Kapitel 57 - In sechs Minuten

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Ähm, okay? Über 140 Votes einfach? Ihr seid verrückt! Danke!
ABER FIRST THINGS FIRST! Was glaubt ihr? Küssen sie sich?

Mir entweicht jegliche Luft aus den Lungen und ich muss mich beherrschen, nicht sofort vor lauter Hormonenüberschuss, um seinen Hals zu fallen. Er hat Angst, er könnte nicht mehr aufhören nicht mich zu küssen? Himmel, dann soll er eben nicht aufhören. Er kann mich die ganze Nacht küssen, solange er einfach nur bei mir ist.

Ich bekomme kein Wort heraus. Stattdessen versuche ich ihm vorsichtig mit meinem Kopf näher zu kommen, um ihm zu signalisieren, dass ich will, dass er mich küsst.

Doch dann ändert sich etwas in seinen Augen und sofort halte ich inne.

„Nein", sagt er leise und entfernt sich mit seinen Kopf von mir, sieht weg. Doch seine Hand liegt noch immer um meine Wange.

Augenblicklich spüre ich, wie ich jetzt auf die Knie fallen würde, würden wir nicht liegen. „Was?", hauche ich atemlos und verzweifelt. Ich will, dass er mich küsst. Ich will es so sehr.

Doch er nimmt jetzt auch seine Hand von meiner Haut und dreht sich weg.

Hilflos beobachte ich, wie er sich wieder auf den Rücken legt und in den Himmel sieht. Wieso tut er das? Wieso tut er das, verdammt? Sieht er nicht, wie sehr ich nach ihm bitte? Gott, ich komme mir so erbärmlich vor.

„Es geht nicht", erklärt er. Er klingt, als wäre er enttäuscht von sich selbst. Als müsste er sich dazu zwingen, so etwas zu sagen. Wenn er doch so geknickt spricht, wieso tut er es nicht einfach?

Es könnte so schön sein. Es könnte das perfekte Silvester sein. Dieser Moment könnte perfekt sein. Wir liegen doch schon auf einem Auto und betrachten die Sterne, was will er denn noch?

„Findest du mich nicht ...", traue ich mich zu fragen und betrachte sein Profil flehend. „Hübsch genug?"

Seine Stirn verengt sich. „Rede keinen Scheiß. Ich habe dir gerade eben gesagt, dass ich nicht für so einen Dreck gemacht bin."

Er wirkt wieder so distanziert, unantastbar, ... kühl.

Mit geschürzten Lippen, nicke ich niedergeschlagen. Er ist nicht für so einen Dreck gemacht. Es ist so traurig, wie schnell er seine Laune ändern kann. Eben dachte ich wirklich, er wäre ... anders. Süß, romantisch, ehrlich.

Den Kloß in meinem Hals herunter schluckend, drehe ich mich auf den Rücken und sehe in den Sternenhimmel. Ob Gott uns gerade beobachtet? Ob er plötzlich ein Gewitter verursacht, wenn Harry mich geküsst hätte? Ich wünschte, ich wüsste es. Doch ich weiß es nicht, denn Harry hat mich einfach wieder fallen gelassen.

Traurig ziehe ich die Decke bis zu meinem Kinn, um mich mehr wärmen zu können. Jetzt vergeht die Hitze in meinem Körper und plötzlich ist da nicht mehr dieses wohlige Gefühl, dass ich noch die ganze Zeit mit Harry hatte. Jetzt ist es einfach nur noch kalt.

„In sechs Minuten ist Mitternacht", unterbricht Harry die Stille.

Ich nicke nur deprimiert. Jetzt will ich auch kein Feuerwerk mehr sehen. „Okay." Zitternd kuschle ich mich mehr in die Decke. Ich will wieder diese Wärme spüren.

„Ist dir kalt?"

„Nein", antworte ich, doch kann meine zittrige Stimme nicht verbergen.

Er seufzt und dann spüre ich, wie seine Hand unter der Decke zu meiner Taille wandert und mich an sich zieht.

Ich muss mir ein überraschtes Keuchen unterdrücken. Allerdings spüre ich jetzt wieder Wärme, denn es wird wieder genug Blut durch meinen Körper gepumpt, weil mein Herz erneut beginnt wild gegen meine Brust zu schlagen.

Auf der Seite liegend, drückt Harry mich eng an seine Brust, was mich den Atem anhalten lässt. Ich spüre, wie er tief ein und aus atmet und dann schließlich seinen Kopf leicht über meinen abstützt, während er mich an sich presst. Er riecht so unheimlich gut, es tut beinahe weh. Er zieht die Decke höher, sodass ich fast darunter verschwinde, doch lässt sie weit genug unten, damit ich herausluken und eventuell die Sterne betrachten kann. Doch das ist unmöglich, denn ich konzentriere mich nur auf die starke Brust, an der ich liege und seine Arme, in denen ich mich wohler fühle, denn je.

Für einen kurzen Moment verweilen wir so. Hören einfach die Grillen, die zirpen und den leichten Wind, der durch die Bäume saust.

„Du musst mich verstehen", sagt Harry leise und bei jedem Wort, spüre ich seine Brust vibrieren.

„Ich kann es nicht", flüstere ich nachdenklich. „Ich könnte dich verstehen, würdest du mir einfach nur die Wahrheit sagen."

Er atmet tief ein und aus. „Honor ... Die Wahrheit ist widerlich."

„Aber ich will dich verstehen", flehe ich beinahe.

Mit seiner großen Hand, drückt er mich am Rücken noch enger an sich. Ich spüre seinen warmen Atem leicht auf meinem Kopf. „Es würde so viel zerstören. Zu viel zerstören."

Ich sehe zu ihm auf, doch er sieht nicht zu mir hinab. „Du kannst mir nicht Dinge vorenthalten, in die ich verwickelt bin. Das ist nicht richtig."

„Du hast recht", sagt er. „Es ist nicht richtig. Aber es ist besser so. Manche Bücher sollte man nicht öffnen."

Ich traue mich, langsam meine Hand um seine Hüfte zu schlingen, um ihn wenigstens mit meinen Händen berühren zu können. Er spannt sich für einen kurzen Augenblick mehr an, doch er lässt es zu. „Aber ich möchte dein Buch öffnen", wispere ich. „Ich will deine Geschichte kennen."

„Nein, Honor ... Es wäre besser für dich, einfach das zu tun, was du die ganze Zeit getan hast. Ich bin ein Buch, das du aufschlägst, doch niemals zu Ende lesen wirst."

Ich schüttle unglaubwürdig den Kopf. „Wieso? Wieso denkst du nur so? Wieso denkst du, dass deine Vergangenheit, dich definiert?"

Kurz herrscht Stille, dann sagt er: „Manche Dinge brennen sich zu tief in dich, um sie vergessen zu können."

Ich presse die Lippen aufeinander und drücke mich jetzt komplett an ihn. Ich schlinge meine Arme um seinen Oberkörper und will ihn einfach nur spüren, seinen wundervollen Herzschlag hören, ihn riechen, ihn fühlen. „Auch wenn du denkst, dass du schlecht bist ... Bereitest du mir gerade doch das schönste Silvester, das ich je hatte."

Seine Brust vibriert etwas, weil er rau lacht. „Noch kann ich dich bis Mitternacht vom Auto schupsen."

Ich muss schmunzeln. „Aber das tust du nicht. Dafür ist du gerade zu lieb."

„Sag so was nicht", erwidert er. „Ich bin nicht lieb."

„Doch, bist du."

Wieder mal atmet er tief ein und aus. „Scheiße, ich muss wieder mehr fluchen."

„Finde ich auch."

„Du willst, dass ich fluche? Spricht das nicht gegen deine Verhaltensweisen?"

„Deswegen ja."

„Okay. Scheiße, dann wird es wieder Zeit. Wann fängt denn endlich dieses scheiß Feuerwerk an, meine Fresse? Ich will nicht umsonst auf diesen abgefuckten Berg gefahren sein."

Ich beiße mir auf die Lippe, um nicht lachen zu müssen. Ich rutsche weiter nach oben und strecke meinen Kopf komplett aus der Decke. Also warm ist mir definitiv. Harry legt sich auf den Rücken und als würden wir es immer so tun, lege ich mich an seine Seite und platze meinen Kopf auf seiner Brust, damit wir in den Himmel sehen können. Es ist so romantisch, es wirkt beinahe unrealistisch.

Und plötzlich beginnen die vielen Raketen zu knallen und aus der riesigen Stadt, steigen bunte Lichter empor. Es ist so magisch. So, so magisch.

„Frohes neues Jahr", lächle ich, doch sehe weiter auf das Feuerwerk.

Harry antwortet nicht, doch das dachte ich mir schon. Es würde ihm nicht stehen, so etwas zu sagen, dafür ist er wieder viel zu sehr in seiner Fluch-Stimmung. Doch es ist perfekt so.

Das ist definitiv das beste Silvester, das ich je hatte. Auch wenn er mich nicht geküsst hat.

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