Ein Klopfen an der Tür weckte mich. Schlaftrunken setzte ich mich auf und sah auf die Uhr, 14.30 Uhr. Wer kam mich denn um diese Uhrzeit besuchen? Für meine Mitschüler war es schon zu spät, denn der Unterricht hatte schon wieder angefangen, Vika und Scott waren erst vor einer halben Stunde zum Mittagessen gegangen und die Visite der Ärzte war schon längst vorbei.>>Herein!<<, rief ich dennoch, während ich mir noch die Augen rieb. Zu meiner großen Überraschung war es Aarons weizenblonder Haarschopf, der zum Vorschein kam, als die Tür geöffnet wurde. Aaron war einer meiner Mitschüler und mein bester Freund. Mit keinem anderen, auch mit keinem Mädchen, war ich so eng befreundet wie mit ihm. Ich kannte ihn, seit ich denken konnte und war genauso lange, natürlich heimlich, in ihn verliebt. Da er aber nie irgendwelche Anzeichen gezeigt hatte, dass er auch in mich verliebt sein könnte, blieb ich still. Ich wollte auf gar keinen Fall unsere Freundschaft aufs Spiel setzen, um keinen Preis. Selbst, wenn das hieß, dass ich meine Gefühle für immer geheim halten musste. Mit einer Stimme, die eindeutig höher war als sonst, quietschte ich: >>Aaron, was machst du denn hier?<<Verzweifelt versuchte ich, mein Haar in Ordnung zu bringen, dass vomSchlafen wahrscheinlich total verwuschelt war. Vor lauter Aufregung vergaß ich leider mein gebrochenes Handgelenk, wurde aber schnell daran erinnert. Fluchend drückte ich mein Handgelenk mit meiner linken Hand an meine Brust. Aaron brach in schallendes Gelächter aus, woraufhin ich leicht beleidigt war und wegsah, damit er mein rotes Gesicht nicht sehen konnte. Ich hasste es, wenn man über mich lachte und das wusste er auch sehr gut. Außerdem, warum musste ich mich ausgerechnet vor ihm lächerlich machen? Immer noch lachend kamer zu meinem Bett, wobei den großen Blumenstrauß, den er mitgebracht hatte, auf meinem Nachttischchen ablegte. Schwer ließ er sich auf meine Bettkante fallen, sodass mein ganzes Bett wackelte. Als ich mich immer noch weigerte, ihn anzusehen, nahm er die Bürste aus der Schublade des Tischchens und begann, vorsichtig meine Haare zu kämmen. Dies hatte er schon früher immer gemacht, als wir noch kleine Kinder waren. Seine Hände strichen sanft über meine langen,leicht gewellten Haare und berührten manchmal ganz kurz meinen Nacken, wenn er eine Haarsträhne, die ihm aus den Händen geglitten war, wieder aufnahm. Jede kleine Berührung schien kleine Stromschläge auszulösen und sein Atem in meinem Nacken jagte mir kleine, sehnsüchtige Schauer über den Rücken. Wieso musste ich nur so heftig auf ihn reagieren, wo er doch nur Freundschaft für mich empfand? Das war wirklich unfair! Dennoch war ich froh, dass die Verletzungen auf meiner Kopfhaut bereits verheilt waren, denn sonst hätte ich darauf verzichten müssen. >>So<<, sagte er mit einem leisen Lachen in der Stimme, >>jetzt sind deine Haare wieder so weich wie immer.<< >>Danke<<, flüsterte ich kaum hörbar. Wenn ich lauter geredet hätte, wäre mir wahrscheinlich vor lauter Anspannung die Stimme versagt. >>Estut mir leid, dass ich vorhin gelacht habe. Ich bin es nur einfach nicht gewohnt, dass du so ungeschickt bist. Normalerweise tanzt du fast, wenn du nur normal gehst und tust auch sonst alles mit Leichtigkeit, wie sie sonst keiner hat. Du wirkst fast wie eine Fee.<< >>Ich bin nicht sauer auf dich oder so...<<,wie sollte ich mich denn jemals wieder umdrehen, wenn er so etwassagte. So rot wie ich war, würde er doch sofort bemerken, was ich empfand. >>Warum drehst du dich dann nicht wieder um?<<
>>Weil...<<
>>"Weil..." ist keine Antwort.<<
>>Doch.<<
>>Nein, es braucht mindestens ein Wort nach dem „weil" damit es eine richtige Antwort wird.<<
>>Weil Baum.<<
>>Du hasst es, wennLeute so etwas sagen.<<, seine Stimme war ganz sanft, alsredete er mit einem verschreckten Tier. Seine Hände waren genauso sanft wie seine Stimme, als er sie auf meine Schultern legte, um mich vorsichtig zu sich umzudrehen. Der Blick seiner meegrünen Augenstrich, fast so spürbar wie eine Liebkosung, über mein Gesicht. Ichbetete, dass ihm nicht auffallen würde, wie sich meine Wangen wiederröteten. Und wieder fragte ich mich, warum er so eine Wirkung aufmich haben musste. Bildete ich mir das nur ein oder kam sein Gesichtimmer näher? In dem Halbdunkel, das in meinem Zimmer herrschte,wusste ich nicht, ob ich meinen Augen so recht trauen konnte. Der Moment, was auch immer es für ein Moment war, wurde vom Geräusch klackernder Absätze auf dem Flur unterbrochen. Aaron setzte sich kerzengerade auf, strich mir dann aber vorsichtig eine Haarsträhne hinters Ohr. Dann breitete sich ein schelmisches Grinsen auf seinem Gesicht aus und er griff hinter sich, um mir dann mit großer Geste den Strauß zu überreichen. Nachdem ich erleichtert aufgeatmet hatte, schaltete ich ebenfalls mein Grinsen an. >>Wieso bist du überhaupt noch hier? Es ist doch schon viel zu spät, du wirst dich hundertprozentig verspäten!<<, stellte ich fest, während ich die Blumen bewunderte, die ich nun in den Händen hielt. >>Ach<<,sein Grinsen wurde breiter, >>ich hab' der Lehrerin irgendetwas davon erzählt, wie schlecht es mir doch gehen würde. Sie hat mich ganz mitleidig angeschaut und mich von ganz allein nach Hause geschickt...<< Ich boxte ihn spielerisch gegen die Schulter, wobei ich im letzten Moment daran dachte, meine linke Hand zubenutzen: >>Das war Frau Heinrich, oder? Du bist schrecklich, sie ist viel zu nett zu dir!<< >>Ich habe das für dich getan, also beschwer dich nicht! Gut, was kann man denn hier so alles anstellen?<<, er schaute sich gründlich um, scheinbar ernsthaft daran interessiert, das Krankenhaus aufzumischen. Ichkonnte nicht anders, als loszulachen. Das war einer der Gründe, warum ich mich in ihn verliebt hatte. Egal wie schlecht es mir ging, ich konnte immer darauf zählen, dass er mich zum Lachen brachte. Und nur in seiner Nähe konnte ich das Gefühl vergessen, dass mir irgendetwas fehlte. Ein Gefühl, das ich auch schon gehabt hatte, bevor meine Eltern umgekommen waren.
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Feen der Elemente
FantasyRosannas Eltern sterben bei einem Autounfall, den sie schwer verletzt überlebt. Ihre einzigen Verwandten leben in einem Vorort von Portree, der Hauptstadt von Skye. Dort lernt sie den attraktiven Logan kennen, der sie total verrückt macht, obwohl si...