Zu sagen, ich hätte schlecht geschlafen, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Eigentlich hatte ich nicht einmal die Chance überhaupt zu schlafen. Nachdem ich einige Stunden mit einer Mischung aus „an die Decke starren" und „hin und wieder einige Minuten dösen" verbracht hatte, die mich nur noch müder machte, hielt ich es nicht mehr aus. Auf dem Weg nach draußen schnappte ich mir meinen Zeichenblock und das Mäppchen, in dem ich meine Bunt- und Bleistifte aufbewahrte. Um meine Klamotten, ich trug ein weißes bauchfreies Spagettiträgertop und dunkelblaue Shorts mit weißen Sternen, brauchte ich mich nicht zu kümmern. Seit ich täglich, vor allem wegen Logans Training, die Feuermagie anwandte, war ich, wie Logan, eine menschliche Heizung. Aus Neugier hatte ich mal meine Körpertemperatur mit einem Fieberthermometer gemessen. Sie betrug 45°C! Das klang zwar erstmal nicht besonders viel, aber wenn man bedachte, dass ein durchschnittlicher Mensch bei einer Körpertemperatur von 42°-43°C sterben konnte, war das doch ziemlich beachtlich. Jedenfalls wurde mir inzwischen nicht mehr so schnell kalt. Außerdem würde mich in unserem Garten zu dieser Zeit niemand sehen, daher bestand auch keine Chance, dass mich jemand in diesem Aufzug sehen würde. Eigentlich wusste ich gar nicht, warum ich immer so vorsichtig war, wenn es darum ging, meinen Rücken und Bauch zu zeigen. Klar, es lag zu einem großen Teil daran, dass ich manchmal echt schüchtern sein konnte, aber das war nicht alles. Jedes Mal, wenn ich mit einem bauchfreien Top oder etwas Ähnlichem herumlief, hatte ich die ganze Zeit eine leise, mahnende Stimme im Hinterkopf. Sie sagte immer wieder, es wäre nicht gut, so herumzulaufen und ich sollte mir etwas überziehen. Die Stimme ähnelte der meiner Mutter. Ich wusste nicht genau, warum, da sie nie eine Person gewesen war, die so etwas verteufelt hatte, aber sie hatte mir seit frühster Kindheit gesagt, dass es nicht gut sei, bauch- oder rückenfreie Sachen anzuziehen. Nur zu Hause, wo mich niemand außer ihr und meinem Dad sehen konnte, war es in Ordnung. Mit einem traurigen Lächeln schüttelte ich den Kopf. Teils, um mich von diesen Gedanken zu befreien und wahrscheinlich teils auch über mich selbst. Der Rat meiner Mutter war für mich immer wie ein Gesetz gewesen. Es war nicht so, dass sie super streng gewesen war oder alles in meinem Leben hatte bestimmen wollen. Ganz im Gegenteil! Aber ihre Meinung war mir immer sehr wichtig gewesen. Und jetzt, wo sie tot war, hatte ich das Gefühl, dass sie, wenn ich immer ihrem Rat folgte, in gewisser Weise noch da war. Außerdem wollte ich sie, auch wenn sich das albern anhörte, auf gar keinen Fall enttäuschen. In meinem Inneren hatten sich so viele Emotionen angestaut: Trauer, Verzweiflung, Wut, Sehnsucht, Liebe...
Ich war wie in Trance, ein Blatt nach dem anderen füllte sich. Als ich mich langsam wieder beruhigte, war mein Bleistift nur noch halb so lang und meine Finger waren voller Farbe. Von mehr als der Hälfte der Bilder starrte mir Logans Gesicht in den verschiedensten Situationen entgegen, mal mit und mal ohne andere Personen. Eine Zeichnung jedoch fesselte meine Aufmerksamkeit. Sie war in vier gleich große Vierecke aufgeteilt. In jedem war Logan abgebildet, auf der Lichtung, dem Beobachter den Rücken zugewandt. Allerdings sah er zur Seite, sodass man sein Profil erkennen konnte. Er war hoch aufgerichtet, stolz, den Körper zum See gewandt, blickte er in Richtung Waldrand. Das Bemerkenswerte an dem Bild war allerdings die Darstellung der Umgebung.
Im linken, oberen Viereck schienen sich die Bäume unter starkem Wind zu beugen, das Wasser bildete kleine Wellen und Logans Kleidung und Haar waren vollkommen zerzaust. Rechts daneben stand der Wald in Flammen. Alles wurde von einem schaurigen rot-flackernden Licht beleuchtet. Das Wasser des Teichs begann schon zu verdampfen. Im Teil darunter regnete es in Strömen. Das Wasser tropfte von den Bäumen, Logan war vollkommen durchnässt und der See war bereits über die Ufer getreten. Im letzten der vier Teile schien der Wald zu leben. Die Bäume schienen sich zu winden, Baumwurzeln krochen über den Boden auf Logan zu. Vögel flogen in der Luft oder saßen in den Bäumen. Am Rand der Lichtung sah man vereinzelt Rehe und Hasen. Ich wusste nicht, warum ich ihn in Verbindung mit allen vier Elementen gemalt hatte, denn immerhin beherrschte er nur das Feuer. Während ich das Bild betrachtete, ertappte ich mich bei dem Gedanken, dass ich Logan das Bild vielleicht zu Weihnachten schenken könnte. Aber diesen Gedanken vertrieb ich ganz schnell wieder...
Über mich selbst den Kopf schüttelnd sah ich hoch in den Himmel und bemerkte, dass die Dämmerung bereits eingesetzt hatte. Schnell packte ich meine Stifte du das Papier zusammen und verschwand drinnen so leise wie möglich in meinem Zimmer. Da an Schlaf jetzt endgültig nicht mehr zu denken war, beschloss ich in etwas anderes, das für diese Jahreszeit nach den Standards „normaler" Menschen besser geeignet war, zu schlüpfen. Dann machte ich mich, nachdem ich einmal in meinem Leben völlig in Ruhe im Bad war, auf den Weg nach unten, um Kaffee zu kochen. Als Vika, die um 07:00 Uhr die Küche betrat, war sie sichtlich erstaunt, um diese Uhrzeit bereits jemand anderen in diesem Haus anzutreffen.
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Feen der Elemente
FantasyRosannas Eltern sterben bei einem Autounfall, den sie schwer verletzt überlebt. Ihre einzigen Verwandten leben in einem Vorort von Portree, der Hauptstadt von Skye. Dort lernt sie den attraktiven Logan kennen, der sie total verrückt macht, obwohl si...