Kapitel 14 - Riesiges Ego

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Ein großer Part von mir wusste, dass so was passieren würde, als ich auf Harrys Motorrad gestiegen bin und ein anderer, kleinerer, dümmerer Part, hatte gehofft, dass man vielleicht leibhaftig mit ihm reden könnte und er mal kein arroganter Vollidiot ist. Schon seit einer Stunde frage ich mich selbst, wieso ich überhaupt zugelassen habe, dass er so viel Platz in meinem Kopf einnimmt.

Er hat mir doch schon als achtjährige ständig wehgetan, wieso lasse ich das selbst zehn Jahre später noch zu?

Harry ist ein arroganter Mistkerl mit einem riesigen Ego und so jemanden sollte ich nicht in mein Leben lassen, vor allem, wenn er mich schon zum zweiten Mal allein in der Kälte lässt. Ich habe keine Ahnung wo ich bin, mein Handy ist kaputt durch den Wodka und ich stinke nach reinem Alkohol, außerdem friere ich mich beinahe zu Tode, weil meine Haare einfach nicht trocknen wollen.

Schlechte Entscheidung hat er gesagt, als ich mit ihm gekommen bin. Hätte ich doch nur auf ihn gehört. Mittlerweile ist es schon nach neun Uhr und meine Eltern werden stinksauer sein, weil ich nicht mal Mama geschrieben habe. Es würde mich nicht wundern, wenn sie die Polizei rufen, wenn ich nicht vor Zwölf Uhr Zuhause bin. Meine Mutter ist in solchen Fällen sehr pingelig, dennoch wäre es mir recht, wenn sie nach mir suchen würde, denn ich bin mir sicher, dass meine Haarspitzen bereits Eispartikel bilden vor lauter Kälte.

Ich presse meine Knie noch enger an meine Brust und lege meine mittlerweile nur noch halbnasse Jacke über mich. Den Wodkageruch übertöne ich einfach, indem ich nur durch den Mund atme und an etwas Schönes denke.

Blumen. Ja, Blumen. Ich stelle mir vor, ich würde in einem Blumenbeet liegen und ein paar davon in mein Buch kleben, das ich Papa zum Geburtstag schenken möchte.

Ich schrecke auf, weil plötzlich ein lauter Motor gemischt mit quietschenden Reifen auf der Straße neben mir ertönt.

Erst erkenne ich Harrys Gestalt, als er stehen bleibt und sein Licht ausschaltet, das direkt in meine Richtung geleuchtet hat. Er zieht seinen Helm ab, stemmt sein Motorrad auf den Ständer und kommt auf mich zugestampft. Harry sieht mehr als zornig aus.

Ich wende mich von ihm ab und beachte nicht mal ansatzweise seinen wütenden Ausdruck. Er beeindruckt mich damit nicht mehr, für mich ist er nur noch unbedeutend.

„Hast du Connors Brieftasche geklaut?", fragt er mich aggressiv und stellt sich einen Meter von der Bank hin.

Ich sehe ihn unglaubwürdig an. Das kann doch nicht sein Ernst sein. „Wie bitte?"

„Du hast mich verstanden", zischt er. Selbst durch die Dunkelheit kann ich die Dunkelheit in seinen Augen erkennen.

„Warum sollte ich seine Brieftasche stehlen?"

„Um dich zu rächen, um – Keine Ahnung, mir scheiß egal. Sag einfach, ob du sie hast oder nicht."

„Natürlich habe ich sie nicht! Ich habe es nicht nötig zu stehlen, frag lieber mal den Rest deiner netten Freunde!" Vor lauter Kälte wieder zitternd, ziehe ich mir die Jacke enger um den Körper und lasse mich mehr in die Bank sinken. „Und jetzt lass mich allein. Ich habe besseres zu tun, als mich mit dir zu unterhalten."

Harry lacht feindselig auf und verschränkt die Arme. „Das sehe ich. Du stinkst bis hier hin und siehst gleichzeitig noch beschissener aus, als ich dachte."

„Wow", sage ich halb lachend und sehe von ihm weg. „Selbst in Momenten wie diesen, bist du noch so."

„Wie?"

„Gemein."

Gemein", amüsiert er sich.

Ich sehe ihn giftig an. „Ja, gemein. Und damit du mich nicht länger ertragen musst, kannst du jetzt gehen. Du hast es geschafft. Ich will definitiv nichts mehr von dir wissen."

Remember His StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt