Kapitel 22 - Weiße Seerose

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Wow, das Kapitel war so anstrengend

Ich halte inne, als Harrys Kiefer sich anspannt und sein Blick noch ernster in Richtung des Sees fällt. Vielleicht muss ich lebensmüde sein, dass ich mich wage, ihn so etwas Persönliches zu fragen, obwohl er mir schon oft genug gesagt hat, wie nervend er es findet.

„Deine ständigen Fragen gehen mir echt auf den Sack", sagt er nach einer kurzen Weile durch die Dunkelheit, was es mich sofort bereuen lässt, dass ich ihn gefragt habe.

Ich seufze. „Es tut mir leid. Ich dachte vielleicht, dass – irgendwie – keine Ahnung, was ich dachte."

Wieder herrscht Stille. Diesmal ist sie unangenehmer als vorher, weil Harry wieder sehr gereizt wirkt. Und erneut habe ich die Stimmung kaputt gemacht.

Doch dann sagt er: „Entweder sie schmorren in der Hölle oder leben irgendwo an irgendeinem beschissenen Ort ihr beschissenes Leben."

Ich sehe überrascht zu ihm. Was?

Ich wage zu behaupten, dass sein linker Mundwinkel sich etwas hebt, als er hinzufügt: „Vielleicht beides."

„Was redest du da?", frage ich mit heiserer Stimme, weil seine Worte so merkwürdig sind.

Er sieht zu mir und hebt eine Braue. „Du wolltest wissen, was mit meinen Eltern ist. Soll ich es wiederholen?"

Schnell schüttle ich den Kopf. Nein, lieber nicht. Diese Worte werde ich wohl so schnell nicht vergessen.

Entweder sie schmorren in der Hölle oder leben irgendwo an irgendeinem beschissenen Ort ihr beschissenes Leben. Vielleicht beides.

Wie gerne ich fragen würde, was das zu bedeuten hat, aber ich sollte mich glücklich schätzen, dass Harry mich nicht wieder einfach hier sitzen gelassen hat, weil ich meine Neugier nicht im Zaun halten kann. Aber eins ist mir bei so einer Antwort sicher: Harrys Eltern würden nicht umsonst in der Hölle schmorren. Irgendetwas muss vorgefallen sein und es juckt mich in den Fingern danach zu fragen.

Doch stattdessen entscheide ich mich dazu, einfach mal ein normales Gespräch mit ihm zu führen. Wie Leute in unserem Alter. Seufzend lege ich mein Kinn auf meine Knie. „Eltern können wirklich nervig sein."

Ich spüre seinen Blick auf mir, doch er sagt nichts.

„Ich meine, mal ganz ehrlich. Meine Eltern behandeln mich wie ein Kleinkind, dabei bin ich achtzehn Jahre alt. Volljährig. Weißt du eigentlich wie bescheuert das ist?"

Wieder sagt er nichts.

„Und dann ist da noch meine total penible Großmutter. Mano man, wenn du sie kennen würdest. Sie ist eine schreckliche Frau, trägt immer Seidenstrümpfe, wodurch sie hofft, dass man ihre Altersflecken auf den Beinen nicht sieht, aber man sieht sie. Jedes Mal. Außerdem hat sie eine grausam nervige Stimme und schert sich immer darum wie ich aussehe und mich verhalte." Ich stehe auf und sehe auf den See. „Sie würde es sogar höchst grotesk finden, wenn ich jetzt hier in diesen See springe. Meine Haut könnte Frostbeulen bekommen und meine Lippen würden blau werden. Wahrscheinlich würde sie noch meine erfrorene Leiche anmeckern, weil meine Haut so bleich ist und mein Teint total verdorben."

Harry schweigt immer noch, doch das habe ich mittlerweile schon ausgeblendet. Das ist das erste Mal, dass ich so richtig schlecht über meine Grandma rede und all das hätte ich schon längst Mal aussprechen sollen. Es fühlt sich so befreiend an und ich habe das Gefühl, ich komme gerade erst in Fahrt.

Meine Augen bleiben starr auf den schwarzen See vor mir. „Oh und wie sie es hassen würde, wenn ich jetzt hier in diesen See springen würde", sage ich und öffne Harrys Jacke, ziehe sie mir über die Schultern.

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