74. Kapitel

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Nachdem wir es mit vereinten Kräften geschafft hatten, die zappelnde und sich windende Fiona in sein Auto zu schaffen, rollte diese sich auf der Rückbank zusammen und begann zu schnarchen, kaum dass ihr Kopf die Sitzfläche berührt hatte. Erschöpft ließ ich mich auf den Beifahrersitz fallen, mit den Nerven am Ende und schwor mir, nie wieder auf so eine blöde Party zu gehen. Nicht einmal Logans bester Welpenblick würde mich überzeugen können. »Genau aus diesem Grund trinke ich keinen Alkohol. Erst brennt es oder ist bitter, dann kann man nicht mehr klar denken, bildet sich aber ein, Spaß zu haben, man wird peinlich, merkt es aber selbst nicht, weil alles verzögert oder gar nicht zum Gehirn vordringt, schließlich übergibt man sich oder fällt einfach um, am nächsten Morgen erfährt man dann von Freunden die furchtbaren Dinge, an die man sich nicht mehr erinnert und schämt sich. Ich nenne es auch „die 5 Phasen des Alkoholkonsums"«, erläuterte ich, während ich im Rückspiegel Fi beobachtete, um eingreifen zu können, bevor sie noch in den Fußraum plumpste.
»Na das nenne ich mal eine klare Meinung zu dem Thema.«
»Es ist das Ergebnis empirischer Beobachtungen, allerdings gab es keine Selbstversuche.«
»Du hast noch nie Alkohol getrunken?«
»Naja, der Schluck Sekt zum Anstoßen an Geburtstagen oder Sylvester ist ja zu vernachlässigen und selbst um den drücke ich mich meistens irgendwie.«
»Das, was du beschreibst sind aber schon Extremfälle, man muss es ja nicht übertreiben.«
»Gerade auf solchen Partys wird aber häufig ordentlich übertrieben.«
»Da muss ich dir Recht geben. Aber gegen ein Glas Bier am Abend ist doch nichts einzuwenden.«
»Theoretisch nein, praktisch ziehe ich aber andere ungesunde Sachen vor. Fastfood oder Süßigkeiten zum Beispiel.«
»Kein Wunder, dass so viele Jungs aus der Schule an dir interessiert sind. Ians Geschichten sind das eine, aber schon nach wenigen Minuten mit dir dürfte jedem klar sein, dass du anders bist als die meisten Mädchen.«
Sein unerwartetes Geständnis warf mich total aus der Bahn. Wie sollte ich denn darauf reagieren oder eher: worauf zuerst? »Ian erzählt Geschichten über mich?«, fragte ich, nachdem ich meine Gedanken ein wenig sortiert hatte. »Jap. Du bist momentan eines seiner Lieblingsgesprächsthemen. Er schwärmt richtiggehend von dir, vor allem von deiner Musik und deinen Zeichnungen«, erklärte Aiden. Deutlich spürte ich die Hitze in meine Wangen steigen, weshalb ich froh über die Dunkelheit im Auto war. »Ach echt? Kann er sich denn nichts anderes überlegen...«, beschwerte ich mich murmelnd. »Also ich kann ihn gut verstehen, wärst du meine Freundin würde ich vermutlich auch andauernd mit dir angeben«, meinte er, was die ganze Situation nicht besser machte. »Reden Jungs nicht normalerweise über Sport?«, bemühte ich mich, auf ein anderes Thema zu kommen. Aiden neben mir lachte nur leise, sagte aber nichts mehr, was mir die Möglichkeit gab, mich wieder zu beruhigen. Mit der Hitze war mir nämlich auch die Magie spürbar zu Kopf gestiegen, die ich jetzt irgendwie los werden musste. Daher öffnete ich das Fenster und streckte meinen Arm hinaus, über den ich jetzt so langsam wie möglich die Hitze entweichen ließ. Zwar hatte das Versiegeln eines Großteils der angestauten Energie in einen Feueropal den Druck in mir verringert, doch das aufbrausende Naturell des Feuers blieb mir natürlich erhalten. In Gedanken scholt ich mein Feenwesen dafür, dass es sich nicht besser unter Kontrolle hatte. Tatsächlich führte ich in letzter Zeit häufig Gespräche mit diesem Wesen, dem Stück purer Natur in mir, dass mich zur Fee machte. Nach dem Zauber hatte ich sehr schnell festgestellt, dass es eine Art eigene Persönlichkeit hatte, allerdings weder eine feste Form noch eine Stimme besaß, was die Kommunikation erschwerte. Seine Reaktionen schätzte ich anhand der Gefühle ab, die es mir übermittelte. Eines konnte ich mir dabei jedoch nicht so genau erklären: jedes Mal, wenn ich Feuermagie verwendete, schwang ein Gefühl der Unzufriedenheit mit der Magie mit, das nicht von mir kam. Wenn ich das Wesen in mir, dass ich mir wie eine lebendige Version des Anhängers von Logan vorstellte, jedoch danach fragte, blockte es ab. Apropos Logan. Schuldbewusst kramte ich mein Handy aus meiner Handtasche hervor und schrieb ihm eine kurze Nachricht, um ihm Bescheid zugeben, dass ich hatte gehen müssen, weil es Fiona nicht gut ging und Aiden uns fuhr, da ich ihn nicht gefunden hatte. Nur Sekunden später antwortete er mit einem schlichten »O.K.«. Hoffentlich hatte er sich noch keine Sorgen gemacht, dennoch überraschte es mich, dass er so schnell antwortete.

»Wir sind da«, informierte mich Aiden. Verwirrt sah ich mich um, wir standen tatsächlich in der Einfahrt des Armstrong-Hauses. »Na dann«, seufzte ich, stieg aus und öffnete die hintere Tür. Nachdem ich einige Minuten vergeblich versucht hatte, Fiona aufzuwecken, die darauf nur mit verstimmten Gemurmel und schwachem Gefuchtel reagiert hatte, sah ich hilfesuchend zu Aiden auf. Der schob mich sanft zur Seite, zog sie aus dem Auto, lehnte sie kurz ans Auto und hob sie dann kurzer Hand hoch. Schnell kramte ich den Hausschlüssel hervor und geleitete ihn nach oben. Rechtzeitig fiel mir das Chaos in ihrem Zimmer wieder ein, weswegen ich ihm stattdessen meine Zimmertür aufhielt. Nachdem Aiden sie auf dem Bett abgelegt hatte, zog ich ihr Schuhe und mit einiger Mühe auch die Jacke aus, bevor ich ihr die Decke bis unters Kinn zog. Als ich mich umdrehte sah ich, dass mein Helfer vor den gerahmten Zeichnungen an der Wand stand und sie interessiert betrachtete. »Das ist dein Zimmer, oder?«, wollte Aiden wissen, als ich neben ihn trat. »Ja. So ist es mir lieber, sonst würde ich mir Sorgen machen, dass sie sich nochmal übergibt, ohne dass ich etwas mitbekomme.«
»Ich kenne die Geschwister schon seit dem Kindergarten, Fiona war schon immer chaotisch genug für sich und ihren Bruder zusammen.«
»Na gut, es war nur eine Hälfte der Begründung«, gab ich zu. »Ich kann verstehen, warum Ian so begeistert von deinen Zeichnungen ist«, stellt er offenbar beeindruckt fest. Lächelnd bedankte ich mich, das war jetzt heute Abend schon das zweite direkte Kompliment von ihm. »Gehen wir runter«, schlug ich vor. 

Feen der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt