Kapitel 11 - Höllenreiter höchstpersönlich

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Ich drehe mich schnell um, um ihm wenigstens hinterherzurufen, dass ich es nicht so gemeint habe, aber dann taucht auch schon Grandpa vor meiner Nase auf.

„Na", sagt er grinsend und setzt sich auf Harrys ehemaligen Platz. „Wie ich sehe, hast du schon mit Harry Bekanntschaft gemacht."

„Mehr oder weniger", murmle ich und pieke enttäuscht von mir selbst im Salat rum. Ich muss sachter an die Sache mit Harry rangehen.

„Was ist los? Du wirkst müde. Willst du früher Schluss machen?"

Ich schmunzle Grandpa leicht zu. „Nein, ist schon in Ordnung. Ich komme nur noch nicht ganz mit Harry klar", sage ich wahrheitsgemäß, weil Vertrauen in unserer Familie schon immer ganz oben stand, auch bei Opa.

„Harry also." Er seufzt. „Ja, er ist ein sehr ... spezieller Mensch."

Ich runzle die Stirn. „Ein sehr spezieller Mensch?" Verhält Harry sich vor anderen Kollegen, sogar vor seinem Chef, auch so dreist?

„Na ja, er ist nun mal ein aufmüpfiger Bengel. Sehr aufmüpfig. Also wirklich sehr, sehr aufmüpfig."

„Das habe ich bemerkt. Aber wieso hast du ihn überhaupt eingestellt, wenn er so unfreundlich ist? Ich meine, er ist ja wirklich nur unfreundlich."

„Er ist billig und gut. Ich hätte nirgends einen so zuverlässigen Hausmeister herbekommen können, wie ihn, immerhin findet er sonst keinen Job, also arbeitet er hier für einen Hungerlohn. Dafür nehme ich gerne seine freche Art in Kauf."

Grandpas Worte schocken mich beinahe. Er sagt das so gleichgültig, als wäre es Alltag Leute so auszubeuten. Auch wenn es nur Harry ist. Eine Sache steht auf jeden Fall schon mal fest. Er muss einen schlechten oder gar keinen Schulabschluss haben, wenn er sonst keinen Job bekommt.

„Wieso bekommt er denn keinen anderen Job?", frage ich neugierig.

„Das kann ich dir nicht sagen, dazu bin ich nicht befugt, auch wenn du meine Enkelin bist", lacht er.

„Hmm, okay. Und weißt du, wo er wohnt?"

Opa hebt eine Braue. „Marie."

„Ja?"

„Du hast dich doch nicht verguckt oder?"

Ich blinzle. „Was?"

„Du weißt schon was ich meine", lacht Grandpa wieder. „Verguckt, verknallt, verliebt, das was Jugendliche eben so tun."

„Um Gottes willen, nein!", sage ich sofort und hebe beide Hände. „In Harry absolut nicht. Er ist, wie gesagt, ein aufmüpfiger Stinkstiefel."

Erleichtert wischt Grandpa sich imaginären Schweiß von der Stirn. „Gott sei Dank. Er ist wirklich nicht das, was ich dir wünschen würde. Vor allem nicht deine Mutter dir wünschen würde."

Ich verdrehe die Augen. „Wenn es nach Mama gehen würde, wäre ich sowieso für den Rest meines Lebens alleinstehend."

„Sie will nur nicht, dass dich so ein Idiot wie Harry verletzt. Ich kann sie da verstehen, du bist ein hübsches Mädel. Die Jungs müssen dir reihenweise hinterherrennen."

„Grandpa", lache ich. „Jetzt bleib mal am Boden der Tatsachen."

„Hach, in der Richtung bist du wie deine Diana. Sie wollte auch nie einsehen, dass sie der Männerschwarm schlechthin war."


Um halb sechs Abends ziehe ich mir meine hellbraune Winterjacke an und dazu noch meine dicke Wollmütze. Ich bin nur froh, dass momentan kein Schnee liegt, also kann ich ohne nasse Füße nach Hause laufen. Ich verlasse mit dem Handy in der Hand das Hotel, um Mama eine Nachricht zu schreiben, dass ich pünktlich um sechs zum Essen Zuhause sein werde.

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