Mit zu viel Schwung stellt er das Glas ins Regal, was die anderen Gläser aufklirren lässt.
Ich schmunzle triumphierend, fast schon viel zu zufrieden. „Das entschädigt deine schäbige Art von eben", sage ich und sehe auf das Glas in meinen Händen, das ich zu den anderen Gläsern ins Regal stelle.
„Bild dir bloß nichts ein", gibt er zurück. „Heute Abend habe ich schon genug mit meiner Persönlichkeit zu kämpfen."
„Stimmt. Du bist richtig zuvorkommend. Zumindest zu den Gästen." Ich sehe ihn an. „Wo hast du das gelernt?"
„Honor, Harry", ertönt die Stimme der kichernden Sascha, die zu uns hinter die Theke lugt. Wir sehen zu ihr und sie sagt: „Es ist so weit. Die Mädchen eröffnen den Balltanz."
Als sie zu den anderen Mädchen verschwindet, halte ich mir verzweifelt die Hand an die Stirn. „Oh nein", sage ich. „Das habe ich total vergessen."
„Was für ein scheiß Balltanz?", fragt Harry und sieht mit gerunzelter Stirn zur Tanzfläche, wo sich die Kellnerinnen versammeln.
„Weil die Gäste alle immer viel zu Scheu sind, um zu tanzen, fangen wir damit an ... Und eigentlich sollte ich mit Megan tanzen."
Kurz ist Harrys Stirn noch gerunzelt, dann scheint er zu verstehen und sieht mich an. „Und was tanzt ihr da?"
Ich neige etwas den Kopf. Er überlegt doch nicht etwa, mit mir zu tanzen. „Normaler Walzer. Wieso?"
Jetzt hebt sich Harrys rechter Mundwinkel ein wenig. Er sieht beinahe selbstgefällig aus. „Ich kann Walzer."
Ich reiße die Augen auf. „Ach", sage ich mit krächzender zu hoher Stimme. „Echt?"
Er nickt und legt das Geschirrtuch in seiner Hand weg. „Ja. Und wir werden tanzen."
Noch bevor ich antworten kann, zieht er mich am Handgelenk zur Bühne. Ich versuche seinem Schritt mitzuhalten, damit ich nicht ganz so gequält rüberkomme. Nicht dass die Gäste denken, ich würde das nicht wollen. Das ist ja alles geplant. Oder auch nicht. Will ich mit Harry tanzen? Um Gottes willen, nein. Oder doch. Ach, ich weiß es nicht.
Die anderen Mädchen werfen uns verstohlene Blicke zu, während Harry und ich uns auf den Platz mittig der Mädchen stellen. Jetzt sind wir auch noch komplett in der Mitte. Was wenn er gar nicht tanzen kann, sondern gelogen hat, nur um mich zu blamieren? Nein, das ergibt keinen Sinn. Dann würde er sich selbst blamieren und Grandpa noch dazu, was Konsequenzen bedeuten würden.
Als wir in Reih und Glied stehen und auf die Gäste sehen, die uns neugierig betrachten und mein Grandpa durch das Mikrofon verkündet, dass wir den Ball mit diesem Tanz eröffnen, legt Harry seine Hand leicht um meine Hüfte. Es prickelt angenehm. Oder unangenehm. Ich weiß es nicht. Es erhöht meine Körpertemperatur auf unangenehme Art und Weise, da ich mir sicher bin, dass mein Kopf knallrot ist.
Die Musik beginnt und Harry dreht mich zu sich. Erwartungsvoll und total hypnotisiert von dieser Situation, seiner Nähe und seinen Berührungen, sehe ich ihn an, kann mich kaum bewegen.
„Deine Hand", sagt er mit leiser Stimme, als ich mich noch immer nicht rege und führt meine Hand langsam zu seiner Schulter. „Gehört hier hin." Sein Blick ist so intensiv, dass meine Knie beinahe einknicken. Dann verschließt er seine Hand mit meiner anderen und hält sie in die Luft, legt seine rechte Hand auf meinen Rücken.
Mein Atem geht flach. Wieso fällt mir jetzt erst auf, wie durchdringend seine Augen sind und wie wunderbar fest sich seine Schulter anfühlt? Und wie wundervoll warm seine Hände sind. Ich bin mir so was von sicher, dass ich knallrot bin. Seine Nähe ist wie ein Aphrodisiakum. Irgendetwas stimmt heute nicht mit meinem Körper. Wahrscheinlich stehe ich kurz vor meiner Periode, ja, das ist die einzige Erklärung.
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Remember His Story
Fanfiction"Sie wünschte sich manchmal, sie könnte seine Gedanken lesen. Doch dann fragte sie sich, ob sie mit der Wahrheit leben könnte." In Honors Grundschulzeit gab es einen Jungen, an den sie sich ewig erinnern würde. Er war anders, als die anderen Jungs...