Schon von weitem konnte man erkennen, dass auf der Party viel los war. Die, ganz schön lange, Zufahrtstraße zum Haus war an den Seiten fast vollständig zugeparkt mit Autos, weswegen wir ganz vorne parken und dann den restlichen Weg laufen mussten. Zum Glück hatte ich keine Pumps, sondern meine Ankle-Boots, die nur einen kleinen Absatz hatten, angezogen. Als wir durch den Eingang traten, wurde ich fast von der im Haus herrschenden Hitze, vor allem aber der stickigen Luft, erschlagen, ganz zu schweigen von den wild gestikulierenden Armen eines Jungen, der direkt neben der Haustür stand und offenbar versuchte, ein paar Mädchen mit einer besonders interessanten Geschichte zu beeindrucken. Sie wirkten allerdings nicht wirklich beeindruckt. Bevor wir uns im Gedränge auf dem Weg zur Bar verlieren konnten, griff Logan nach meiner Hand, was mir die Röte ins Gesicht trieb, obwohl ich genau wusste, dass es nur zweckmäßig war. Zum Glück fielen meine roten Wangen nicht weiter auf, da die meisten Gesichter, sei es von der Hitze, dem Tanzen oder Alkohol, eine ähnliche Farbe hatten. »Was willst du trinken?«, wollte Logan von mir wissen, sobald er sich bis zum Tresen der Minibar durchgeboxt hatte. »Cola«, schrie ich über die Musik hinweg, woraufhin er mir grinsend einen Daumen nach oben zeigte. Unsere Getränke in der Hand, Logan hatte auch nur Cola genommen, da er ja noch fahren musste, kämpften wir uns durch die Menge, bis wir endlich ein leeres Sofa gefunden hatten und uns darauf niederließen. Kaum hatten wir uns jedoch hingesetzt, kam Angel in einem knallroten, sehr knappen Minikleid auf uns zu stolziert. Mich ignorierend ließ sie sich auf Logans Schoss nieder, der, wenn ich seinen Gesichtsausdruck richtig deutete, nicht besonders angetan war. »Hey Schatz, ich dachte schon du kommst nicht mehr«, säuselte der blonde Teufel.
»Geh runter von mir.«
Nein, Logan war definitiv nicht begeistert.
»Aber Schatz, was hast du denn?«
»Angel, ich dachte wir hätten das gestern geklärt. Wie soll ich es denn noch deutlicher ausdrücken?«
Das würde ich allerdings auch gerne wissen, meiner Meinung nach war seine Seite des Telefongesprächs gestern eindeutig gewesen.
»Ich weiß, wir hatten gestern eine kleine Beziehungskrise, aber sowas kommt doch mal vor. Das ist kein Grund, immer noch sauer auf mich zu sein.«
»Wir hatten keine Beziehungskrise, wir...«
»Gut, dass du das so siehst! Ich habe sowieso nicht verstanden, warum wir uns gestritten haben.«
»Ich war noch nicht fertig, wir hatten keine Beziehungskrise, weil wir nie ein Paar waren. Jetzt geh endlich runter von mir!«
Seine Worte wurden von seinem Versuch unterstrichen, Angel von seinem Schoss zu schieben. Die jedoch klammerte sich an ihm fest und verhinderte so, runterzufallen.
»Was redest du denn da Schatz? Natürlich sind wir zusammen, wir lieben uns doch!«
Das grenzte ja schon an Wahnvorstellungen, was sie sich da offensichtlich zusammengedichtet hatte. So verliebt, oder auch verzweifelt, war ich Gott sei Dank noch nicht. Offenbar wurde es Logan jetzt auch zu bunt, denn er stand einfach auf und löste ihre Arme von seinem Nacken, was sie, vermutlich vor lauter Schreck, sogar zuließ. »Ich sag es dir jetzt wirklich ein allerletztes Mal: Wir. Sind. Nicht. Zusammen!«, nachdem er das gesagt hatte, stapfte er davon. So schnell ich konnte, lief ich ihm nach und schnappte mir seine Hand. Das ließ ihn aufsehen, unsere Blicke trafen sich. Stumm deutete ich auf die Balkontür, er nickte.Dankbar zog ich die klare, kalte Nachtluft ein, die uns empfing, sobald wir über die Schwelle getreten waren. Gereizt fuhr sich Logan durchs Haar, bevor er sich auf einem Gartenstuhl fallen ließ. Vorsichtig setzte ich mich auf den benachbarten Stuhl und wendete, nach einem kurzen besorgten Seitenblick auf ihn, er starrte stur geradeaus, meinen Blick zum Himmel. Der Nachthimmel war klar und voller Sterne, die, zusammen mit dem fast vollen Mond, die Nacht mit ihrem kühlen Licht erhellten. »Ist es normal, dass ich als Fee, die das Feuer beherrscht, die Nacht so sehr mag?«, fragte ich nach einiger Zeit in die Stille. »Naja, tendenziell ist es eher so, das Feuer- und Erd-Clan die Sonne und den Tag bevorzugen. Mond und Nacht sind eher das Ding von Wasser und Luft, aber ich hab dir ja gesagt, dass uns diese typischen Charakteristika nicht fesseln. Bei manchen ist es mehr, bei anderen ist es weniger ausgeprägt«, erklärte Logan bereitwillig. »Danke für die Antwort, Professor Logan. Eigentlich hatte ich aber mit meinem blassen Freund da oben geredet«, ich deutete in den Himmel. Mein Freund auf dem Boden schmunzelte: »Ah, Verzeihung.« »Ist alles in Ordnung?«, fragte ich vorsichtig, da er sich wieder ein wenig beruhigt zu haben schien. »Nicht wirklich«, er seufzte »Es tut mir Leid.« »Keine Sorge, ich und der Mond haben dir schon verziehen«, scherzte ich. Mir war absolut nicht klar, wofür er sich entschuldigte. Jetzt grinste er schwach: »Da bin ich aber froh.« Langsam machte ich mir wirklich Sorgen um ihn, außerdem nervte es mich, keine Ahnung zu haben, worum es ging. »Was ist los Logan?«, keine Reaktion »Logan?« Es bleib still. Eine ganze Weile... Wenn er nicht bald antwortete, würde ich wahnsinnig werden. Gerade streckte ich meine Hand aus, um ihn anzustupsen, doch er kam mir zuvor. Er nahm meine Hand in Seine und begann mit meinen Fingern zu spielen, während er mit gesenktem Blick erklärte: »Es ist albern. Aber ich will nicht, dass du erfährst, wie ich früher war« Früher? Meinte er seine Zeiten als Aufreißer und Herzensbrecher? Waren die überhaupt schon vorbei? »Früher?«, bohrte ich schließlich nach, da ich von selbst auf keine Lösung kam und er nicht weiterredete. Auf seine Lippen schlich sich ein trauriges Lächeln, er nickte: »Ja, einiges weißt du leider schon, das ist mir bewusst. Aber das, was du weißt, ist nichts im Vergleich zu meinem Verhalten damals. Das war noch viel schlimmer« Wie? Noch mehr Mädchen? Irgendwie war das schwer vorstellbar. Obwohl, wenn ich die Gerüchte, die ich bisher immer als unwahr abgetan hatte, doch in Betracht zog... »Vielleicht weiß ich schon einiges über dieses „schlimmer"«, mutmaßte ich vorsichtig. Bevor ich jedoch näher auf die Gerüchte eingehen konnte, rückte er von selbst mit der Sprache heraus: »Alles, was ich damals wollte, war, meinen Vater stolz zu machen. Der wünschte sich einen Sohn, den er als Aushängeschild im Clan verwenden konnte. Deswegen habe ich versucht, dem „Ideal" einer Feuerfee so nahe wie möglich zu kommen. Dazu gehörten die typischen Charakterzüge, wahnsinniger Ehrgeiz, hartes Training, überdurchschnittlich schnelle Fortschritte in allen Disziplinen der Magie und viele Mädchen. Das soll aber keine Entschuldigung für mein Verhalten damals sein. Besonders, weil letzteres, nach dem Streit mit meinem Vater, sogar noch ausgeprägter wurde. Vorher war es ein Mittel, um der „perfekte" Sohn zu sein, danach habe ich denke ich versucht, irgendein Loch in mir zu stopfen. Auf einmal war ein großer Teil meines Lebens einfach weg. Alles, was ich zuvor immer getan hatte, um meinen Vater zufriedenzustellen, war plötzlich überflüssig. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir bewusst, wie viel ich früher nur aus diesem einen Grund getan habe.« Seine Hände, mit denen er meine immer noch festhielt, zitterten. Sanft legte ich meine zweite Hand über seine und streichelte mit meinem Daumen beruhigend über seinen Handrücken. »Aber du hast damit aufgehört«, stellte ich fest. »Ja«, bestätigte er, den Blick weiterhin auf unsere Hände gerichtet, »Weil ich dich kennengelernt habe.«
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Feen der Elemente
FantasyRosannas Eltern sterben bei einem Autounfall, den sie schwer verletzt überlebt. Ihre einzigen Verwandten leben in einem Vorort von Portree, der Hauptstadt von Skye. Dort lernt sie den attraktiven Logan kennen, der sie total verrückt macht, obwohl si...