5. Kapitel

3.7K 195 5
                                    

Fi stieß mich an: >>Hör auf zu zittern und beruhige dich. Angel kann Angst riechen!<< Ich erwiderte schwach grinsend: >>Na ganz toll! Die erste Stunde gleich mit der Schulzicke, wenn ich mich richtig erinnere.<< Sie nickte, stolz darauf, dass ihre Schülerin sich an eine Lektion erinnerte. Der Direktor war schon im Klassenzimmer und kündigte mich bei der Lehrerin an. Es war fünf Minuten vor acht, aber es waren noch nicht alle Schüler da. Deswegen stand ich wartend, an die Wand neben der Tür gelehnt da, Fi war kurz nach dem Direktor ins Zimmer gegangen, während ich versuchte meinen Puls unter Kontrolle zu bringen und dabei möglichst gelassen auszusehen. Kaum hatte ich meine Augen geschlossen, ich hatte in der Nacht nur gefühlte zwei Stunden geschlafen, sprach mich eine Jungenstimme an: >>Wer bist du denn? Ich hab' dich hier noch nie gesehen.<< Verwirrt öffnete ich ein Auge. Vor mir stand ein Junge in meinem Alter, vielleicht ein Jahr älter, mit braun-blonden Haaren und Augen, die die Farbe eines schattigen Waldes hatten. Seine Haltung wies daraufhin, dass er es gewohnt war, von allen bewundert zu werden, doch diesen Gefallen würde ich ihm nicht tun, obwohl er wirklich gut aussah und ich in seinen Augen am liebsten versinken würde. Also antwortete ich möglichst gleichgültig: >>Es ist logisch, dass du mich nicht kennst. Ich bin neu hier an die Schule gekommen. Und wenn du in meiner Klasse bist, erfährst du noch früh genug, wer ich bin, sonst geht es dich nichts an.<< Er guckte verdutzt, dann fing er sich wieder und grinste mich frech an: >>Da bin ich aber schon gespannt.<< Dann ging er an mir vorbei ins Klassenzimmer. Dort wurde er von Stimmengewirr begrüßt, das der Direktor sofort zum Verstummen brachte. Der Direktor steckte seinen Kopf durch die Tür, um mich hereinzuwinken. Also strich ich mir noch einmal durch die Haare und zupfte etwas an meinen Klamotten, bevor ich durch die Tür trat.
Alle Augen waren auf mich gerichtet, als ich eintrat, was es mir schwer machte ruhig zu bleiben. Der Junge, der mich vorhin angesprochen hatte, stand an das Lehrerpult gelehnt da. Als mein Blick seinen traf, spürte ich, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg und ich sah schnell weg. Als ich neben dem Direktor stand, fing er an zu reden: >>Liebe Schüler, es ist mir eine Freude euch eure neue Mitschülerin aus Deutschland vorzustellen.<< Dann guckte er mich erwartungsvoll an, mein Part begann: >>Hi, ich bin Rosanna Wender. Ich freue mich hier zu sein und hoffe, dass ich euch nicht allzu sehr nerven werde.<< Das letzte Stück sollte die Stimmung ein wenig auflockern, tatsächlich fingen alle an zu grinsen, aber erst, nachdem sie mich ein paar Sekunden, gefühlte Stunden, kritisch gemustert hatten, wobei die Hitze, die sich gerade erst verflüchtigt hatte, wieder in meine Wangen stieg. Auch die Lehrerin lächelte: >>Wir freuen uns auch, dass du hier bist, Rosanna. Ich bin Mrs Mitchell, deine Mathelehrerin. Schau mal, neben Jamie ist noch ein Platz frei.<< Sie zeigte auf einen Platz in der dritten Reihe. Bevor der Direktor das Zimmer verließ, sagte er zu dem Jungen, der mich vorhin angesprochen hatte: >>Mr Logan, ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich Mühe geben. Das hier ist Ihre letzte Chance, sonst werden Sie der Schule verwiesen!<<
Während ich mich auf den Platz zubewegte, fügte ich meinem Steckbrief über den Jungen, der mich vorhin angesprochen hatte, einen Namen hinzu: Logan Fire. Nachdem ich mich gesetzt hatte, betrachtete ich meinen neuen Sitznachbarn. Er hatte dunkelbraune Haare, erstaunlich grüne Augen und wirkte sportlich, obwohl ich das nicht richtig einschätzen konnte, da er ja saß. Kaum hatte ich meine Tasche abgestellt und mein Mäppchen herausgeholt, fing er auch schon an zu reden: >>Hey, ich heiße Jamie Anderson. Ich bin stellvertretender Kapitän des Rugbyteams. Magst du Rugby? Bestimmt magst du Rugby. Ich könnte dich zu einem unserer Spiele mitnehmen, dann könntest du uns anfeuern. Was hälst du davon?<< >>Sorry, aber das war gerade ein bisschen viel auf einmal und ich hab' nur die Hälfte mitgekriegt<<, meinte ich. Er wurde rot: >>'Tschuldigung, ich bin nur immer so aufgeregt, wenn ich mit einem hübschen Mädchen rede.<< Entsetzt schlug er sich die Hand vor den Mund und seine Gesichtsfarbe wechselte von rot angehaucht zu tomatenrot. Ich musste ein Grinsen unterdrücken: >>Keine Angst, ich tue einfach so, als hättest du nichts gesagt, versprochen.<< Aber das war scheinbar ein Fehler, denn nun schien ich ihn ermutigt zu haben. Er rutschte näher an mich heran, sodass er fast auf meinem Schoß saß. Angestrengt versuchte ich, ihn zu ignorieren und mich stattdessen auf die Lehrerin zu konzentrieren, die nun vor die Klasse trat: >>Liebe Schüler, heute wird Sie Mr Logan die erste Hälfte der Stunde unterrichten<< Dann setzte sie sich ans Pult und holte einige Zettel aus ihrer Tasche. Logan trat an die Tafel, der Unterricht begann. Ich war von der Leidenschaft in seiner Stimme überrascht, obwohl es doch nur um Mathe ging. Allerdings hingen so alle an seinen Lippen und keiner redete, sogar Jamie neben mir war ganz ruhig, ganz anders war es bei Mrs Mitchell. Bei ihr redeten alle durcheinander, Jamie kaute mir ein Ohr ab und keiner hörte ihr zu. Nach der Stunde ließ ich mich völlig erschöpft auf Fis Tisch fallen. Sie sah mich unschuldig an: >>Und, wie war deine Stunde neben Jamie?<< Ich knuffte sie in den Arm: >>Ich glaube, er denkt, dass ich auf ihn stehe.<< Fi lachte: >>Jamie verwechselt die Freundlichkeit von Mädchen immer mit Interesse.<< Immer noch lachend zog sie mich aus dem Zimmer auf den Pausenhof. Noch hatte es nicht angefangen zu regnen, also setzten wir uns auf eine Mauer. Während ich mich mit Fi und einem Mädchen namens Akira Hamilton, Fi hatte sie mir vorgestellt, unterhielt, spürte ich Blicke in meinem Nacken. Als ich mich umsah, entdeckte ich Logan auf der anderen Seite des Hofs, doch statt den Blick abzuwenden, weil ich ihn ertappt hatte, schaute er mir unverwandt in die Augen. Angel hing an ihm wie eine Klette, aber obwohl sie mich mit ihren Blicken zu töten versuchte, konnte ich nicht wegschauen. Ich konnte mich erst aus meiner Erstarrung lösen, als Fi mich in den Arm zwickte. >>Oh man, Rosanna, ich hab' dich doch vor Logan gewarnt<<, stöhnte sie. Bevor ich etwas erwidern konnte, wurde ich zu meiner Überraschung von Akira verteidigt, die sich bisher mir gegenüber stark zurückgehalten hatte: >>Aber Rosanna hat sich doch bloß umgesehen, weil sie gespürt hat, dass jemand sie anstarrt - und das war Logan.<< Scheinbar hatte ich den Eignungstest bestanden, denn sie lächelte mich nun schüchtern an. Fi guckte für einen Moment verdutzt aus der Wäsche, wobei ich mich ärgerte, dass ich gerade keine Kamera zur Hand hatte, dann riss sie sich zusammen.
>>Das ist aber auch nicht viel besser. Das bedeutet nämlich, dass du das nächste Mädchen auf seiner Liste bist.<<
>>Ich hasse Typen, die sich von einem Mädchen zum anderen hangeln.<<
>>Wirklich?<<
>>Ja, wirklich.<<
>>Und du machst bei ihm auch ganz sicher keine Ausnahme?<<
>>Sicher nicht.<<
>>Dann können sich deine Gefühle aber ganz schön schnell ändern.<<
>>Wie meinst du das?<<
>>Als du gerade zu ihm geschaut hast, sahst du verknallt aus!<<
>>Quatsch, niemals!<<
>>Wenn du meinst .  . .<<, sagte Fi wage. Ich versuchte, meine Verwirrung darüber zu verbergen, dass sie so schnell aufgab. Da war tatsächlich etwas zwischen mir und Logan gewesen, als wir uns angesehen hatten, aber ich wusste nicht, was es war. Auf jeden Fall hatte es sich nicht wie Liebe angefühlt. Plötzlich spürte ich ein Stechen in meinem Kopf, so, als wolle etwas in meinen Kopf eindringen. Als ich dagegen ankämpfte, verschwand es wieder, stattdessen spürte ich wieder die Blicke im Nacken.



Feen der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt