55. Kapitel

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Er war noch nicht fertig. Als ich eintrat war er gerade dabei, sich einen Pulli über den Kopf zu ziehen und ich hatte freien Blick auf seinen nackten Oberkörper. Er hatte kein Sixpack, aber das hatte ich auch gar nicht erwartet. Logan war einfach nicht der Typ, der für so etwas trainierte. Dennoch waren seine Bauchmuskeln klar konturiert und über seinem tiefsitzenden Hosenbund war diese typische V-Form zu erkennen. Sein Körperbau war der eines Jungen, der es nicht nötig hatte auf seine Ernährung zu achten oder zu trainieren, um gut auszusehen und das auch genau wusste. Als ich bemerkte, dass der Kragen seines Shirts schon fast seine Augen erreicht hatte, riss ich mich erschrocken von dem Anblick los. Kurz war ich versucht, mich auf dem Gang zu verstecken, doch dabei war die Gefahr zu groß, dass er mich noch verschwinden sah. Stattdessen ging ich, um ein normales Tempo bemüht, obwohl ich wirklich stark versucht war zu rennen, zu den Fotos, damit es so aussah, als wäre ich gerade erst gekommen. Gleichzeitig überprüfte ich meinen mentalen Schutz auf Risse, durch die meine Gefühle entweichen könnten. Als ich mit meiner Überprüfung fertig war betrachtete ich neugierig die Bilder. Das erste, ganz links, zeigte eine jüngere Davina, die mit zwei Jungen, höchstwahrscheinlich Logan und Liam, die ich auf unter zehn schätzte, eine Sandburg baute. Alle drei lächelten glücklich. In der Mitte stand ein Bild, das diesmal nur die beiden Brüder zeigte, schätzungsweise im Alter von 14 und 17. Offensichtlich war das Foto auf irgendeiner Feier aufgenommen worden, denn der jungen Logan trug Hemd und Krawatte und Liam sogar einen Anzug. Im Hintergrund tummelten sich lauter Leute in Abendroben. Am interessantesten aber war das Foto ganz rechts. Im Vordergrund saß Logan auf einem reich verzierten Stuhl, vermutlich im Alter von 15 oder 16. Er sah, im Gegensatz zu den anderen beiden Bildern, auf denen er breit grinste, sehr ernst und beinahe ein wenig unglücklich aus. Hinter ihm stand ein Mann mit schwarzem Haar, oder nein, es war eher ein sehr dunkles Blau und waldgrünen Augen, die aus seinem anmutigen Gesicht mit den hohen Wangenknochen unangenehm scharf und streng herausstachen. Es war derselbe Farbton wie Logans Augen, doch an ihnen wirkte nichts warm oder einladend und ich war wirklich froh, dass Logan mich noch nie so angesehen hatte. Wirklich, sogar jemand der nichts von der Existenz der Feen wusste, musste erkenne, dass dieser Mann nicht menschlich seien konnte. Auf jeden Fall war er mit Logan verwandt sein, so viel war klar. Seine Statur glich der von Logan, schlank und groß, doch auf gar keinen Fall schlaksig. Sogar die Art, wie er dort stand und seine Ausstrahlung, waren mir vertraut. Anhand dessen vermutete ich, dass er auch, so wie Logan, nie unbeholfen wirkte. In jeder von Logans Bewegungen konnte man die Muskeln erkennen, die unter seiner Haut ruhten und er bewegte sich mit einer Anmut, die ich manchmal fast gruselig fand. Logan behauptete zwar, seit dem ich ihm das mal gesagt hatte, standhaft, dass ich mich auf die gleiche Art bewegen würde, aber das war meiner Meinung nach vollkommen unmöglich. Allerdings hatte Blue das gleiche behauptete, als ich ihm davon erzählt hatte. Jedenfalls versuchte Logan in Anwesenheit von nicht eingeweihten Menschen, also die meiste Zeit, normaler zu wirken, indem er dieses feenhafte unterdrückte. Mein Blick fiel auf die Hand des Mannes, die auf Logans Schulter ruhte. Er trug an seinem Finger einen Ring, der genauso aussah, wie der, den Logan an seiner Kette trug. Doch wirkte er an ihm nicht übertrieben oder protzig, nein, er passte irgendwie zu ihm.

Feen der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt