Kapitel 25 - Megans Besetzung

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„Okay, wir bekommen das hin", sagt Sascha in ihrem russischen Akzent und streicht sich durch die blonden Haare. „Wir fragen einfach Mister Ealswith, er wird eine Lösung finden. Was kann schon schlimmes passieren?"

„Es könnte alles ruiniert sein!", ruft eine andere Kollegin aus.

„Beruhigt euch! Ich rufe Paul", sagt Claudia und geht zur Tür. „Honor, komm bitte mit, wenn du dabei bist, ist er meist weniger wütend."

Schnell nicke ich und folge ihr durch den Flur zur Veranstaltungshalle, wo schon unglaublich viele gut gekleidete Gäste stehen und darauf warten, endlich den Champagner zu bekommen und mit dem Ball zu beginnen.

Claudia ruft Grandpa, der sich gerade mit ein paar Gästen lachend unterhält. Er verabschiedet sich von ihnen und geht dann durch die Menge zu uns. „Was ist los? Ihr solltet doch schon so langsam mit dem Champagner beginnen."

„Wir haben ein kleines Problem", sagt Claudia und ich nicke zustimmend. „Megan musste schnell weg, jetzt sind wir eine zu wenig."

„Was?", knurrt Grandpa. „Sie kann doch nicht einfach - Okay, kein Grund zur Panik." Er sieht zu mir. „Marie, was ist mit Olivia? Meinst du, sie könnte uns aushelfen?"

Ich schüttle den Kopf. „Sie ist in Australien."

Er seufzt. „Dann haben wir ein Problem. Ihr müsst zehn Mädchen sein, sonst klappt das nicht." Nachdenklich sieht er auf den Boden. Dann holt er sein Handy aus dem Jacket. „Ich kann nicht glauben, dass ich das jetzt tun muss", nuschelt er wütig.

„Was meinst du?", frage ich neugierig.

Grandpa hält sich das Handy ans Ohr und geht meiner Frage aus dem Weg. „Geht wieder in den Personalraum und bereitet euch bitte vor. In zehn Minuten geht's los. Megans Besetzung wird gleich kommen. Das sollte er zumindest besser", fügt er nur knurrend hinzu.

Claudia und ich nicken gehorsam und wir verschwinden wieder in dem Personalraum. Die Mädchen scheinen immer nervöser zu werden, weshalb sie versucht ein paar beruhigende Worte zu sprechen, während wir auf Megans Besetzung warten. Ich selbst werde ebenfalls immer nervöser. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie grausam es wäre, würde mir ein Glas runterfallen oder ein Teller oder Besteck. Was wenn mir ein Messer runterfällt und ein Gast fällt darauf, spießt sich im Endeffekt auf? Oh Gott.

„Okay, wir fangen an!", ruft Grandpa nach sieben Minuten durch die Tür. „Nehmt euch die Tabletts und kommt wie besprochen nach der Reihe heraus!"

Alle nehmen sich ihre Tabletts mit den Champagnergläsern und ich versuche das Tablett elegant auf meiner Hand zu balancieren. Mich darf jetzt nichts aus der Ruhe bekommen. Konzentration ist angesagt. Nach der Reihe verlassen wir den Personalraum und ich laufe als letztes in der Reihe, setze mein schönstes Lächeln auf.

Die vielen Gäste stehen um die runden Tische verteilt und starren uns an, während im Hintergrund eine Band weihnachtliche Lieder spielt. Es sind so wahnsinnig viele Leute, die so wahnsinnig schön aussehen. Die ganze Halle ist in einem schönen gold und rot dekoriert.

Wir laufen zu den Tischen und plötzlich spüre ich eine Präsenz hinter mir. Sie ist auf jeden Fall größer als ich. Das wird wohl Megans Besetzung sein, denn sie sollte eigentlich hinter mir laufen. Ich würde mich gerne umdrehen, um zu sehen, wer das ist, doch ich muss nach vorne sehen, damit ich nicht in Saschas Füße trete oder nicht über meine eigenen stolpere. Wir verteilen uns jeweils immer zu zweit bei den Tischen.

Jetzt kann ich auch sehen, wer die Besetzung ist, denn sie steht auf der anderen Seite des Tisches. Harry steht in einem weißen Hemd, Fliege und schwarzer Hose dort und hält genauso wie ich ein Tablett in die Höhe. Ich muss mehrmals blinzeln und mein Lächeln verschwindet sofort.

Harry soll Megans Besetzung sein?

Mir bleibt der Atem weg. Nicht nur wegen der Tatsache, dass es Harry ist, sondern weil er lächelt. Er lächelt, als würde er es Tag und Nacht tun, als wäre er eine glückliche, zuvorkommende Person. Und es steht ihm. Oh ja und wie es ihm steht. Man könnte beinahe meinen, er wäre eine komplett andere Person. Seine Haare sind ordentlich gestylt, das Hemd sitzt perfekt um seine breiten Schultern, ist ordentlich in seine schwarze Hose gesteckt und sogar ein Gürtel blinkt mir entgegen. Man sieht kleine Ansätze seiner Tattoos an den Armen, da das Hemd hochgekrempelt ist, doch das konnte er wohl kaum umgehen. Er steht dort wie ein Profi. Wie er das Tablett mit den Gläsern in die Luft hält, einen Arm hinter seinem Rücken hat und den Gästen entgegenlächelt, als wäre er jemand anders. Harry sieht fantastisch aus.

Mein Herz überschlägt sich, als er zu mir sieht und auch mich mit diesem Lächeln beglückt. Ich muss schlucken, um nicht gleich einzuknicken.

Weil das Tablett in meiner Hand, leicht zu schwanken beginnt, stelle ich mich gerader hin und versuche mich wieder zu sammeln. Mich sollte doch nichts aus der Ruhe bringen. Musste es auch unbedingt Harry sein?

Mein Grandpa hält eine kurze Rede auf der Bühne und dann kommt der Startschuss für das Verteilen der Gläser. Ich setze wieder ein Lächeln auf, doch diesmal fällt es mir schwerer, denn Harry macht mich nervös. Gleichmäßig verteilen wir um den Tisch herum die Gläser. Ab und zu versuche ich in seine Richtung zu sehen, um zu schauen, wie er sich anstellt. Wiedermal muss ich feststellen, dass er aussieht wie ein Profi. Er lacht mit den Gästen und sieht trotzdem dabei so seriös aus, stellt mit purer Eleganz die Champagnergläser auf den Tisch.

Wir kommen uns immer näher. Gleich muss ich auch noch neben ihm stehen, wenn die Gläser verteilt wurden. Ich habe das Gefühl, mein Herz schlägt immer schneller, umso näher er mir kommt. Gott, was ist das? Ich fühle mich beinahe körperlich zu ihm hingezogen. Nur weil er dieses verdammte Hemd trägt und einfach so ... So ist. Würde man ihn nicht so kennen, wie ich ihn kenne, könnte man meinen, er wär ein sympathischer junger Mann. Ohne schwarze Flügel auf dem Rücken.

Dann sind die Gläser verteilt und er stellt sich genau neben mich, das leere Tablett hält er hinter seinem Rücken, genauso wie ich. Wir sehen auf die Bühne, wo Grandpa mit einem Mikrofon in der Hand steht und sein Champagner hochhält.

Harry riecht sogar gut. Nicht nach Zigaretten, sondern einfach gut. Ich muss mich stark konzentrieren, um ihm nicht näher zu kommen, denn dieses Gefühl, das ich gerade in mir spüre, will genau das. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass er immer noch dieses wahnsinnig gutaussehende Lächeln auf den Lippen hat. Es sieht nicht mal gespielt aus, so wie bei manch anderen Kellnerinnen hier.

„Konzentration, Honor", flüstert er leise, als ich kurz davor bin, vor ihm auf die Knie zu fallen, weil er mich so schwach macht.

Ich sehe sofort unmittelbar nach vorne zu meinem Grandpa, der gerade Auf einen wudervollen Abend ruft und alle an den Tischen anstoßen.

Harry dreht sich zu mir und verweilt kurz so. Ich bin total überfordert. Was ist nur los mit mir?

„Geh", befiehlt er leise mit seiner rauchigen Stimme und leicht spüre ich seine Hand an meiner Hüfte, was mich aufzucken lässt.

Ich sehe ihn an, dann fällt mir auf, dass die Kellner wieder verschwinden müssen. Alle anderen Mädchen laufen auch schon wieder gegliedert in den Raum. Hurtig nicke ich und gehe schnell in Richtung Personalraum. Harry folgt mir schweigsam.


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