lange, bis die beiden dazu kamen.
"Enna.", mein Vater klang auffordernd und ich ging sofort zu ihm, "Ich übergebe das Training nun an Mr. Kreese.", erst sah er mich an und ich sah genau so zurück.

Mr. Kreese und ich verbeugten uns voreinander, bevor er mir erzählte, was er vorhatte.
Er holte ein Schlagpolster und forderte mich auf meine Schläge zu zeigen. Das gleiche folgte mit den Tritten.

"Kampfposition.", forderte er mich auf, als er das Polster beiseitelege.
Er stellte sich genau so bereit zum Kampf vor mir auf. Unsicher sah ich kurz zu meinem Vater, doch der sah zu Boden.

"Greif mich an, Lawrence."
Ich versuchte meinen härtesten und kältesten Blick aufzusetzen, bevor ich ihn angriff.
Es war etwas ganz anderes, als gegen meinen Dad zu kämpfen. Denn Mr. Kreese wich nicht meinen Schlägen ohne Kontern aus, sondern schlug gnadenlos zurück.

Ich war überrascht von seinem Handeln und musste mich erst ein mal wieder fangen, doch in dem Moment traf mich sein Tritt hart in den Rippen und ich ging erschrocken auf die Knie.
"Steh auf, Mrs. Lawrence."
Langsam erhob ich mich mit meiner Hand auf der getroffenen Stelle.

"Du willst Johnnys beste Schülerin sein? Oder sagt er das nur, weil du seine Tochter bist?"
Ich konnte seinen Blick nicht genau deuten. Er sah ernst aus, dennoch hatte ich das Gefühl, dass er sich lustig machte.

Wieder sah ich zu meinem Vater, der mich ernst ansah.
Entschlossen ging ich wieder in Kampfposition.
Ich war wütend, denn ich wusste, dass ich mich verteidigt hätte, wenn mein Vater mir gesagt hätte, dass sein alter Sensei so zutrat.

Mit einem Ziel vor Augen kämpfte ich verbissen. Ich hatte das Gefühl, dass ich wirklich gut war und dass das was ich tat genau richtig war.
Doch dann schlug ich ins leere, denn Mr. Kreese war ausgewichen.
Im nächsten Moment lag ich am Boden und hatte eine Faust direkt vor meinen Augen.

"Das war besser, doch nicht gut genug. So machen Sie Ihrem Vater keine Konkurrenz.", er drehte sich weg und stellte sich wieder kampfbereit auf, als ich mich wieder aufrichtete.

Dieses Mal gab ich alles was ich hatte, doch ich hatte gegen Mr. Kreese genau so wenig eine Chance, wie gegen meinen Vater.
Nach zwei Stunden beendete Kreese das Extratraining und ging zu meinem Dad rüber, "Ich würde beim morgigen Training gerne einige deiner Schüler kämpfen sehen."

Mein Vater machte eine Handbewegung, die bedeuten sollte, dass er es machen dürfte.
Kreese klopfte meinem Dad auf die Schulter und ging in das Büro.

Mein Vater nickte mir auffordernd zu und kam zu mir, "Und? Was sagst du?", flüsterte er, damit sein alter Sensei nichts hören konnte.
"Er ist beeindruckend!", begeistert sah ich durch die Scheibe zu Kreese.
Verstehend nickte mein Vater, doch er schien immer noch unsicher zu sein.

Kurze Zeit später kam Kreese umgezogen zurück und verabschiedete sich von uns.
"Wir sehen uns also morgen?", fragte mein Vater Mr. Kreese.
"Ich werde da sein.", Kreese warf einen Blick auf mich und zwinkerte mir kurz zu, bevor er das Dojo verließ.

Immer noch begeistert sah ich zur Tür, doch ich wurde von meinem Vater aus den Gedanken gerissen, "Komm mit. Ich habe mir einen Laptop gekauft."
Entsetzt sah ich ihm hinterher, "Du sagst ich soll weniger Zeit an solchen Dingen verbringen und kaufst dir selber etwas?"

Doch ich folgte ihm und sah mir seinen Laptop an.
"Ich bin erwachsen, das ist etwas anderes. Der hat sogar Internet.", sagte er, als würde er sich auskennen.
Ich versuchte nicht zu lachen, doch ich konnte es nicht zurückhalten.

Er holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank und warf mir eine Cola zu.
"Und es gibt eine Seite, da kann man Videos gucken.", er drehte den Laptop zu mir und zeigte mir stolz die Seite.
"Das ist nichts Neues für mich, Dad...", ich versuchte ihn ernst zu nehmen, doch ich konnte es nicht fassen, dass er keine Ahnung von Computern hatte.

Er zeigte mir ein Video von einem Karatetunier, "Das ist voll krass oder?"
Ich schüttelte nur grinsend den Kopf, mich freute es, dass mein Dad mal lächelte.
Doch plötzlich kam ein Werbespot und unterbrach das Video.

Entsetz verfolgte ich es, denn ich erkannte sofort Daniel LaRusso, der für ein eigenes Dojo Werbung machte.
Auch mein Vater setzte sich gerade hin und verfolgte das Video.

"Was...?", sagte er entsetzt, sein Lächeln war auch schon wieder verflogen, so wie meins.
Doch ich musste erneut grinsen, als ich einen Ausschnitt sah, wo mein Vater gegen LaRusso als Jugendlicher kämpfte und zu Boden getreten wurde.

Sofort erntete ich einen mehr als wütenden Blick und er zog den Laptop von mir weg, um besser sehen zu können.
"Du verdammter Wichser.", sagte er kopfschüttelnd, während er weiter das Video verfolgte.

"Falsche Schlange?", sagte ich laut und wütend, als ich hörte, wie LaRusso das sagte, "Damit meint der uns!", rasend stand ich auf, "Ich polier Robby die Fresse."

"Hey!", rief er mich zurück, als ich das Büro verlassen wollte, "Was hat dein Bruder damit zutun?", er stand auf und sah mich streng an.